Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorbericht.
ben Wechsel daran wenden, wenn sie nur eine ein-
zige Nacht Herr F ** seyn können. Herr F ** hat
seine Sachen vortrefflich gemacht.

Die Madame *** ist vorzeiten verbuhlt und
fast ein wenig allzu galant gewesen. Man hat von
ihr gesprochen, und dieses hat sie bewogen, sich
den allzulärmenden Ergetzlichkeiten der Welt zu ent-
ziehen. Sie ist eben noch so empfindlich, aber vor-
sichtiger. Sie hat eingesehen, daß Frauenzimmer
ihre Ehre nicht so wohl durch ihre Schwachheiten,
als durch ihre geringe Mäßigung in denselben belei-
digen, und daß die Entzückungen der Liebhaber im-
mer sehr wirklich und angenehm sind, wenn sie gleich
verschwiegen werden. Sie ist schön, aber ihre
Schönheit ist majestätisch, die sich leicht Ehrerbie-
tung zuwege bringen würde, wenn sie gleich kein
ernsthaftes Wesen annähme. Sie kleidet sich nicht
verbuhlt, aber doch nicht ohne Schmuck. Wenn
sie sagt, daß sie nicht zu gefallen suche, so setzt sie sich
allezeit in den Stand, zu rühren, und ersetzt dadurch
die Reizungen sorgfältig, die ihr ihre vierzig Jahre
genommen haben. Sie hat wenig Reizungen ver-
loren, und wenn man die frische Farbe ausnimmt,
die mit der ersten Jugend verschwindet, und welche
die Frauenzimmer oft noch vor der Zeit verderben,

indem

Vorbericht.
ben Wechſel daran wenden, wenn ſie nur eine ein-
zige Nacht Herr F ** ſeyn koͤnnen. Herr F ** hat
ſeine Sachen vortrefflich gemacht.

Die Madame *** iſt vorzeiten verbuhlt und
faſt ein wenig allzu galant geweſen. Man hat von
ihr geſprochen, und dieſes hat ſie bewogen, ſich
den allzulaͤrmenden Ergetzlichkeiten der Welt zu ent-
ziehen. Sie iſt eben noch ſo empfindlich, aber vor-
ſichtiger. Sie hat eingeſehen, daß Frauenzimmer
ihre Ehre nicht ſo wohl durch ihre Schwachheiten,
als durch ihre geringe Maͤßigung in denſelben belei-
digen, und daß die Entzuͤckungen der Liebhaber im-
mer ſehr wirklich und angenehm ſind, wenn ſie gleich
verſchwiegen werden. Sie iſt ſchoͤn, aber ihre
Schoͤnheit iſt majeſtaͤtiſch, die ſich leicht Ehrerbie-
tung zuwege bringen wuͤrde, wenn ſie gleich kein
ernſthaftes Weſen annaͤhme. Sie kleidet ſich nicht
verbuhlt, aber doch nicht ohne Schmuck. Wenn
ſie ſagt, daß ſie nicht zu gefallen ſuche, ſo ſetzt ſie ſich
allezeit in den Stand, zu ruͤhren, und erſetzt dadurch
die Reizungen ſorgfaͤltig, die ihr ihre vierzig Jahre
genommen haben. Sie hat wenig Reizungen ver-
loren, und wenn man die friſche Farbe ausnimmt,
die mit der erſten Jugend verſchwindet, und welche
die Frauenzimmer oft noch vor der Zeit verderben,

