Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Antons Panßa von Mancha
kurzer Dauer, und sie werden nicht lange Zeit
haben, es zu glauben. Sie sind zu unglücklich,
als daß sie noch zu einer allgemeinen Schatzung
gezogen werden sollten. Und da sie bey ihrem zärt-
lichen Drachen im Hause so wenig gute Stunden
haben, so wollen wir ihnen das Leben nicht noch
schwerer in Gesellschaften machen. Jhr Unglück
ist in der That zu groß, als daß ihnen ein einziger
schmeichelhafter Gedanke einfallen sollte, es müßte
denn dieser seyn, daß ihre Frau vor ihnen ster-
ben werde. Und ihnen zum Trotz stirbt sie nicht!
Diese unglücklichen Leute sollen also zur Gedan-
kensteuer nichts geben. Man wird diesen Aus-
spruch billig finden, und niemand wird ihn billiger
finden, als mein Freund, dessen ich oben erwähnt
habe, und welcher zu vielen Thorheiten zu klug
ist, nur dieser nicht.

Die alten Jungfern werden es nicht übel
nehmen, wenn ich sie den alten Junggesellen an
die Seite setze; meine Leser werden es auch zufrie-
den seyn, denn es giebt kein Aergerniß, und nimmt
sich doch gut aus. Dergleichen Winterstücke zie-
ren eine Galerie ungemein, und heben die Farben
der andern Schildereyen.

Es ist eines der ungegründesten Vorurtheile
der Menschen, welche gern lachen, daß sie am bit-
tersten über alte Jungfern lachen.

Jst es etwan lächerlicher, keinen Mann zu ha-
ben, als es ist, ohne Frau zu bleiben? Und warum

sind

Antons Panßa von Mancha
kurzer Dauer, und ſie werden nicht lange Zeit
haben, es zu glauben. Sie ſind zu ungluͤcklich,
als daß ſie noch zu einer allgemeinen Schatzung
gezogen werden ſollten. Und da ſie bey ihrem zaͤrt-
lichen Drachen im Hauſe ſo wenig gute Stunden
haben, ſo wollen wir ihnen das Leben nicht noch
ſchwerer in Geſellſchaften machen. Jhr Ungluͤck
iſt in der That zu groß, als daß ihnen ein einziger
ſchmeichelhafter Gedanke einfallen ſollte, es muͤßte
denn dieſer ſeyn, daß ihre Frau vor ihnen ſter-
ben werde. Und ihnen zum Trotz ſtirbt ſie nicht!
Dieſe ungluͤcklichen Leute ſollen alſo zur Gedan-
kenſteuer nichts geben. Man wird dieſen Aus-
ſpruch billig finden, und niemand wird ihn billiger
finden, als mein Freund, deſſen ich oben erwaͤhnt
habe, und welcher zu vielen Thorheiten zu klug
iſt, nur dieſer nicht.

Die alten Jungfern werden es nicht uͤbel
nehmen, wenn ich ſie den alten Junggeſellen an
die Seite ſetze; meine Leſer werden es auch zufrie-
den ſeyn, denn es giebt kein Aergerniß, und nimmt
ſich doch gut aus. Dergleichen Winterſtuͤcke zie-
ren eine Galerie ungemein, und heben die Farben
der andern Schildereyen.

Es iſt eines der ungegruͤndeſten Vorurtheile
der Menſchen, welche gern lachen, daß ſie am bit-
terſten uͤber alte Jungfern lachen.

Jſt es etwan laͤcherlicher, keinen Mann zu ha-
ben, als es iſt, ohne Frau zu bleiben? Und warum

ſind
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0298" n="276"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
kurzer Dauer, und &#x017F;ie werden nicht lange Zeit<lb/>
haben, es zu glauben. Sie &#x017F;ind zu unglu&#x0364;cklich,<lb/>
als daß &#x017F;ie noch zu einer allgemeinen Schatzung<lb/>
gezogen werden &#x017F;ollten. Und da &#x017F;ie bey ihrem za&#x0364;rt-<lb/>
lichen Drachen im Hau&#x017F;e &#x017F;o wenig gute Stunden<lb/>
haben, &#x017F;o wollen wir ihnen das Leben nicht noch<lb/>
&#x017F;chwerer in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften machen. Jhr Unglu&#x0364;ck<lb/>
i&#x017F;t in der That zu groß, als daß ihnen ein einziger<lb/>
&#x017F;chmeichelhafter Gedanke einfallen &#x017F;ollte, es mu&#x0364;ßte<lb/>
denn die&#x017F;er &#x017F;eyn, daß ihre Frau vor ihnen &#x017F;ter-<lb/>
ben werde. Und ihnen zum Trotz &#x017F;tirbt &#x017F;ie nicht!<lb/>
Die&#x017F;e unglu&#x0364;cklichen Leute &#x017F;ollen al&#x017F;o zur Gedan-<lb/>
ken&#x017F;teuer nichts geben. Man wird die&#x017F;en Aus-<lb/>
&#x017F;pruch billig finden, und niemand wird ihn billiger<lb/>
finden, als mein Freund, de&#x017F;&#x017F;en ich oben erwa&#x0364;hnt<lb/>
habe, und welcher zu vielen Thorheiten zu klug<lb/>
i&#x017F;t, nur die&#x017F;er nicht.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#fr">alten Jungfern</hi> werden es nicht u&#x0364;bel<lb/>
nehmen, wenn ich &#x017F;ie den alten Jungge&#x017F;ellen an<lb/>
die Seite &#x017F;etze; meine Le&#x017F;er werden es auch zufrie-<lb/>
den &#x017F;eyn, denn es giebt kein Aergerniß, und nimmt<lb/>
&#x017F;ich doch gut aus. Dergleichen Winter&#x017F;tu&#x0364;cke zie-<lb/>
ren eine Galerie ungemein, und heben die Farben<lb/>
der andern Schildereyen.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t eines der ungegru&#x0364;nde&#x017F;ten Vorurtheile<lb/>
der Men&#x017F;chen, welche gern lachen, daß &#x017F;ie am bit-<lb/>
ter&#x017F;ten u&#x0364;ber alte Jungfern lachen.</p><lb/>
          <p>J&#x017F;t es etwan la&#x0364;cherlicher, keinen Mann zu ha-<lb/>
ben, als es i&#x017F;t, ohne Frau zu bleiben? Und warum<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ind</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0298] Antons Panßa von Mancha kurzer Dauer, und ſie werden nicht lange Zeit haben, es zu glauben. Sie ſind zu ungluͤcklich, als daß ſie noch zu einer allgemeinen Schatzung gezogen werden ſollten. Und da ſie bey ihrem zaͤrt- lichen Drachen im Hauſe ſo wenig gute Stunden haben, ſo wollen wir ihnen das Leben nicht noch ſchwerer in Geſellſchaften machen. Jhr Ungluͤck iſt in der That zu groß, als daß ihnen ein einziger ſchmeichelhafter Gedanke einfallen ſollte, es muͤßte denn dieſer ſeyn, daß ihre Frau vor ihnen ſter- ben werde. Und ihnen zum Trotz ſtirbt ſie nicht! Dieſe ungluͤcklichen Leute ſollen alſo zur Gedan- kenſteuer nichts geben. Man wird dieſen Aus- ſpruch billig finden, und niemand wird ihn billiger finden, als mein Freund, deſſen ich oben erwaͤhnt habe, und welcher zu vielen Thorheiten zu klug iſt, nur dieſer nicht. Die alten Jungfern werden es nicht uͤbel nehmen, wenn ich ſie den alten Junggeſellen an die Seite ſetze; meine Leſer werden es auch zufrie- den ſeyn, denn es giebt kein Aergerniß, und nimmt ſich doch gut aus. Dergleichen Winterſtuͤcke zie- ren eine Galerie ungemein, und heben die Farben der andern Schildereyen. Es iſt eines der ungegruͤndeſten Vorurtheile der Menſchen, welche gern lachen, daß ſie am bit- terſten uͤber alte Jungfern lachen. Jſt es etwan laͤcherlicher, keinen Mann zu ha- ben, als es iſt, ohne Frau zu bleiben? Und warum ſind

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/298
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/298>, abgerufen am 23.06.2024.