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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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von Buchdruckerstöcken.
halte mir die Erlaubniß vor, nach der Messe ei-
nige Nachricht zu geben, welche von diesen Stöcken
am meisten abgegangen sind. Hier ist das Ver-
zeichniß selber.

Mitten unter alten Gemäuern von eingefallnen
Tempeln und Säulen sitzt derjenige Vogel, welcher
nur im Finstern sieht, und bey Tage blind ist, der sich
vom Ungeziefer und kleinen Gewürme nährt, dessen
gräßliches Geschrey niemals etwas gutes bedeutet,
und welcher, so bald er zu schreyen anfängt, alle Vö-
gel der ganzen Gegend wider sich rege macht. Was
mir, bey diesem Stocke, am besten gefällt, ist dieses,
daß Herr Trommer mit vieler Geschicklichkeit diesem
Vogel eine so ernsthafte Miene zu geben gewußt, daß
er alle andre Vögel mit Verachtung anzusehen scheint,
welche nicht, wie er, unter altem Gemäuer und im
Dunkeln sich beständig aufhalten. Ein paar große
Augen, die er grimmig im Kopfe herumwälzt, ein
aufgesperrter Schnabel, und starke Klauen scheinen
einen jeden zu warnen, diesen Vogel nicht in seinem
Neste anzugreifen.

Jn einem prächtigen Zimmer ist ein Mann zu se-
hen, welcher, nach einer beygebrachten Anmerkung, der
römische Kayser Domitian seyn soll. Er thut unge-
mein geschäfftig, und scheint sich, durch die viele Arbeit
und heftige Bewegung, ganz ermüdet zu haben; un-
geachtet dieses seine wichtigste Beschäfftigung ist, daß
er Fliegen fängt. Das Bild ist vortrefflich gemalt, ich
kann es nicht läugnen, nur weis ich ganz und gar nicht
zu begreifen, warum er diesen Mann, nicht in römi-
scher, sondern in deutscher, Kleidung vorgestellt hat.

Der
G 4

von Buchdruckerſtoͤcken.
halte mir die Erlaubniß vor, nach der Meſſe ei-
nige Nachricht zu geben, welche von dieſen Stoͤcken
am meiſten abgegangen ſind. Hier iſt das Ver-
zeichniß ſelber.

Mitten unter alten Gemaͤuern von eingefallnen
Tempeln und Saͤulen ſitzt derjenige Vogel, welcher
nur im Finſtern ſieht, und bey Tage blind iſt, der ſich
vom Ungeziefer und kleinen Gewuͤrme naͤhrt, deſſen
graͤßliches Geſchrey niemals etwas gutes bedeutet,
und welcher, ſo bald er zu ſchreyen anfaͤngt, alle Voͤ-
gel der ganzen Gegend wider ſich rege macht. Was
mir, bey dieſem Stocke, am beſten gefaͤllt, iſt dieſes,
daß Herr Trommer mit vieler Geſchicklichkeit dieſem
Vogel eine ſo ernſthafte Miene zu geben gewußt, daß
er alle andre Voͤgel mit Verachtung anzuſehen ſcheint,
welche nicht, wie er, unter altem Gemaͤuer und im
Dunkeln ſich beſtaͤndig aufhalten. Ein paar große
Augen, die er grimmig im Kopfe herumwaͤlzt, ein
aufgeſperrter Schnabel, und ſtarke Klauen ſcheinen
einen jeden zu warnen, dieſen Vogel nicht in ſeinem
Neſte anzugreifen.

Jn einem praͤchtigen Zimmer iſt ein Mann zu ſe-
hen, welcher, nach einer beygebrachten Anmerkung, der
roͤmiſche Kayſer Domitian ſeyn ſoll. Er thut unge-
mein geſchaͤfftig, und ſcheint ſich, durch die viele Arbeit
und heftige Bewegung, ganz ermuͤdet zu haben; un-
geachtet dieſes ſeine wichtigſte Beſchaͤfftigung iſt, daß
er Fliegen faͤngt. Das Bild iſt vortrefflich gemalt, ich
kann es nicht laͤugnen, nur weis ich ganz und gar nicht
zu begreifen, warum er dieſen Mann, nicht in roͤmi-
ſcher, ſondern in deutſcher, Kleidung vorgeſtellt hat.

Der
G 4
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[103/0103] von Buchdruckerſtoͤcken. halte mir die Erlaubniß vor, nach der Meſſe ei- nige Nachricht zu geben, welche von dieſen Stoͤcken am meiſten abgegangen ſind. Hier iſt das Ver- zeichniß ſelber. Mitten unter alten Gemaͤuern von eingefallnen Tempeln und Saͤulen ſitzt derjenige Vogel, welcher nur im Finſtern ſieht, und bey Tage blind iſt, der ſich vom Ungeziefer und kleinen Gewuͤrme naͤhrt, deſſen graͤßliches Geſchrey niemals etwas gutes bedeutet, und welcher, ſo bald er zu ſchreyen anfaͤngt, alle Voͤ- gel der ganzen Gegend wider ſich rege macht. Was mir, bey dieſem Stocke, am beſten gefaͤllt, iſt dieſes, daß Herr Trommer mit vieler Geſchicklichkeit dieſem Vogel eine ſo ernſthafte Miene zu geben gewußt, daß er alle andre Voͤgel mit Verachtung anzuſehen ſcheint, welche nicht, wie er, unter altem Gemaͤuer und im Dunkeln ſich beſtaͤndig aufhalten. Ein paar große Augen, die er grimmig im Kopfe herumwaͤlzt, ein aufgeſperrter Schnabel, und ſtarke Klauen ſcheinen einen jeden zu warnen, dieſen Vogel nicht in ſeinem Neſte anzugreifen. Jn einem praͤchtigen Zimmer iſt ein Mann zu ſe- hen, welcher, nach einer beygebrachten Anmerkung, der roͤmiſche Kayſer Domitian ſeyn ſoll. Er thut unge- mein geſchaͤfftig, und ſcheint ſich, durch die viele Arbeit und heftige Bewegung, ganz ermuͤdet zu haben; un- geachtet dieſes ſeine wichtigſte Beſchaͤfftigung iſt, daß er Fliegen faͤngt. Das Bild iſt vortrefflich gemalt, ich kann es nicht laͤugnen, nur weis ich ganz und gar nicht zu begreifen, warum er dieſen Mann, nicht in roͤmi- ſcher, ſondern in deutſcher, Kleidung vorgeſtellt hat. Der G 4

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/103>, abgerufen am 21.11.2024.