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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
reichen Aufschlags. Der Himmel erhalte ih-
ren Sammetrock der Kirche und unsrer Stadt
zum Besten noch viele Jahre! u. s. w.

N. S. Jn diesem Augenblicke erfahre ich et-
was, von dem ich nicht weis, ob ich es wünschen,
oder nicht wünschen soll. Denenjenigen zur War-
nung, welche mit den Verdiensten ihrer Kleider
so, wie ich oben gedacht, zur Ungebühr groß thun,
will ich dieses Geheimniß im Vertrauen entdecken,
und es bleibt noch zur Zeit unter uns. Man hat
einen Vorschlag gethan, daß der Handlung zum
Besten in die neue Kleiderordnung ein Artikel ein-
gerückt werden möge: "Daß niemand ein reiches
"oder seidnes Kleid anziehen soll, bis er es be-
"zahlt habe, und ein jeder soll zu dem Ende alle-
"zeit die Quittung von dem Schneider und Kauf-
"manne bey sich tragen." Was soll das für ein
Lärm werden! und wie viel angesehne Kleider wer-
den vor unsern Augen verschwinden! Der Vor-
schlag ist so vernünftig und billig, und der Handlung
so zuträglich, als einer seyn kann; aber er ist, wie
mich dünkt, ein wenig zu grausam. Sehr viele, ge-
wiß sehr viele, welche weder Geld noch Verdienste
besitzen, und ihr Ansehen bloß auf Unkosten der
Kaufleute und ihrer Gläubiger bisher erhalten ha-
ben, verlieren dadurch, daß man ihnen die geborgte
Pracht der Kleider nimmt, zugleich mit einem male
alles, was sie vorzüglich, groß, liebenswürdig, und
ansehnlich gemacht hat. Was soll aus diesen guten
Leuten werden? Wie todt wird es künftig in - - - - - -
und bey vornehmen Versammlungen seyn!



Antons

Antons Panßa von Mancha
reichen Aufſchlags. Der Himmel erhalte ih-
ren Sammetrock der Kirche und unſrer Stadt
zum Beſten noch viele Jahre! u. ſ. w.

N. S. Jn dieſem Augenblicke erfahre ich et-
was, von dem ich nicht weis, ob ich es wuͤnſchen,
oder nicht wuͤnſchen ſoll. Denenjenigen zur War-
nung, welche mit den Verdienſten ihrer Kleider
ſo, wie ich oben gedacht, zur Ungebuͤhr groß thun,
will ich dieſes Geheimniß im Vertrauen entdecken,
und es bleibt noch zur Zeit unter uns. Man hat
einen Vorſchlag gethan, daß der Handlung zum
Beſten in die neue Kleiderordnung ein Artikel ein-
geruͤckt werden moͤge: „Daß niemand ein reiches
„oder ſeidnes Kleid anziehen ſoll, bis er es be-
„zahlt habe, und ein jeder ſoll zu dem Ende alle-
„zeit die Quittung von dem Schneider und Kauf-
„manne bey ſich tragen.„ Was ſoll das fuͤr ein
Laͤrm werden! und wie viel angeſehne Kleider wer-
den vor unſern Augen verſchwinden! Der Vor-
ſchlag iſt ſo vernuͤnftig und billig, und der Handlung
ſo zutraͤglich, als einer ſeyn kann; aber er iſt, wie
mich duͤnkt, ein wenig zu grauſam. Sehr viele, ge-
wiß ſehr viele, welche weder Geld noch Verdienſte
beſitzen, und ihr Anſehen bloß auf Unkoſten der
Kaufleute und ihrer Glaͤubiger bisher erhalten ha-
ben, verlieren dadurch, daß man ihnen die geborgte
Pracht der Kleider nimmt, zugleich mit einem male
alles, was ſie vorzuͤglich, groß, liebenswuͤrdig, und
anſehnlich gemacht hat. Was ſoll aus dieſen guten
Leuten werden? Wie todt wird es kuͤnftig in ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
und bey vornehmen Verſammlungen ſeyn!



Antons
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[58/0080] Antons Panßa von Mancha reichen Aufſchlags. Der Himmel erhalte ih- ren Sammetrock der Kirche und unſrer Stadt zum Beſten noch viele Jahre! u. ſ. w. N. S. Jn dieſem Augenblicke erfahre ich et- was, von dem ich nicht weis, ob ich es wuͤnſchen, oder nicht wuͤnſchen ſoll. Denenjenigen zur War- nung, welche mit den Verdienſten ihrer Kleider ſo, wie ich oben gedacht, zur Ungebuͤhr groß thun, will ich dieſes Geheimniß im Vertrauen entdecken, und es bleibt noch zur Zeit unter uns. Man hat einen Vorſchlag gethan, daß der Handlung zum Beſten in die neue Kleiderordnung ein Artikel ein- geruͤckt werden moͤge: „Daß niemand ein reiches „oder ſeidnes Kleid anziehen ſoll, bis er es be- „zahlt habe, und ein jeder ſoll zu dem Ende alle- „zeit die Quittung von dem Schneider und Kauf- „manne bey ſich tragen.„ Was ſoll das fuͤr ein Laͤrm werden! und wie viel angeſehne Kleider wer- den vor unſern Augen verſchwinden! Der Vor- ſchlag iſt ſo vernuͤnftig und billig, und der Handlung ſo zutraͤglich, als einer ſeyn kann; aber er iſt, wie mich duͤnkt, ein wenig zu grauſam. Sehr viele, ge- wiß ſehr viele, welche weder Geld noch Verdienſte beſitzen, und ihr Anſehen bloß auf Unkoſten der Kaufleute und ihrer Glaͤubiger bisher erhalten ha- ben, verlieren dadurch, daß man ihnen die geborgte Pracht der Kleider nimmt, zugleich mit einem male alles, was ſie vorzuͤglich, groß, liebenswuͤrdig, und anſehnlich gemacht hat. Was ſoll aus dieſen guten Leuten werden? Wie todt wird es kuͤnftig in ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ und bey vornehmen Verſammlungen ſeyn! Antons

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/80>, abgerufen am 24.11.2024.