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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Noten ohne Text.
haftern Natur, als andre, und der gelehrten Ver-
wesung gar nicht, oder wenigstens doch so geschwind
nicht, unterworfen sind. Und vielleicht sind sie es
dennoch. Herr Grobbens, jener berühmte Kauf-
mann, geht niemals lieber in die Comödie, als
wenn des Moliere Geiziger gespielt wird. Er lacht
aus vollem Halse über den betrognen Harpagon,
dem man seinen Geldkasten entwendet, und zu glei-
cher Zeit greift er in den Schubsack, zu fühlen, ob
er auch den Schlüssel zu seiner Casse noch wohl ver-
wahret habe. Herr Grobbens ist geizig, das wissen
wir alle; aber daß er und seines gleichen auf dem
Theater gemeynt sey, das glaubt Herr Grobbens nicht.
Es fällt mir noch etwas ein. Sollte eine junge
und streitbare Muse, wie man sie nennen will,
schüchtern gemacht werden; wie viel Selbsterkennt-
niß und Ueberlegung würde dazu gehören? Zwo
Sachen, welche man, ohne seine Uebereilung und Un-
wissenheit in der Gelehrtenhistorie zu verrathen,
bey denen gewiß nicht suchen darf, welche uns
alle Messen mit ihren Witze, und besonders mit
Streitschriften, heimsuchen. Aber der fruchtbare
Herr Magister Stucker, dessen Schriften in der
Ostermesse verkauft, und noch vor der Michaels-
messe vergessen werden, dieser unermüdete Mann ist
ganz kleinmüthig geworden, als unlängst seinen Wer-
ken eine dergleichen traurige Nativität gestellt wor-
den ist. Jch räume dieses ein. Kann das meinen
Satz über den Haufen werfen? Ein einziges Exempel
macht noch lange keine Möglichkeit wahrscheinlich.
Wohl hundert kleine Stuckers sehe ich alle Tage

durch

Noten ohne Text.
haftern Natur, als andre, und der gelehrten Ver-
weſung gar nicht, oder wenigſtens doch ſo geſchwind
nicht, unterworfen ſind. Und vielleicht ſind ſie es
dennoch. Herr Grobbens, jener beruͤhmte Kauf-
mann, geht niemals lieber in die Comoͤdie, als
wenn des Moliere Geiziger geſpielt wird. Er lacht
aus vollem Halſe uͤber den betrognen Harpagon,
dem man ſeinen Geldkaſten entwendet, und zu glei-
cher Zeit greift er in den Schubſack, zu fuͤhlen, ob
er auch den Schluͤſſel zu ſeiner Caſſe noch wohl ver-
wahret habe. Herr Grobbens iſt geizig, das wiſſen
wir alle; aber daß er und ſeines gleichen auf dem
Theater gemeynt ſey, das glaubt Herr Grobbens nicht.
Es faͤllt mir noch etwas ein. Sollte eine junge
und ſtreitbare Muſe, wie man ſie nennen will,
ſchuͤchtern gemacht werden; wie viel Selbſterkennt-
niß und Ueberlegung wuͤrde dazu gehoͤren? Zwo
Sachen, welche man, ohne ſeine Uebereilung und Un-
wiſſenheit in der Gelehrtenhiſtorie zu verrathen,
bey denen gewiß nicht ſuchen darf, welche uns
alle Meſſen mit ihren Witze, und beſonders mit
Streitſchriften, heimſuchen. Aber der fruchtbare
Herr Magiſter Stucker, deſſen Schriften in der
Oſtermeſſe verkauft, und noch vor der Michaels-
meſſe vergeſſen werden, dieſer unermuͤdete Mann iſt
ganz kleinmuͤthig geworden, als unlaͤngſt ſeinen Wer-
ken eine dergleichen traurige Nativitaͤt geſtellt wor-
den iſt. Jch raͤume dieſes ein. Kann das meinen
Satz uͤber den Haufen werfen? Ein einziges Exempel
macht noch lange keine Moͤglichkeit wahrſcheinlich.
Wohl hundert kleine Stuckers ſehe ich alle Tage

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[143/0143] Noten ohne Text. haftern Natur, als andre, und der gelehrten Ver- weſung gar nicht, oder wenigſtens doch ſo geſchwind nicht, unterworfen ſind. Und vielleicht ſind ſie es dennoch. Herr Grobbens, jener beruͤhmte Kauf- mann, geht niemals lieber in die Comoͤdie, als wenn des Moliere Geiziger geſpielt wird. Er lacht aus vollem Halſe uͤber den betrognen Harpagon, dem man ſeinen Geldkaſten entwendet, und zu glei- cher Zeit greift er in den Schubſack, zu fuͤhlen, ob er auch den Schluͤſſel zu ſeiner Caſſe noch wohl ver- wahret habe. Herr Grobbens iſt geizig, das wiſſen wir alle; aber daß er und ſeines gleichen auf dem Theater gemeynt ſey, das glaubt Herr Grobbens nicht. Es faͤllt mir noch etwas ein. Sollte eine junge und ſtreitbare Muſe, wie man ſie nennen will, ſchuͤchtern gemacht werden; wie viel Selbſterkennt- niß und Ueberlegung wuͤrde dazu gehoͤren? Zwo Sachen, welche man, ohne ſeine Uebereilung und Un- wiſſenheit in der Gelehrtenhiſtorie zu verrathen, bey denen gewiß nicht ſuchen darf, welche uns alle Meſſen mit ihren Witze, und beſonders mit Streitſchriften, heimſuchen. Aber der fruchtbare Herr Magiſter Stucker, deſſen Schriften in der Oſtermeſſe verkauft, und noch vor der Michaels- meſſe vergeſſen werden, dieſer unermuͤdete Mann iſt ganz kleinmuͤthig geworden, als unlaͤngſt ſeinen Wer- ken eine dergleichen traurige Nativitaͤt geſtellt wor- den iſt. Jch raͤume dieſes ein. Kann das meinen Satz uͤber den Haufen werfen? Ein einziges Exempel macht noch lange keine Moͤglichkeit wahrſcheinlich. Wohl hundert kleine Stuckers ſehe ich alle Tage durch

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/143>, abgerufen am 24.11.2024.