Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

und Reisebeschreiber treibt Einem die trüben Grillen
aus dem Kopf. Und so ein Leben wie der sollten
wir Alle führen unter den wilden und zahmen Hotten-
totten. Ich habe wieder die halbe Nacht in dem
Buche studirt."

"Du hast heute eine schwere Tasche."

"Eine schwere Tasche!... Ja, was schreiben
die Leute! Allein die rothe Schanze! der Bauer von
der rothen Schanze! Wer mir im Amte von der rothen
Schanze und ihren Poststücken hülfe, Eduard, dem
wollte ich auf den Knieen für die Erlösung danken.
Es ist freilich heute bloß nur die Zeitung. Die trägst
Du mir wohl wieder einmal über den Graben nach
der Schanze hinüber. Nicht wahr, Du thust mir den
Gefallen? Ich sortire mir derweilen die übrigen Briefe
und Gartenlauben und Modenzeitungen an die Herrn
Oekonomen und Pastöre und Fabrikinspektoren ein
bischen handgerechter diesseits des Grabens."

Was hätte ich damals nicht dem Landpostboten
Störzer zu Gefallen gethan?

"Natürlich bringe ich Deine Sachen zu Quakatz,
Fritze, und wenn er auch noch sehr sein Sauerampfer-
gesicht mir schneidet, und seine wilde Katze mir am
liebsten in mein Gesicht springen möchte. Setze Du
Dich dreist untern Baum vor dem Graben und sortire
Deine Geschichten. Ich springe schon hinüber zur
rothen Schanze und nehme sie mit Sturm, wie Stopf-
kuchen sie nehmen will. Damit werden wir noch
fertig, ehe Dein Gewitter heraufkommt, Störzer!"

"Je, so rasch kommt's hoffentlich nicht, Eduard."

und Reiſebeſchreiber treibt Einem die trüben Grillen
aus dem Kopf. Und ſo ein Leben wie der ſollten
wir Alle führen unter den wilden und zahmen Hotten-
totten. Ich habe wieder die halbe Nacht in dem
Buche ſtudirt.“

„Du haſt heute eine ſchwere Taſche.“

„Eine ſchwere Taſche!... Ja, was ſchreiben
die Leute! Allein die rothe Schanze! der Bauer von
der rothen Schanze! Wer mir im Amte von der rothen
Schanze und ihren Poſtſtücken hülfe, Eduard, dem
wollte ich auf den Knieen für die Erlöſung danken.
Es iſt freilich heute bloß nur die Zeitung. Die trägſt
Du mir wohl wieder einmal über den Graben nach
der Schanze hinüber. Nicht wahr, Du thuſt mir den
Gefallen? Ich ſortire mir derweilen die übrigen Briefe
und Gartenlauben und Modenzeitungen an die Herrn
Oekonomen und Paſtöre und Fabrikinſpektoren ein
bischen handgerechter diesſeits des Grabens.“

Was hätte ich damals nicht dem Landpoſtboten
Störzer zu Gefallen gethan?

„Natürlich bringe ich Deine Sachen zu Quakatz,
Fritze, und wenn er auch noch ſehr ſein Sauerampfer-
geſicht mir ſchneidet, und ſeine wilde Katze mir am
liebſten in mein Geſicht ſpringen möchte. Setze Du
Dich dreiſt untern Baum vor dem Graben und ſortire
Deine Geſchichten. Ich ſpringe ſchon hinüber zur
rothen Schanze und nehme ſie mit Sturm, wie Stopf-
kuchen ſie nehmen will. Damit werden wir noch
fertig, ehe Dein Gewitter heraufkommt, Störzer!“