indem
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div>
        <p><pb facs="#f0050" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorbericht.</hi></hi></fw><lb/>
ben Wech&#x017F;el daran wenden, wenn &#x017F;ie nur eine ein-<lb/>
zige Nacht Herr <hi rendition="#fr">F</hi> ** &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen. Herr <hi rendition="#fr">F</hi> ** hat<lb/>
&#x017F;eine Sachen vortrefflich gemacht.</p><lb/>
        <p>Die Madame *** i&#x017F;t vorzeiten verbuhlt und<lb/>
fa&#x017F;t ein wenig allzu galant gewe&#x017F;en. Man hat von<lb/>
ihr ge&#x017F;prochen, und die&#x017F;es hat &#x017F;ie bewogen, &#x017F;ich<lb/>
den allzula&#x0364;rmenden Ergetzlichkeiten der Welt zu ent-<lb/>
ziehen. Sie i&#x017F;t eben noch &#x017F;o empfindlich, aber vor-<lb/>
&#x017F;ichtiger. Sie hat einge&#x017F;ehen, daß Frauenzimmer<lb/>
ihre Ehre nicht &#x017F;o wohl durch ihre Schwachheiten,<lb/>
als durch ihre geringe Ma&#x0364;ßigung in den&#x017F;elben belei-<lb/>
digen, und daß die Entzu&#x0364;ckungen der Liebhaber im-<lb/>
mer &#x017F;ehr wirklich und angenehm &#x017F;ind, wenn &#x017F;ie gleich<lb/>
ver&#x017F;chwiegen werden. Sie i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;n, aber ihre<lb/>
Scho&#x0364;nheit i&#x017F;t maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ch, die &#x017F;ich leicht Ehrerbie-<lb/>
tung zuwege bringen wu&#x0364;rde, wenn &#x017F;ie gleich kein<lb/>
ern&#x017F;thaftes We&#x017F;en anna&#x0364;hme. Sie kleidet &#x017F;ich nicht<lb/>
verbuhlt, aber doch nicht ohne Schmuck. Wenn<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;agt, daß &#x017F;ie nicht zu gefallen &#x017F;uche, &#x017F;o &#x017F;etzt &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
allezeit in den Stand, zu ru&#x0364;hren, und er&#x017F;etzt dadurch<lb/>
die Reizungen &#x017F;orgfa&#x0364;ltig, die ihr ihre vierzig Jahre<lb/>
genommen haben. Sie hat wenig Reizungen ver-<lb/>
loren, und wenn man die fri&#x017F;che Farbe ausnimmt,<lb/>
die mit der er&#x017F;ten Jugend ver&#x017F;chwindet, und welche<lb/>
die Frauenzimmer oft noch vor der Zeit verderben,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">indem</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[50/0050] Vorbericht. ben Wechſel daran wenden, wenn ſie nur eine ein- zige Nacht Herr F ** ſeyn koͤnnen. Herr F ** hat ſeine Sachen vortrefflich gemacht. Die Madame *** iſt vorzeiten verbuhlt und faſt ein wenig allzu galant geweſen. Man hat von ihr geſprochen, und dieſes hat ſie bewogen, ſich den allzulaͤrmenden Ergetzlichkeiten der Welt zu ent- ziehen. Sie iſt eben noch ſo empfindlich, aber vor- ſichtiger. Sie hat eingeſehen, daß Frauenzimmer ihre Ehre nicht ſo wohl durch ihre Schwachheiten, als durch ihre geringe Maͤßigung in denſelben belei- digen, und daß die Entzuͤckungen der Liebhaber im- mer ſehr wirklich und angenehm ſind, wenn ſie gleich verſchwiegen werden. Sie iſt ſchoͤn, aber ihre Schoͤnheit iſt majeſtaͤtiſch, die ſich leicht Ehrerbie- tung zuwege bringen wuͤrde, wenn ſie gleich kein ernſthaftes Weſen annaͤhme. Sie kleidet ſich nicht verbuhlt, aber doch nicht ohne Schmuck. Wenn ſie ſagt, daß ſie nicht zu gefallen ſuche, ſo ſetzt ſie ſich allezeit in den Stand, zu ruͤhren, und erſetzt dadurch die Reizungen ſorgfaͤltig, die ihr ihre vierzig Jahre genommen haben. Sie hat wenig Reizungen ver- loren, und wenn man die friſche Farbe ausnimmt, die mit der erſten Jugend verſchwindet, und welche die Frauenzimmer oft noch vor der Zeit verderben, indem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/50
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/50>, abgerufen am 21.11.2024.