Noch an diesem Tage wurde die Verbindung rich- tig; und nun werden es bey nahe fünf Jahre seyn, daß er der unglücklichste Ehemann, und ein Spott der ganzen Stadt ist. Hätte er wohl eine Thor- heit andächtiger anfangen können, als diese, und doch glaubt er noch itzt, daß diese Ehe im Him- mel geschlossen sey?
Meister Martin seliger, hat seine Frau aus keiner andern Ursache geheirathet, als weil sie Christine hieß. Und dieses liebe Christinchen hat ihn auf gut türkisch gepeinigt, bis an sein se- liges Ende, welches drey Tage darauf erfolgte, als sie ihm einen Tiegel an dem Kopfe zerschlagen hatte.
N. N. war ein Frauenzimmer von guter Er- ziehung, welche sie besonders ihrer Mutter zu dan- ken hatte. Diese liebreiche Mutter starb, und überließ die Tochter der Vorsorge ihres Mannes, der weiter keinen Fehler hatte, als diesen, daß er niederträchtig geizig war. Dieser Fehler hinderte das Glück seiner Tochter; denn ihre Liebhaber hatten gemeiniglich auch den Fehler, daß sie kei- nen geizigen Schwiegervater leiden konnten. Jhre schönsten Jahre, die bey einem Mädchen der Liebe so heilig sind, verstrichen ungenossen. Sie war zu tugendhaft, sich zu vergehen; aber sie war gar zu sehr ein Frauenzimmer, als daß sie bey dieser Verzögerung ganz gleichgültig hätte seyn können. Der Geiz des Vaters verscheuchte ihre Anbeter. Sie ward traurig über die Einsamkeit, die sie um
sich
Antons Panßa von Mancha
Noch an dieſem Tage wurde die Verbindung rich- tig; und nun werden es bey nahe fuͤnf Jahre ſeyn, daß er der ungluͤcklichſte Ehemann, und ein Spott der ganzen Stadt iſt. Haͤtte er wohl eine Thor- heit andaͤchtiger anfangen koͤnnen, als dieſe, und doch glaubt er noch itzt, daß dieſe Ehe im Him- mel geſchloſſen ſey?
Meiſter Martin ſeliger, hat ſeine Frau aus keiner andern Urſache geheirathet, als weil ſie Chriſtine hieß. Und dieſes liebe Chriſtinchen hat ihn auf gut tuͤrkiſch gepeinigt, bis an ſein ſe- liges Ende, welches drey Tage darauf erfolgte, als ſie ihm einen Tiegel an dem Kopfe zerſchlagen hatte.
N. N. war ein Frauenzimmer von guter Er- ziehung, welche ſie beſonders ihrer Mutter zu dan- ken hatte. Dieſe liebreiche Mutter ſtarb, und uͤberließ die Tochter der Vorſorge ihres Mannes, der weiter keinen Fehler hatte, als dieſen, daß er niedertraͤchtig geizig war. Dieſer Fehler hinderte das Gluͤck ſeiner Tochter; denn ihre Liebhaber hatten gemeiniglich auch den Fehler, daß ſie kei- nen geizigen Schwiegervater leiden konnten. Jhre ſchoͤnſten Jahre, die bey einem Maͤdchen der Liebe ſo heilig ſind, verſtrichen ungenoſſen. Sie war zu tugendhaft, ſich zu vergehen; aber ſie war gar zu ſehr ein Frauenzimmer, als daß ſie bey dieſer Verzoͤgerung ganz gleichguͤltig haͤtte ſeyn koͤnnen. Der Geiz des Vaters verſcheuchte ihre Anbeter. Sie ward traurig uͤber die Einſamkeit, die ſie um
ſich
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Antons Panßa von Mancha
Noch an dieſem Tage wurde die Verbindung rich-
tig; und nun werden es bey nahe fuͤnf Jahre ſeyn,
daß er der ungluͤcklichſte Ehemann, und ein Spott
der ganzen Stadt iſt. Haͤtte er wohl eine Thor-
heit andaͤchtiger anfangen koͤnnen, als dieſe, und
doch glaubt er noch itzt, daß dieſe Ehe im Him-
mel geſchloſſen ſey?
Meiſter Martin ſeliger, hat ſeine Frau aus
keiner andern Urſache geheirathet, als weil ſie
Chriſtine hieß. Und dieſes liebe Chriſtinchen
hat ihn auf gut tuͤrkiſch gepeinigt, bis an ſein ſe-
liges Ende, welches drey Tage darauf erfolgte, als
ſie ihm einen Tiegel an dem Kopfe zerſchlagen
hatte.
N. N. war ein Frauenzimmer von guter Er-
ziehung, welche ſie beſonders ihrer Mutter zu dan-
ken hatte. Dieſe liebreiche Mutter ſtarb, und
uͤberließ die Tochter der Vorſorge ihres Mannes,
der weiter keinen Fehler hatte, als dieſen, daß er
niedertraͤchtig geizig war. Dieſer Fehler hinderte
das Gluͤck ſeiner Tochter; denn ihre Liebhaber
hatten gemeiniglich auch den Fehler, daß ſie kei-
nen geizigen Schwiegervater leiden konnten. Jhre
ſchoͤnſten Jahre, die bey einem Maͤdchen der Liebe
ſo heilig ſind, verſtrichen ungenoſſen. Sie war
zu tugendhaft, ſich zu vergehen; aber ſie war gar
zu ſehr ein Frauenzimmer, als daß ſie bey dieſer
Verzoͤgerung ganz gleichguͤltig haͤtte ſeyn koͤnnen.
Der Geiz des Vaters verſcheuchte ihre Anbeter.
Sie ward traurig uͤber die Einſamkeit, die ſie um
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/262>, abgerufen am 22.11.2024.
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