Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Antons Panßa von Mancha
werden. Es sind nützliche Anecdoten zur Lebensbe-
schreibung des unsterblichen Don Qvixots, die wir
noch zur Zeit in keiner von allen Auflagen gefun-
den haben. Der Verfasser erzählt uns, daß der
berühmte Stallmeister Sancho Panßa von Man-
cha sein Urältervater gewesen sey. Da er nach
dem Tode seines Ritters der witzigste und weiseste
Kopf in ganz Mancha gewesen: so habe er sich
durch eben diesen Witz und seine weisen Sprüch-
wörter viel Feinde gemacht. Er habe geglaubt,
den Barbier, und den Geistlichen des Orts über-
sehn zu können, und deßwegen habe er sich lieber
in der Gesellschaft seines Esels und seiner übrigen
Familie eingeschlossen, als daß er mit jenen die
alte Freundschaft hätte fortsetzen sollen. Dieses
sey der Grund zu seinem Unglücke gewesen. Der
Geistliche habe unter die Leute gebracht, daß Herr
Sancho kein alter Christ sey, und kein Schwein-
fleisch esse. Die Jnquisition sey aufmerksam ge-
macht worden, und habe ihn zum Feuer verdammt,
weil sie gefunden, daß er vernünftiger gedacht
und weiser gesprochen, als die alten Christen ihres
Landes damals zu denken und zu reden gewohnt
gewesen. Der rechtschaffene Sancho sey also
wirklich verbrannt, und der erste Märtyrer der
Sprüchwörter geworden. Dieses Unglück habe
seine ganze Familie zerstreut. Des Herrn Ver-
fassers Aeltervater, welcher sich durch seine hohen
Gemüthsgaben, schon bis zur Würde des unter-
sten Schulzens im Flecken Mancha empor ge-
schwungen gehabt, habe sich entschlossen, lieber sei-

nem

Antons Panßa von Mancha
werden. Es ſind nuͤtzliche Anecdoten zur Lebensbe-
ſchreibung des unſterblichen Don Qvixots, die wir
noch zur Zeit in keiner von allen Auflagen gefun-
den haben. Der Verfaſſer erzaͤhlt uns, daß der
beruͤhmte Stallmeiſter Sancho Panßa von Man-
cha ſein Uraͤltervater geweſen ſey. Da er nach
dem Tode ſeines Ritters der witzigſte und weiſeſte
Kopf in ganz Mancha geweſen: ſo habe er ſich
durch eben dieſen Witz und ſeine weiſen Spruͤch-
woͤrter viel Feinde gemacht. Er habe geglaubt,
den Barbier, und den Geiſtlichen des Orts uͤber-
ſehn zu koͤnnen, und deßwegen habe er ſich lieber
in der Geſellſchaft ſeines Eſels und ſeiner uͤbrigen
Familie eingeſchloſſen, als daß er mit jenen die
alte Freundſchaft haͤtte fortſetzen ſollen. Dieſes
ſey der Grund zu ſeinem Ungluͤcke geweſen. Der
Geiſtliche habe unter die Leute gebracht, daß Herr
Sancho kein alter Chriſt ſey, und kein Schwein-
fleiſch eſſe. Die Jnquiſition ſey aufmerkſam ge-
macht worden, und habe ihn zum Feuer verdammt,
weil ſie gefunden, daß er vernuͤnftiger gedacht
und weiſer geſprochen, als die alten Chriſten ihres
Landes damals zu denken und zu reden gewohnt
geweſen. Der rechtſchaffene Sancho ſey alſo
wirklich verbrannt, und der erſte Maͤrtyrer der
Spruͤchwoͤrter geworden. Dieſes Ungluͤck habe
ſeine ganze Familie zerſtreut. Des Herrn Ver-
faſſers Aeltervater, welcher ſich durch ſeine hohen
Gemuͤthsgaben, ſchon bis zur Wuͤrde des unter-
ſten Schulzens im Flecken Mancha empor ge-
ſchwungen gehabt, habe ſich entſchloſſen, lieber ſei-

