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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
von seinen Verdiensten haben? Er hat seine Ju-
risprudenz als ein Gelehrter erlernt. Er weiß den
Grund der Gesetze, und versteht bey den dazu er-
foderlichen Sprachen die Geschichte der Rechts-
gelehrsamkeit in ihrem ganzen Umfange. Dieses
unterscheidet ihn von einem praktischen Schmierer
und Rabulisten. Er hat sich Mühe gegeben, die
Anwendung der Gesetze, und die besondre Verfas-
sung des Landes sich bekannt zu machen. Durch
eine fleißige Uebung hat er diese Geschicklichkeit er-
langt, und vielen vor dem Richter beygestanden,
die ihn um seine Hülfe gebeten. Dieses unterschei-
det ihn von den theoretischen Pedanten. Er ist so
ehrlich, daß er keine Sache annimmt, ohne von ih-
rer Billigkeit überzeugt zu seyn; daß er einem
nothleidenden Armen lieber dient, als einem Rei-
chen, der Gewalt thut; daß er es sehr selten zu ei-
nem weitläuftigen Processe kommen läßt, und daß
er es so gleich im Anfange zu einem billigen Ver-
gleiche zu bringen sucht, wenn ihn nicht die Härte
des Gegners, oder der Eigennutz des Richters dar-
an hindert; mit einem Worte, er ist so ehrlich,
Gnädiger Herr, daß er in fünf Jahren gewiß ver-
hungern muß, wenn er fortfährt, als Advocat sei-
nen Unterhalt zu suchen. Jch erinnere mich ver-
schiedner Gelegenheiten, wo der Richter so wohl,
als sein Gegner, sich einen sehr schlechten Begriff
von seiner Geschicklichkeit gemacht, und gar ge-
zweifelt haben, ob er wirklich ad praxin admit-

tirt

Satyriſche Briefe.
von ſeinen Verdienſten haben? Er hat ſeine Ju-
risprudenz als ein Gelehrter erlernt. Er weiß den
Grund der Geſetze, und verſteht bey den dazu er-
foderlichen Sprachen die Geſchichte der Rechts-
gelehrſamkeit in ihrem ganzen Umfange. Dieſes
unterſcheidet ihn von einem praktiſchen Schmierer
und Rabuliſten. Er hat ſich Muͤhe gegeben, die
Anwendung der Geſetze, und die beſondre Verfaſ-
ſung des Landes ſich bekannt zu machen. Durch
eine fleißige Uebung hat er dieſe Geſchicklichkeit er-
langt, und vielen vor dem Richter beygeſtanden,
die ihn um ſeine Huͤlfe gebeten. Dieſes unterſchei-
det ihn von den theoretiſchen Pedanten. Er iſt ſo
ehrlich, daß er keine Sache annimmt, ohne von ih-
rer Billigkeit uͤberzeugt zu ſeyn; daß er einem
nothleidenden Armen lieber dient, als einem Rei-
chen, der Gewalt thut; daß er es ſehr ſelten zu ei-
nem weitlaͤuftigen Proceſſe kommen laͤßt, und daß
er es ſo gleich im Anfange zu einem billigen Ver-
gleiche zu bringen ſucht, wenn ihn nicht die Haͤrte
des Gegners, oder der Eigennutz des Richters dar-
an hindert; mit einem Worte, er iſt ſo ehrlich,
Gnaͤdiger Herr, daß er in fuͤnf Jahren gewiß ver-
hungern muß, wenn er fortfaͤhrt, als Advocat ſei-
nen Unterhalt zu ſuchen. Jch erinnere mich ver-
ſchiedner Gelegenheiten, wo der Richter ſo wohl,
als ſein Gegner, ſich einen ſehr ſchlechten Begriff
von ſeiner Geſchicklichkeit gemacht, und gar ge-
zweifelt haben, ob er wirklich ad praxin admit-

tirt
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[164/0192] Satyriſche Briefe. von ſeinen Verdienſten haben? Er hat ſeine Ju- risprudenz als ein Gelehrter erlernt. Er weiß den Grund der Geſetze, und verſteht bey den dazu er- foderlichen Sprachen die Geſchichte der Rechts- gelehrſamkeit in ihrem ganzen Umfange. Dieſes unterſcheidet ihn von einem praktiſchen Schmierer und Rabuliſten. Er hat ſich Muͤhe gegeben, die Anwendung der Geſetze, und die beſondre Verfaſ- ſung des Landes ſich bekannt zu machen. Durch eine fleißige Uebung hat er dieſe Geſchicklichkeit er- langt, und vielen vor dem Richter beygeſtanden, die ihn um ſeine Huͤlfe gebeten. Dieſes unterſchei- det ihn von den theoretiſchen Pedanten. Er iſt ſo ehrlich, daß er keine Sache annimmt, ohne von ih- rer Billigkeit uͤberzeugt zu ſeyn; daß er einem nothleidenden Armen lieber dient, als einem Rei- chen, der Gewalt thut; daß er es ſehr ſelten zu ei- nem weitlaͤuftigen Proceſſe kommen laͤßt, und daß er es ſo gleich im Anfange zu einem billigen Ver- gleiche zu bringen ſucht, wenn ihn nicht die Haͤrte des Gegners, oder der Eigennutz des Richters dar- an hindert; mit einem Worte, er iſt ſo ehrlich, Gnaͤdiger Herr, daß er in fuͤnf Jahren gewiß ver- hungern muß, wenn er fortfaͤhrt, als Advocat ſei- nen Unterhalt zu ſuchen. Jch erinnere mich ver- ſchiedner Gelegenheiten, wo der Richter ſo wohl, als ſein Gegner, ſich einen ſehr ſchlechten Begriff von ſeiner Geſchicklichkeit gemacht, und gar ge- zweifelt haben, ob er wirklich ad praxin admit- tirt

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/192>, abgerufen am 23.11.2024.