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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Noten ohne Text.
versichert, daß sie nicht etwan deswegen öffentlich
ausständen, um ihren Vortheil dabey zu suchen.
Nein, keinesweges! Nur preßhaften Personen bey-
zuspringen, und ihren Nebenchristen aus Mitleid
die Zähne auszubrechen; dieses ist die wahre Ursa-
che, warum sie von Stadt zu Stadt ziehen, und die
Jahrmärkte besuchen. Zu Beförderung der heil-
samen Justiz, zu Vertheidigung der Unrechtleiden-
den, und vermöge der aufhabenden theuern Pflicht
werden die Sporteln gemacht, und wenn eine ge-
wisse Art der Rechtsgelehrten, so der unstudierte Läye
Rabulisten nennt, die Wittwen und Waisen um ih-
re Häuser bringen will, so geschieht es zwar, aber
wie? Allemal mandatario nomine, nobilissimnm
iudicis officium desuper implorando.
Ja, ich
kenne einen hochwohlehrwürdigen Mann, welcher
in seinem Berufe niemals unermüdeter ist, als wenn
er liqvidiren soll. Allezeit aber geschieht dieses, welches
ja wohl zu merken ist, Amts und Gewissens wegen.
Dieses könnte schon genug seyn, obige Worte meines
Textes zu erklären, wenn ein Autor sagt, er schreibe
ohne eigennützige Absichten, ohne Vorurtheil, bloß
zur Beförderung des gemeinschaftlichen Wohls, und
zur Aufnahme der schönen Wissenschaften. Diese
Formel ist allemal das Wesentliche einer Schrift,
und da ich in einem freyen Lande wohne, wo weder
die sächsischen Whigs, noch die schweizerischen Tor-
rys, zu fürchten sind: So getraue ich mir, ohne Scheu
zu behaupten, daß bey vielen unsrer heutigen Scri-
benten die Bewegursachen eigennützig, und vol-
ler Leidenschaften sind. Freylich sagen wir dieses

nicht
J 3

Noten ohne Text.
verſichert, daß ſie nicht etwan deswegen oͤffentlich
ausſtaͤnden, um ihren Vortheil dabey zu ſuchen.
Nein, keinesweges! Nur preßhaften Perſonen bey-
zuſpringen, und ihren Nebenchriſten aus Mitleid
die Zaͤhne auszubrechen; dieſes iſt die wahre Urſa-
che, warum ſie von Stadt zu Stadt ziehen, und die
Jahrmaͤrkte beſuchen. Zu Befoͤrderung der heil-
ſamen Juſtiz, zu Vertheidigung der Unrechtleiden-
den, und vermoͤge der aufhabenden theuern Pflicht
werden die Sporteln gemacht, und wenn eine ge-
wiſſe Art der Rechtsgelehrten, ſo der unſtudierte Laͤye
Rabuliſten nennt, die Wittwen und Waiſen um ih-
re Haͤuſer bringen will, ſo geſchieht es zwar, aber
wie? Allemal mandatario nomine, nobiliſſimnm
iudicis officium deſuper implorando.
Ja, ich
kenne einen hochwohlehrwuͤrdigen Mann, welcher
in ſeinem Berufe niemals unermuͤdeter iſt, als wenn
er liqvidiren ſoll. Allezeit aber geſchieht dieſes, welches
ja wohl zu merken iſt, Amts und Gewiſſens wegen.
Dieſes koͤnnte ſchon genug ſeyn, obige Worte meines
Textes zu erklaͤren, wenn ein Autor ſagt, er ſchreibe
ohne eigennuͤtzige Abſichten, ohne Vorurtheil, bloß
zur Befoͤrderung des gemeinſchaftlichen Wohls, und
zur Aufnahme der ſchoͤnen Wiſſenſchaften. Dieſe
Formel iſt allemal das Weſentliche einer Schrift,
und da ich in einem freyen Lande wohne, wo weder
die ſaͤchſiſchen Whigs, noch die ſchweizeriſchen Tor-
rys, zu fuͤrchten ſind: So getraue ich mir, ohne Scheu
zu behaupten, daß bey vielen unſrer heutigen Scri-
benten die Bewegurſachen eigennuͤtzig, und vol-
ler Leidenſchaften ſind. Freylich ſagen wir dieſes

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[133/0133] Noten ohne Text. verſichert, daß ſie nicht etwan deswegen oͤffentlich ausſtaͤnden, um ihren Vortheil dabey zu ſuchen. Nein, keinesweges! Nur preßhaften Perſonen bey- zuſpringen, und ihren Nebenchriſten aus Mitleid die Zaͤhne auszubrechen; dieſes iſt die wahre Urſa- che, warum ſie von Stadt zu Stadt ziehen, und die Jahrmaͤrkte beſuchen. Zu Befoͤrderung der heil- ſamen Juſtiz, zu Vertheidigung der Unrechtleiden- den, und vermoͤge der aufhabenden theuern Pflicht werden die Sporteln gemacht, und wenn eine ge- wiſſe Art der Rechtsgelehrten, ſo der unſtudierte Laͤye Rabuliſten nennt, die Wittwen und Waiſen um ih- re Haͤuſer bringen will, ſo geſchieht es zwar, aber wie? Allemal mandatario nomine, nobiliſſimnm iudicis officium deſuper implorando. Ja, ich kenne einen hochwohlehrwuͤrdigen Mann, welcher in ſeinem Berufe niemals unermuͤdeter iſt, als wenn er liqvidiren ſoll. Allezeit aber geſchieht dieſes, welches ja wohl zu merken iſt, Amts und Gewiſſens wegen. Dieſes koͤnnte ſchon genug ſeyn, obige Worte meines Textes zu erklaͤren, wenn ein Autor ſagt, er ſchreibe ohne eigennuͤtzige Abſichten, ohne Vorurtheil, bloß zur Befoͤrderung des gemeinſchaftlichen Wohls, und zur Aufnahme der ſchoͤnen Wiſſenſchaften. Dieſe Formel iſt allemal das Weſentliche einer Schrift, und da ich in einem freyen Lande wohne, wo weder die ſaͤchſiſchen Whigs, noch die ſchweizeriſchen Tor- rys, zu fuͤrchten ſind: So getraue ich mir, ohne Scheu zu behaupten, daß bey vielen unſrer heutigen Scri- benten die Bewegurſachen eigennuͤtzig, und vol- ler Leidenſchaften ſind. Freylich ſagen wir dieſes nicht J 3

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/133>, abgerufen am 21.11.2024.