Aber man stelle sich auch das Schrecken vor, das ihn überfiel, als er die unangenehmste und häßlich- ste Gestalt vor sich erblickte. Ein übelverwachse- ner Zwerg mit einem kahlen Haupte, einer gerun- zelten und mit Haaren bewachsenen Stirne, trie- fenden und schielenden Augen, herabhangenden welken Backen, einem spitzigen Kinne, und her- vorragenden schwarzen Zähnen; das war die Ge- stalt der göttlichen Zizizi.
T' Siamma blieb einige Minuten unbewegt vor ihr stehen. Er sahe sie, er sahe ihren Vater, er sahe das Volk an, und warf ihr endlich den Schleyer über das Gesicht. Die unglückliche Prin- zessinn weinte, und wußte die Ursachen dieses all- gemeinen Erstaunens, und traurigen Stillschwei- gens nicht. Der ehrwürdige Greis verhüllte das graue Haupt in seinen Rock; unter dem Volke erhob sich ein misvergnügtes Murren; und hoch in der Luft hörte man ein lautes Lachen, wie das Lachen eines Riesen ist, der in seiner gewölbten Höhle vom Weine taumelt und jauchzet. Der alte König erkannte diese Stimme des Zauberers. Er enthüllte sein Gesicht, warf den Staub gen Himmel, und rief dreymal den Namen des mäch- tigen Namu-Amida. Das Lachen des Zauberers verwandelte sich in ein wildes Heulen, welches sich in den entfernten Wolken verlor: Aber die un- glückliche Prinzessinn behielt ihre Häßlichkeit, von der sie nichts wußte.
Der
Das Maͤrchen vom erſten April.
Aber man ſtelle ſich auch das Schrecken vor, das ihn uͤberfiel, als er die unangenehmſte und haͤßlich- ſte Geſtalt vor ſich erblickte. Ein uͤbelverwachſe- ner Zwerg mit einem kahlen Haupte, einer gerun- zelten und mit Haaren bewachſenen Stirne, trie- fenden und ſchielenden Augen, herabhangenden welken Backen, einem ſpitzigen Kinne, und her- vorragenden ſchwarzen Zaͤhnen; das war die Ge- ſtalt der goͤttlichen Zizizi.
T’ Siamma blieb einige Minuten unbewegt vor ihr ſtehen. Er ſahe ſie, er ſahe ihren Vater, er ſahe das Volk an, und warf ihr endlich den Schleyer uͤber das Geſicht. Die ungluͤckliche Prin- zeſſinn weinte, und wußte die Urſachen dieſes all- gemeinen Erſtaunens, und traurigen Stillſchwei- gens nicht. Der ehrwuͤrdige Greis verhuͤllte das graue Haupt in ſeinen Rock; unter dem Volke erhob ſich ein misvergnuͤgtes Murren; und hoch in der Luft hoͤrte man ein lautes Lachen, wie das Lachen eines Rieſen iſt, der in ſeiner gewoͤlbten Hoͤhle vom Weine taumelt und jauchzet. Der alte Koͤnig erkannte dieſe Stimme des Zauberers. Er enthuͤllte ſein Geſicht, warf den Staub gen Himmel, und rief dreymal den Namen des maͤch- tigen Namu-Amida. Das Lachen des Zauberers verwandelte ſich in ein wildes Heulen, welches ſich in den entfernten Wolken verlor: Aber die un- gluͤckliche Prinzeſſinn behielt ihre Haͤßlichkeit, von der ſie nichts wußte.
Der
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[478[476]/0500]
Das Maͤrchen vom erſten April.
Aber man ſtelle ſich auch das Schrecken vor, das
ihn uͤberfiel, als er die unangenehmſte und haͤßlich-
ſte Geſtalt vor ſich erblickte. Ein uͤbelverwachſe-
ner Zwerg mit einem kahlen Haupte, einer gerun-
zelten und mit Haaren bewachſenen Stirne, trie-
fenden und ſchielenden Augen, herabhangenden
welken Backen, einem ſpitzigen Kinne, und her-
vorragenden ſchwarzen Zaͤhnen; das war die Ge-
ſtalt der goͤttlichen Zizizi.
T’ Siamma blieb einige Minuten unbewegt
vor ihr ſtehen. Er ſahe ſie, er ſahe ihren Vater,
er ſahe das Volk an, und warf ihr endlich den
Schleyer uͤber das Geſicht. Die ungluͤckliche Prin-
zeſſinn weinte, und wußte die Urſachen dieſes all-
gemeinen Erſtaunens, und traurigen Stillſchwei-
gens nicht. Der ehrwuͤrdige Greis verhuͤllte das
graue Haupt in ſeinen Rock; unter dem Volke
erhob ſich ein misvergnuͤgtes Murren; und hoch
in der Luft hoͤrte man ein lautes Lachen, wie das
Lachen eines Rieſen iſt, der in ſeiner gewoͤlbten
Hoͤhle vom Weine taumelt und jauchzet. Der
alte Koͤnig erkannte dieſe Stimme des Zauberers.
Er enthuͤllte ſein Geſicht, warf den Staub gen
Himmel, und rief dreymal den Namen des maͤch-
tigen Namu-Amida. Das Lachen des Zauberers
verwandelte ſich in ein wildes Heulen, welches ſich
in den entfernten Wolken verlor: Aber die un-
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der ſie nichts wußte.
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 478[476]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/500>, abgerufen am 22.11.2024.
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