sen gewesen; endlich aber doch vor der Unbeschei- denheit seiner Gläubiger in diese Trödelbude flüch- ten müssen.
Ehe ich diesen Artikel schließe, muß ich noch etwas erinnern. Jch bin so billig gewesen, und habe gewiesen, daß Kleider Leute und Verdien- ste machen; zur Vergeltung dieser Bemühungen verlange ich wieder etwas, das eben so billig ist.
Diejenigen, denen zum Troste ich dieses Sprüchwort ausgeführt und bekannter gemacht habe, und die keine Verdienste weiter besitzen, als welche sie dem Ansehen ihrer Kleider zu danken haben, werden so gerecht seyn, und die Ehrenbe- zeugungen, welche diesen Kleidern gemacht worden, niemals auf ihre Rechnung annehmen. Sie ge- hen sie nichts an, und es ist wirklich ein unver- antwortlicher Raub, wenn sie sich der Hochach- tung bemächtigen, die man ihren Kleidern schul- dig ist. Sollte ich wider Vermuthen erfahren, daß man diese meine Vermahnung nicht in Acht nähme, und wie es bey den meisten geschehn, fort- führe, die Verdienste der Kleider sich anzumaßen: so werde ich und meine Freunde sie öffentlich de- müthigen. Wir werden die Sprache der Com- plimente ändern, und wenn wir einem solchen Manne begegnen, niemals anders zu ihm sagen, als: Mein Herr, ich habe die Gnade, ihre Weste meiner unterthänigsten Devotion zu versichern. Jch empfehle mich ihrem gestick- ten Kleide zu gnädiger Protection. Das Vaterland bewundert die Verdienste ihres
rei-
D 5
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
ſen geweſen; endlich aber doch vor der Unbeſchei- denheit ſeiner Glaͤubiger in dieſe Troͤdelbude fluͤch- ten muͤſſen.
Ehe ich dieſen Artikel ſchließe, muß ich noch etwas erinnern. Jch bin ſo billig geweſen, und habe gewieſen, daß Kleider Leute und Verdien- ſte machen; zur Vergeltung dieſer Bemuͤhungen verlange ich wieder etwas, das eben ſo billig iſt.
Diejenigen, denen zum Troſte ich dieſes Spruͤchwort ausgefuͤhrt und bekannter gemacht habe, und die keine Verdienſte weiter beſitzen, als welche ſie dem Anſehen ihrer Kleider zu danken haben, werden ſo gerecht ſeyn, und die Ehrenbe- zeugungen, welche dieſen Kleidern gemacht worden, niemals auf ihre Rechnung annehmen. Sie ge- hen ſie nichts an, und es iſt wirklich ein unver- antwortlicher Raub, wenn ſie ſich der Hochach- tung bemaͤchtigen, die man ihren Kleidern ſchul- dig iſt. Sollte ich wider Vermuthen erfahren, daß man dieſe meine Vermahnung nicht in Acht naͤhme, und wie es bey den meiſten geſchehn, fort- fuͤhre, die Verdienſte der Kleider ſich anzumaßen: ſo werde ich und meine Freunde ſie oͤffentlich de- muͤthigen. Wir werden die Sprache der Com- plimente aͤndern, und wenn wir einem ſolchen Manne begegnen, niemals anders zu ihm ſagen, als: Mein Herr, ich habe die Gnade, ihre Weſte meiner unterthaͤnigſten Devotion zu verſichern. Jch empfehle mich ihrem geſtick- ten Kleide zu gnaͤdiger Protection. Das Vaterland bewundert die Verdienſte ihres
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
ſen geweſen; endlich aber doch vor der Unbeſchei-
denheit ſeiner Glaͤubiger in dieſe Troͤdelbude fluͤch-
ten muͤſſen.
Ehe ich dieſen Artikel ſchließe, muß ich noch
etwas erinnern. Jch bin ſo billig geweſen, und
habe gewieſen, daß Kleider Leute und Verdien-
ſte machen; zur Vergeltung dieſer Bemuͤhungen
verlange ich wieder etwas, das eben ſo billig iſt.
Diejenigen, denen zum Troſte ich dieſes
Spruͤchwort ausgefuͤhrt und bekannter gemacht
habe, und die keine Verdienſte weiter beſitzen, als
welche ſie dem Anſehen ihrer Kleider zu danken
haben, werden ſo gerecht ſeyn, und die Ehrenbe-
zeugungen, welche dieſen Kleidern gemacht worden,
niemals auf ihre Rechnung annehmen. Sie ge-
hen ſie nichts an, und es iſt wirklich ein unver-
antwortlicher Raub, wenn ſie ſich der Hochach-
tung bemaͤchtigen, die man ihren Kleidern ſchul-
dig iſt. Sollte ich wider Vermuthen erfahren,
daß man dieſe meine Vermahnung nicht in Acht
naͤhme, und wie es bey den meiſten geſchehn, fort-
fuͤhre, die Verdienſte der Kleider ſich anzumaßen:
ſo werde ich und meine Freunde ſie oͤffentlich de-
muͤthigen. Wir werden die Sprache der Com-
plimente aͤndern, und wenn wir einem ſolchen
Manne begegnen, niemals anders zu ihm ſagen,
als: Mein Herr, ich habe die Gnade, ihre
Weſte meiner unterthaͤnigſten Devotion zu
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/79>, abgerufen am 16.02.2025.
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