die vornehmste Absicht ihrer Liebe ist, itzo ist so eine poetische Schäferliebe nicht jedermanns Werk. Man wird mir diese Lästerung vergeben; Es fällt mir alle Augenblicke ein, daß ich auch so arkadisch geliebt habe.
Nach dem Vermögen meiner Frau werde ich meine Liebe einrichten. Jch habe nicht in Wil- lens, ein Mädchen zu betrügen; ich will also die Taxe von meinem Herzen bekannt machen, und der Welt sagen, wie theuer ich liebe:
2000. Thaler; ich werde nicht gleichgültig seyn.
4000. Thaler, verdienen eine aufrichtige Ge- genliebe,
6000. Thaler, eine zärtliche Gegenliebe,
10000. Thaler, eine innbrünstige Gegenliebe,
15000. Thaler, eine ewige Liebe,
20000. Thaler; o, Mademoiselle! dafür bete ich
sie an, und sterbe vor Liebe, aber erst nach ih- rem Tode.
Mich dünkt, ich bin noch ganz billig, und darf den Vorwurf nicht befürchten, daß ich die Mäd- chen übertheure. Denn das wird doch nicht straf- bar seyn, daß ich ein wenig spröde und kostbar thue. Das ist immer die Sprache alter Jungge- sellen, und Wittwer, wenn sie auch noch häßli- cher aussehen, als ich; aber sie lassen mit sich han- deln, die ehrlichen Leute, und ich will mich auch billig finden lassen. Kann man wohl mehr von mir verlangen?
Denen-
P 3
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
die vornehmſte Abſicht ihrer Liebe iſt, itzo iſt ſo eine poetiſche Schaͤferliebe nicht jedermanns Werk. Man wird mir dieſe Laͤſterung vergeben; Es faͤllt mir alle Augenblicke ein, daß ich auch ſo arkadiſch geliebt habe.
Nach dem Vermoͤgen meiner Frau werde ich meine Liebe einrichten. Jch habe nicht in Wil- lens, ein Maͤdchen zu betruͤgen; ich will alſo die Taxe von meinem Herzen bekannt machen, und der Welt ſagen, wie theuer ich liebe:
2000. Thaler; ich werde nicht gleichguͤltig ſeyn.
4000. Thaler, verdienen eine aufrichtige Ge- genliebe,
6000. Thaler, eine zaͤrtliche Gegenliebe,
10000. Thaler, eine innbruͤnſtige Gegenliebe,
15000. Thaler, eine ewige Liebe,
20000. Thaler; o, Mademoiſelle! dafuͤr bete ich
ſie an, und ſterbe vor Liebe, aber erſt nach ih- rem Tode.
Mich duͤnkt, ich bin noch ganz billig, und darf den Vorwurf nicht befuͤrchten, daß ich die Maͤd- chen uͤbertheure. Denn das wird doch nicht ſtraf- bar ſeyn, daß ich ein wenig ſproͤde und koſtbar thue. Das iſt immer die Sprache alter Jungge- ſellen, und Wittwer, wenn ſie auch noch haͤßli- cher ausſehen, als ich; aber ſie laſſen mit ſich han- deln, die ehrlichen Leute, und ich will mich auch billig finden laſſen. Kann man wohl mehr von mir verlangen?
Denen-
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
die vornehmſte Abſicht ihrer Liebe iſt, itzo iſt ſo
eine poetiſche Schaͤferliebe nicht jedermanns Werk.
Man wird mir dieſe Laͤſterung vergeben; Es faͤllt
mir alle Augenblicke ein, daß ich auch ſo arkadiſch
geliebt habe.
Nach dem Vermoͤgen meiner Frau werde ich
meine Liebe einrichten. Jch habe nicht in Wil-
lens, ein Maͤdchen zu betruͤgen; ich will alſo die
Taxe von meinem Herzen bekannt machen, und
der Welt ſagen, wie theuer ich liebe:
2000. Thaler; ich werde nicht gleichguͤltig ſeyn.
4000. Thaler, verdienen eine aufrichtige Ge-
genliebe,
6000. Thaler, eine zaͤrtliche Gegenliebe,
10000. Thaler, eine innbruͤnſtige Gegenliebe,
15000. Thaler, eine ewige Liebe,
20000. Thaler; o, Mademoiſelle! dafuͤr bete ich
ſie an, und ſterbe vor Liebe, aber erſt nach ih-
rem Tode.
Mich duͤnkt, ich bin noch ganz billig, und darf
den Vorwurf nicht befuͤrchten, daß ich die Maͤd-
chen uͤbertheure. Denn das wird doch nicht ſtraf-
bar ſeyn, daß ich ein wenig ſproͤde und koſtbar
thue. Das iſt immer die Sprache alter Jungge-
ſellen, und Wittwer, wenn ſie auch noch haͤßli-
cher ausſehen, als ich; aber ſie laſſen mit ſich han-
deln, die ehrlichen Leute, und ich will mich auch
billig finden laſſen. Kann man wohl mehr von
mir verlangen?
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/251>, abgerufen am 22.11.2024.
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