[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.Lobschrift auf die bösen Manner. Es erhellt hieraus, daß der Ursprung der bösen Das Laster der Eigenliebe ist so reizend, als ge- Frau
Lobſchrift auf die boͤſen Manner. Es erhellt hieraus, daß der Urſprung der boͤſen Das Laſter der Eigenliebe iſt ſo reizend, als ge- Frau
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0137" n="63"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Lobſchrift auf die boͤſen Manner.</hi> </fw><lb/> <p>Es erhellt hieraus, daß der Urſprung der boͤſen<lb/> Maͤnner in dem Weſen der Sache und in der Natur<lb/> ſelbſt liegt. Waͤre dieſes nicht, ſo wuͤrde mir es eben<lb/> ſo wohl erlaubt ſeyn, den Adam an ihre Spitze zu<lb/> ſtellen, als es einigen gefallen hat, die Eva zur boͤſen<lb/> Frau zu machen. Jch halte aber die Anfuͤhrung<lb/> ſolcher Exempel fuͤr allzu leichtſinnig, und ich glaube,<lb/> ich werde beſſer thun, wenn ich ohne fernern Um-<lb/> ſchweif dem Leſer zeige, daß ich Urſache habe, die<lb/> boͤſen Maͤnner zu loben.</p><lb/> <p>Das Laſter der Eigenliebe iſt ſo reizend, als ge-<lb/> faͤhrlich. Man giebt es dem Frauenzimmer am<lb/> meiſten Schuld. Jch weis nicht, ob man Urſache<lb/> darzu hat; ſo viel aber weis ich wohl, daß wir dem-<lb/> jenigen unendlich verbunden ſind, welcher uns davor<lb/> ſchuͤtzt. Jch kenne einen Mann, ein Muſter ſeines<lb/> Geſchlechts, die Krone aller boͤſen Maͤnner. Waͤre<lb/> er nicht ſo ſittſam und beſcheiden, ſo wuͤrde ich ihn<lb/> nennen. Dieſer Mann giebt ſich alle Muͤhe, die<lb/> Eigenliebe ſeiner Frau zu daͤmpfen. Er kann nicht<lb/> laͤugnen, daß ſie vernuͤnftig iſt; er will aber doch<lb/> nicht, daß ſie es glauben ſoll, oder daß ſie andre Leu-<lb/> te fuͤr vernuͤnftig halten. Wie ſoll er es anfangen?<lb/> Er tadelt alle ihre Mienen; ſie darf kein Wort re-<lb/> den, ſo weiſt er, wie abgeſchmackt es ſey. Er beſchaͤmt<lb/> ſie in oͤffentlichen Geſellſchaften, ja er geſteht ihr nicht<lb/> einmal die Faͤhigkeit zu, daß ſie vernuͤnftige Kinder<lb/> gebaͤren koͤnne, da er an dem Kinde erſter Ehe weit<lb/> mehr Verſtand anmerkt, als an dem ihrigen, unge-<lb/> achtet er der Vater zu beiden iſt. Muͤſſen wir nicht<lb/> alle dieſen Mann loben? Wie ungluͤcklich koͤnnte ſeine<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Frau</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [63/0137]
Lobſchrift auf die boͤſen Manner.
Es erhellt hieraus, daß der Urſprung der boͤſen
Maͤnner in dem Weſen der Sache und in der Natur
ſelbſt liegt. Waͤre dieſes nicht, ſo wuͤrde mir es eben
ſo wohl erlaubt ſeyn, den Adam an ihre Spitze zu
ſtellen, als es einigen gefallen hat, die Eva zur boͤſen
Frau zu machen. Jch halte aber die Anfuͤhrung
ſolcher Exempel fuͤr allzu leichtſinnig, und ich glaube,
ich werde beſſer thun, wenn ich ohne fernern Um-
ſchweif dem Leſer zeige, daß ich Urſache habe, die
boͤſen Maͤnner zu loben.
Das Laſter der Eigenliebe iſt ſo reizend, als ge-
faͤhrlich. Man giebt es dem Frauenzimmer am
meiſten Schuld. Jch weis nicht, ob man Urſache
darzu hat; ſo viel aber weis ich wohl, daß wir dem-
jenigen unendlich verbunden ſind, welcher uns davor
ſchuͤtzt. Jch kenne einen Mann, ein Muſter ſeines
Geſchlechts, die Krone aller boͤſen Maͤnner. Waͤre
er nicht ſo ſittſam und beſcheiden, ſo wuͤrde ich ihn
nennen. Dieſer Mann giebt ſich alle Muͤhe, die
Eigenliebe ſeiner Frau zu daͤmpfen. Er kann nicht
laͤugnen, daß ſie vernuͤnftig iſt; er will aber doch
nicht, daß ſie es glauben ſoll, oder daß ſie andre Leu-
te fuͤr vernuͤnftig halten. Wie ſoll er es anfangen?
Er tadelt alle ihre Mienen; ſie darf kein Wort re-
den, ſo weiſt er, wie abgeſchmackt es ſey. Er beſchaͤmt
ſie in oͤffentlichen Geſellſchaften, ja er geſteht ihr nicht
einmal die Faͤhigkeit zu, daß ſie vernuͤnftige Kinder
gebaͤren koͤnne, da er an dem Kinde erſter Ehe weit
mehr Verſtand anmerkt, als an dem ihrigen, unge-
achtet er der Vater zu beiden iſt. Muͤſſen wir nicht
alle dieſen Mann loben? Wie ungluͤcklich koͤnnte ſeine
Frau
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |