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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.

Jch werde diesen Satz bey meiner Gedanken-
steuer zum Grunde legen.

Ein Gelehrter, welcher das Recht haben will,
zu glauben, daß sein Handel mit neuen Wahrhei-
ten wichtiger, und dem Vaterlande nützlicher
sey, als der Handel eines Kaufmanns mit Waa-
ren aus innländischen Manufacturen, der soll sich
dieses Recht jährlich mit - - 2 fl. -
erkaufen.

Hält ein Mann sich um deßwillen für gelehrt,
weil er eine weitläuftige Kenntniß von alten
Münzen besitzt, und will er die Freyheit haben,
den Kaufmann, weil er alles dieses nicht weis, als
einen Jdioten zu verachten, ob dieser gleich, zu sei-
nem bessern Vortheile, den Wechselcours und die
Agiorechnungen gründlicher versteht: so muß er
für diese Freyheit geben - - 1 fl. -

Will ihm der Philosoph vorwerfen, daß er
nichts verstehe, da er nichts vom Satze des Wider-
spruchs, und andern tiefsinnigen Gaukeleyen weis,
die mancher Philosoph selbst nicht versteht: so soll
er entweder - 3 fl. - - entrichten, oder sich im
Comtoir des Kaufmanns seine philosophischen
Wahrheiten vom Widerspruche, vom unendlich
Theilbaren, von Mitteln und Zwecken praktisch
lehren lassen, die der Kaufmann immer am besten
versteht, und am nützlichsten ausübt, ohne zu wis-
sen, daß sie dergleichen zaubermäßige Namen
haben.

Der
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.

Jch werde dieſen Satz bey meiner Gedanken-
ſteuer zum Grunde legen.

Ein Gelehrter, welcher das Recht haben will,
zu glauben, daß ſein Handel mit neuen Wahrhei-
ten wichtiger, und dem Vaterlande nuͤtzlicher
ſey, als der Handel eines Kaufmanns mit Waa-
ren aus innlaͤndiſchen Manufacturen, der ſoll ſich
dieſes Recht jaͤhrlich mit ‒ ‒ 2 fl. ‒
erkaufen.

Haͤlt ein Mann ſich um deßwillen fuͤr gelehrt,
weil er eine weitlaͤuftige Kenntniß von alten
Muͤnzen beſitzt, und will er die Freyheit haben,
den Kaufmann, weil er alles dieſes nicht weis, als
einen Jdioten zu verachten, ob dieſer gleich, zu ſei-
nem beſſern Vortheile, den Wechſelcours und die
Agiorechnungen gruͤndlicher verſteht: ſo muß er
fuͤr dieſe Freyheit geben ‒ ‒ 1 fl. ‒

Will ihm der Philoſoph vorwerfen, daß er
nichts verſtehe, da er nichts vom Satze des Wider-
ſpruchs, und andern tiefſinnigen Gaukeleyen weis,
die mancher Philoſoph ſelbſt nicht verſteht: ſo ſoll
er entweder ‒ 3 fl. ‒ ‒ entrichten, oder ſich im
Comtoir des Kaufmanns ſeine philoſophiſchen
Wahrheiten vom Widerſpruche, vom unendlich
Theilbaren, von Mitteln und Zwecken praktiſch
lehren laſſen, die der Kaufmann immer am beſten
verſteht, und am nuͤtzlichſten ausuͤbt, ohne zu wiſ-
ſen, daß ſie dergleichen zaubermaͤßige Namen
haben.

Der
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[303/0325] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. Jch werde dieſen Satz bey meiner Gedanken- ſteuer zum Grunde legen. Ein Gelehrter, welcher das Recht haben will, zu glauben, daß ſein Handel mit neuen Wahrhei- ten wichtiger, und dem Vaterlande nuͤtzlicher ſey, als der Handel eines Kaufmanns mit Waa- ren aus innlaͤndiſchen Manufacturen, der ſoll ſich dieſes Recht jaͤhrlich mit ‒ ‒ 2 fl. ‒ erkaufen. Haͤlt ein Mann ſich um deßwillen fuͤr gelehrt, weil er eine weitlaͤuftige Kenntniß von alten Muͤnzen beſitzt, und will er die Freyheit haben, den Kaufmann, weil er alles dieſes nicht weis, als einen Jdioten zu verachten, ob dieſer gleich, zu ſei- nem beſſern Vortheile, den Wechſelcours und die Agiorechnungen gruͤndlicher verſteht: ſo muß er fuͤr dieſe Freyheit geben ‒ ‒ 1 fl. ‒ Will ihm der Philoſoph vorwerfen, daß er nichts verſtehe, da er nichts vom Satze des Wider- ſpruchs, und andern tiefſinnigen Gaukeleyen weis, die mancher Philoſoph ſelbſt nicht verſteht: ſo ſoll er entweder ‒ 3 fl. ‒ ‒ entrichten, oder ſich im Comtoir des Kaufmanns ſeine philoſophiſchen Wahrheiten vom Widerſpruche, vom unendlich Theilbaren, von Mitteln und Zwecken praktiſch lehren laſſen, die der Kaufmann immer am beſten verſteht, und am nuͤtzlichſten ausuͤbt, ohne zu wiſ- ſen, daß ſie dergleichen zaubermaͤßige Namen haben. Der

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/325>, abgerufen am 22.11.2024.