„Je, ſo raſch kommt's hoffentlich nicht, Eduard.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0028" n="18"/>
und Rei&#x017F;ebe&#x017F;chreiber treibt Einem die trüben Grillen<lb/>
aus dem Kopf. Und &#x017F;o ein Leben wie der &#x017F;ollten<lb/>
wir Alle führen unter den wilden und zahmen Hotten-<lb/>
totten. Ich habe wieder die halbe Nacht in dem<lb/>
Buche &#x017F;tudirt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Du ha&#x017F;t heute eine &#x017F;chwere Ta&#x017F;che.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Eine &#x017F;chwere Ta&#x017F;che!... Ja, was &#x017F;chreiben<lb/>
die Leute! Allein die rothe Schanze! der Bauer von<lb/>
der rothen Schanze! Wer mir im Amte von der rothen<lb/>
Schanze und ihren Po&#x017F;t&#x017F;tücken hülfe, Eduard, dem<lb/>
wollte ich auf den Knieen für die Erlö&#x017F;ung danken.<lb/>
Es i&#x017F;t freilich heute bloß nur die Zeitung. Die träg&#x017F;t<lb/>
Du mir wohl wieder einmal über den Graben nach<lb/>
der Schanze hinüber. Nicht wahr, Du thu&#x017F;t mir den<lb/>
Gefallen? Ich &#x017F;ortire mir derweilen die übrigen Briefe<lb/>
und Gartenlauben und Modenzeitungen an die Herrn<lb/>
Oekonomen und Pa&#x017F;töre und Fabrikin&#x017F;pektoren ein<lb/>
bischen handgerechter dies&#x017F;eits des Grabens.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Was hätte ich damals nicht dem Landpo&#x017F;tboten<lb/>
Störzer zu Gefallen gethan?</p><lb/>
        <p>&#x201E;Natürlich bringe ich Deine Sachen zu Quakatz,<lb/>
Fritze, und wenn er auch noch &#x017F;ehr &#x017F;ein Sauerampfer-<lb/>
ge&#x017F;icht mir &#x017F;chneidet, und &#x017F;eine wilde Katze mir am<lb/>
lieb&#x017F;ten in mein Ge&#x017F;icht &#x017F;pringen möchte. Setze Du<lb/>
Dich drei&#x017F;t untern Baum vor dem Graben und &#x017F;ortire<lb/>
Deine Ge&#x017F;chichten. Ich &#x017F;pringe &#x017F;chon hinüber zur<lb/>
rothen Schanze und nehme &#x017F;ie mit Sturm, wie Stopf-<lb/>
kuchen &#x017F;ie nehmen will. Damit werden wir noch<lb/>
fertig, ehe Dein Gewitter heraufkommt, Störzer!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Je, &#x017F;o ra&#x017F;ch kommt's hoffentlich nicht, Eduard.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0028] und Reiſebeſchreiber treibt Einem die trüben Grillen aus dem Kopf. Und ſo ein Leben wie der ſollten wir Alle führen unter den wilden und zahmen Hotten- totten. Ich habe wieder die halbe Nacht in dem Buche ſtudirt.“ „Du haſt heute eine ſchwere Taſche.“ „Eine ſchwere Taſche!... Ja, was ſchreiben die Leute! Allein die rothe Schanze! der Bauer von der rothen Schanze! Wer mir im Amte von der rothen Schanze und ihren Poſtſtücken hülfe, Eduard, dem wollte ich auf den Knieen für die Erlöſung danken. Es iſt freilich heute bloß nur die Zeitung. Die trägſt Du mir wohl wieder einmal über den Graben nach der Schanze hinüber. Nicht wahr, Du thuſt mir den Gefallen? Ich ſortire mir derweilen die übrigen Briefe und Gartenlauben und Modenzeitungen an die Herrn Oekonomen und Paſtöre und Fabrikinſpektoren ein bischen handgerechter diesſeits des Grabens.“ Was hätte ich damals nicht dem Landpoſtboten Störzer zu Gefallen gethan? „Natürlich bringe ich Deine Sachen zu Quakatz, Fritze, und wenn er auch noch ſehr ſein Sauerampfer- geſicht mir ſchneidet, und ſeine wilde Katze mir am liebſten in mein Geſicht ſpringen möchte. Setze Du Dich dreiſt untern Baum vor dem Graben und ſortire Deine Geſchichten. Ich ſpringe ſchon hinüber zur rothen Schanze und nehme ſie mit Sturm, wie Stopf- kuchen ſie nehmen will. Damit werden wir noch fertig, ehe Dein Gewitter heraufkommt, Störzer!“ „Je, ſo raſch kommt's hoffentlich nicht, Eduard.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/28
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/28>, abgerufen am 03.12.2024.