nem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0046" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
werden. Es &#x017F;ind nu&#x0364;tzliche Anecdoten zur Lebensbe-<lb/>
&#x017F;chreibung des un&#x017F;terblichen Don Qvixots, die wir<lb/>
noch zur Zeit in keiner von allen Auflagen gefun-<lb/>
den haben. Der Verfa&#x017F;&#x017F;er erza&#x0364;hlt uns, daß der<lb/>
beru&#x0364;hmte Stallmei&#x017F;ter Sancho Panßa von Man-<lb/>
cha &#x017F;ein Ura&#x0364;ltervater gewe&#x017F;en &#x017F;ey. Da er nach<lb/>
dem Tode &#x017F;eines Ritters der witzig&#x017F;te und wei&#x017F;e&#x017F;te<lb/>
Kopf in ganz Mancha gewe&#x017F;en: &#x017F;o habe er &#x017F;ich<lb/>
durch eben die&#x017F;en Witz und &#x017F;eine wei&#x017F;en Spru&#x0364;ch-<lb/>
wo&#x0364;rter viel Feinde gemacht. Er habe geglaubt,<lb/>
den Barbier, und den Gei&#x017F;tlichen des Orts u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;ehn zu ko&#x0364;nnen, und deßwegen habe er &#x017F;ich lieber<lb/>
in der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;eines E&#x017F;els und &#x017F;einer u&#x0364;brigen<lb/>
Familie einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, als daß er mit jenen die<lb/>
alte Freund&#x017F;chaft ha&#x0364;tte fort&#x017F;etzen &#x017F;ollen. Die&#x017F;es<lb/>
&#x017F;ey der Grund zu &#x017F;einem Unglu&#x0364;cke gewe&#x017F;en. Der<lb/>
Gei&#x017F;tliche habe unter die Leute gebracht, daß Herr<lb/>
Sancho kein alter Chri&#x017F;t &#x017F;ey, und kein Schwein-<lb/>
flei&#x017F;ch e&#x017F;&#x017F;e. Die Jnqui&#x017F;ition &#x017F;ey aufmerk&#x017F;am ge-<lb/>
macht worden, und habe ihn zum Feuer verdammt,<lb/>
weil &#x017F;ie gefunden, daß er vernu&#x0364;nftiger gedacht<lb/>
und wei&#x017F;er ge&#x017F;prochen, als die alten Chri&#x017F;ten ihres<lb/>
Landes damals zu denken und zu reden gewohnt<lb/>
gewe&#x017F;en. Der recht&#x017F;chaffene Sancho &#x017F;ey al&#x017F;o<lb/>
wirklich verbrannt, und der er&#x017F;te Ma&#x0364;rtyrer der<lb/>
Spru&#x0364;chwo&#x0364;rter geworden. Die&#x017F;es Unglu&#x0364;ck habe<lb/>
&#x017F;eine ganze Familie zer&#x017F;treut. Des Herrn Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ers Aeltervater, welcher &#x017F;ich durch &#x017F;eine hohen<lb/>
Gemu&#x0364;thsgaben, &#x017F;chon bis zur Wu&#x0364;rde des unter-<lb/>
&#x017F;ten Schulzens im Flecken Mancha empor ge-<lb/>
&#x017F;chwungen gehabt, habe &#x017F;ich ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, lieber &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0046] Antons Panßa von Mancha werden. Es ſind nuͤtzliche Anecdoten zur Lebensbe- ſchreibung des unſterblichen Don Qvixots, die wir noch zur Zeit in keiner von allen Auflagen gefun- den haben. Der Verfaſſer erzaͤhlt uns, daß der beruͤhmte Stallmeiſter Sancho Panßa von Man- cha ſein Uraͤltervater geweſen ſey. Da er nach dem Tode ſeines Ritters der witzigſte und weiſeſte Kopf in ganz Mancha geweſen: ſo habe er ſich durch eben dieſen Witz und ſeine weiſen Spruͤch- woͤrter viel Feinde gemacht. Er habe geglaubt, den Barbier, und den Geiſtlichen des Orts uͤber- ſehn zu koͤnnen, und deßwegen habe er ſich lieber in der Geſellſchaft ſeines Eſels und ſeiner uͤbrigen Familie eingeſchloſſen, als daß er mit jenen die alte Freundſchaft haͤtte fortſetzen ſollen. Dieſes ſey der Grund zu ſeinem Ungluͤcke geweſen. Der Geiſtliche habe unter die Leute gebracht, daß Herr Sancho kein alter Chriſt ſey, und kein Schwein- fleiſch eſſe. Die Jnquiſition ſey aufmerkſam ge- macht worden, und habe ihn zum Feuer verdammt, weil ſie gefunden, daß er vernuͤnftiger gedacht und weiſer geſprochen, als die alten Chriſten ihres Landes damals zu denken und zu reden gewohnt geweſen. Der rechtſchaffene Sancho ſey alſo wirklich verbrannt, und der erſte Maͤrtyrer der Spruͤchwoͤrter geworden. Dieſes Ungluͤck habe ſeine ganze Familie zerſtreut. Des Herrn Ver- faſſers Aeltervater, welcher ſich durch ſeine hohen Gemuͤthsgaben, ſchon bis zur Wuͤrde des unter- ſten Schulzens im Flecken Mancha empor ge- ſchwungen gehabt, habe ſich entſchloſſen, lieber ſei- nem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/46
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/46>, abgerufen am 03.12.2024.