Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.in der Bildhauerei. hauerkunst an. Ich glaube mit Recht. Sie ist es,Warum derneue Künst- ler das Na- ckende selte- ner und nicht mit gleichem Glücke wie der alte bil- det. die mit Treue darzustellen der Meissel die größten Schwierigkeiten zu überwinden hat. Sie ist es, die ihrer glatten und weißen Oberfläche wegen, dem bearbeiteten Marmor am meisten ähnelt. Sie ist es, welche die mehreste Abwechselung angenehmer Formen den äußeren Sinnen darbietet, und sie ist es endlich, die auch der innere durch selbstische Vergleichung mit seiner eigenen Hülle am interessantesten in der Nach- bildung findet. Diese nackende Gestalt stellt der neue Künstler An und für sich ist das Blut der Griechen schö- Denn dem Menschen, dessen Eltern nie unter sten
in der Bildhauerei. hauerkunſt an. Ich glaube mit Recht. Sie iſt es,Warum derneue Kuͤnſt- ler das Na- ckende ſelte- ner und nicht mit gleichem Gluͤcke wie der alte bil- det. die mit Treue darzuſtellen der Meiſſel die groͤßten Schwierigkeiten zu uͤberwinden hat. Sie iſt es, die ihrer glatten und weißen Oberflaͤche wegen, dem bearbeiteten Marmor am meiſten aͤhnelt. Sie iſt es, welche die mehreſte Abwechſelung angenehmer Formen den aͤußeren Sinnen darbietet, und ſie iſt es endlich, die auch der innere durch ſelbſtiſche Vergleichung mit ſeiner eigenen Huͤlle am intereſſanteſten in der Nach- bildung findet. Dieſe nackende Geſtalt ſtellt der neue Kuͤnſtler An und fuͤr ſich iſt das Blut der Griechen ſchoͤ- Denn dem Menſchen, deſſen Eltern nie unter ſten
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in der Bildhauerei.
hauerkunſt an. Ich glaube mit Recht. Sie iſt es,
die mit Treue darzuſtellen der Meiſſel die groͤßten
Schwierigkeiten zu uͤberwinden hat. Sie iſt es, die
ihrer glatten und weißen Oberflaͤche wegen, dem
bearbeiteten Marmor am meiſten aͤhnelt. Sie iſt es,
welche die mehreſte Abwechſelung angenehmer Formen
den aͤußeren Sinnen darbietet, und ſie iſt es endlich,
die auch der innere durch ſelbſtiſche Vergleichung mit
ſeiner eigenen Huͤlle am intereſſanteſten in der Nach-
bildung findet.
Warum der
neue Kuͤnſt-
ler das Na-
ckende ſelte-
ner und nicht
mit gleichem
Gluͤcke wie
der alte bil-
det.
Dieſe nackende Geſtalt ſtellt der neue Kuͤnſtler
nicht mit gleichem Gluͤcke dar: er kann es nicht, er
will es nicht, er darf es nicht, wenn er es auch koͤnnte
und wollte.
An und fuͤr ſich iſt das Blut der Griechen ſchoͤ-
ner als aller uͤbrigen Voͤlker der Erde. So finden
es alle Reiſende in dieſem von der Natur beguͤnſtigten
Lande noch jetzt, zu einer Zeit, wo mit der Ernie-
drigung des moraliſchen Menſchen der phyſiſche von
ſeiner urſpruͤnglichen Vollkommenheit gewiß herab-
geſunken iſt.
Denn dem Menſchen, deſſen Eltern nie unter
dem Druck von Tirannei geſeufzt haben, wird eine
Geſtalt angebohren, die das Gepraͤge der ſorgloſen
Heiterkeit an ſich traͤgt, unter der er gezeugt iſt.
Dieſe angebohrne Heiterkeit, deren ſich die Griechen
als eines eigenthuͤmlichen Geſchenks der Goͤtter ruͤhm-
ten, gehoͤrte daher ſowohl ihrer Regierungsform zu,
als dem Clima, unter dem ſie lebten. Gemaͤßigte
Leidenſchaften waren die Folge von beiden. Kein
Luxus, der den Koͤrper unmittelbar zerſtoͤret, keine
Krankheit, die mit der Befriedigung des natuͤrlich-
ſten
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