[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.Antons Panßa von Mancha "gewesen, und wo der ehrlichste verdient, in der"Bütteley, und nicht auf diesem Saale zu essen. "Habe ich nun wohl Unrecht, daß ich alle Gesell- "schaften so sorgfältig meide? Wer noch ein red- "liches Herz, und einen Tropfen patriotisches "Blut in seinen Adern hat, der kann dergleichen "Frevel ohne innerlichem Jammer nicht ansehen. "Diese ganze Gesellschaft nährt sich von den er- "preßten Raubereyen unglückseliger Mitbürger, "welche kaum Wasser und Brodt zu der Zeit ha- "ben, da ihre Henker beym Weine und bey den "niedlichsten Speisen über die Ehrlichkeit der un- "terdrückten Unschuld spotten. An den Pranger "sollte man diese Nichtswürdigen stellen; aber "nein, man verehrt sie noch, man schmeichelt ih- "nen, und jeder sucht seinen Antheil von ihrer ge- "machten Beute zu erhaschen. Man giebt ihnen "Gelegenheit, ihre Bosheit noch höher zu treiben, "man erhebt sie zu Ehrenämtern, man besoldet "sie wohl für ihre Spitzbübereyen, und läßt da- "gegen andere in Kummer und Elend schmachten: "redliche Männer, welche ihr Leben fürs Vater- "land aufopfern, ihren letzten Blutstropfen für "den König und die Unterthanen mit Freuden "hingeben würden; aufrichtige Patrioten läßt "man verhungern. Jch rede nicht von mir, noch "von dem Unrechte, das man mir bey meinen "redlichsten Absichten angethan hat. Jch über- "sehe es mit Großmuth, und habe gelernt, mit "meinen Umständen zufrieden zu seyn. Wie ge- "sagt, ich rede nicht von mir, noch von meinen "übel-
Antons Panßa von Mancha „geweſen, und wo der ehrlichſte verdient, in der„Buͤtteley, und nicht auf dieſem Saale zu eſſen. „Habe ich nun wohl Unrecht, daß ich alle Geſell- „ſchaften ſo ſorgfaͤltig meide? Wer noch ein red- „liches Herz, und einen Tropfen patriotiſches „Blut in ſeinen Adern hat, der kann dergleichen „Frevel ohne innerlichem Jammer nicht anſehen. „Dieſe ganze Geſellſchaft naͤhrt ſich von den er- „preßten Raubereyen ungluͤckſeliger Mitbuͤrger, „welche kaum Waſſer und Brodt zu der Zeit ha- „ben, da ihre Henker beym Weine und bey den „niedlichſten Speiſen uͤber die Ehrlichkeit der un- „terdruͤckten Unſchuld ſpotten. An den Pranger „ſollte man dieſe Nichtswuͤrdigen ſtellen; aber „nein, man verehrt ſie noch, man ſchmeichelt ih- „nen, und jeder ſucht ſeinen Antheil von ihrer ge- „machten Beute zu erhaſchen. Man giebt ihnen „Gelegenheit, ihre Bosheit noch hoͤher zu treiben, „man erhebt ſie zu Ehrenaͤmtern, man beſoldet „ſie wohl fuͤr ihre Spitzbuͤbereyen, und laͤßt da- „gegen andere in Kummer und Elend ſchmachten: „redliche Maͤnner, welche ihr Leben fuͤrs Vater- „land aufopfern, ihren letzten Blutstropfen fuͤr „den Koͤnig und die Unterthanen mit Freuden „hingeben wuͤrden; aufrichtige Patrioten laͤßt „man verhungern. Jch rede nicht von mir, noch „von dem Unrechte, das man mir bey meinen „redlichſten Abſichten angethan hat. Jch uͤber- „ſehe es mit Großmuth, und habe gelernt, mit „meinen Umſtaͤnden zufrieden zu ſeyn. Wie ge- „ſagt, ich rede nicht von mir, noch von meinen „uͤbel-
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Antons Panßa von Mancha
„geweſen, und wo der ehrlichſte verdient, in der
„Buͤtteley, und nicht auf dieſem Saale zu eſſen.
„Habe ich nun wohl Unrecht, daß ich alle Geſell-
„ſchaften ſo ſorgfaͤltig meide? Wer noch ein red-
„liches Herz, und einen Tropfen patriotiſches
„Blut in ſeinen Adern hat, der kann dergleichen
„Frevel ohne innerlichem Jammer nicht anſehen.
„Dieſe ganze Geſellſchaft naͤhrt ſich von den er-
„preßten Raubereyen ungluͤckſeliger Mitbuͤrger,
„welche kaum Waſſer und Brodt zu der Zeit ha-
„ben, da ihre Henker beym Weine und bey den
„niedlichſten Speiſen uͤber die Ehrlichkeit der un-
„terdruͤckten Unſchuld ſpotten. An den Pranger
„ſollte man dieſe Nichtswuͤrdigen ſtellen; aber
„nein, man verehrt ſie noch, man ſchmeichelt ih-
„nen, und jeder ſucht ſeinen Antheil von ihrer ge-
„machten Beute zu erhaſchen. Man giebt ihnen
„Gelegenheit, ihre Bosheit noch hoͤher zu treiben,
„man erhebt ſie zu Ehrenaͤmtern, man beſoldet
„ſie wohl fuͤr ihre Spitzbuͤbereyen, und laͤßt da-
„gegen andere in Kummer und Elend ſchmachten:
„redliche Maͤnner, welche ihr Leben fuͤrs Vater-
„land aufopfern, ihren letzten Blutstropfen fuͤr
„den Koͤnig und die Unterthanen mit Freuden
„hingeben wuͤrden; aufrichtige Patrioten laͤßt
„man verhungern. Jch rede nicht von mir, noch
„von dem Unrechte, das man mir bey meinen
„redlichſten Abſichten angethan hat. Jch uͤber-
„ſehe es mit Großmuth, und habe gelernt, mit
„meinen Umſtaͤnden zufrieden zu ſeyn. Wie ge-
„ſagt, ich rede nicht von mir, noch von meinen
„uͤbel-
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