sammengesetzte in der Beschreibung lieber gelesen oder gehört, als in der Ausführung gesehen wird.
Durch nähere Bestimmungen mag ich die Wahl unter den Mitteln zu Erreichung jenes Eindrucks dem Künstler nicht beschränken. Inzwischen will ich ei- nige Bemerkungen auflesen, welche hin und wieder zur Richtung dienen können.
Zufällige Ideen über allegorische Bezeichnun- gen.
Wie weit darf der Künstler mit seinen allegori- schen Bezeichnungen gehen? So weit als er allen Menschen, die zu dem Genuß der Künste berechtigt sind, verständlich zu bleiben glauben darf: und er darf es alsdann, wann das Zeichen von der Art ist, daß wir dabei mehr an die bezeichnete Sache, als an das Zeichen selbst denken. Das Zeichen kann aber zwiefacher Art seyn, entweder ein bloßes Sym- bol, ein allegorisches Bild, oder eine allegorische Vor- stellung.
Die einzige Art, wie wir in den bildenden Kün- sten darüber verständigt werden, daß ein vorgestell- tes Objekt das Merkmal einer von seiner natürli- chen Bedeutung abweichenden Vorstellung sey, ist die örtliche Zusammenstellung eines Objekts mit ei- nem andern, das wir in der Natur mit diesem zusam- men anzutreffen nicht gewohnt sind. Indem wir dem Grunde der Vereinigung nachspüren, so treffen wir auf das unsichtbare Verhältniß, und dies Verhält- niß muß die unsichtbare Vorstellung ausfüllen.
Ein Hirt mit einem Lamme, ist für den bloßen Anblick ein Hirt mit einem Lamme. Ein Heiliger mit einem Lamme, ist ein Mensch voll Sanftmuth: denn das Verhältniß zwischen beiden ist die Eigen- schaft, worin sie beide zusammentreffen, und ohne
welche
Anmerkungen
ſammengeſetzte in der Beſchreibung lieber geleſen oder gehoͤrt, als in der Ausfuͤhrung geſehen wird.
Durch naͤhere Beſtimmungen mag ich die Wahl unter den Mitteln zu Erreichung jenes Eindrucks dem Kuͤnſtler nicht beſchraͤnken. Inzwiſchen will ich ei- nige Bemerkungen aufleſen, welche hin und wieder zur Richtung dienen koͤnnen.
Zufaͤllige Ideen uͤber allegoriſche Bezeichnun- gen.
Wie weit darf der Kuͤnſtler mit ſeinen allegori- ſchen Bezeichnungen gehen? So weit als er allen Menſchen, die zu dem Genuß der Kuͤnſte berechtigt ſind, verſtaͤndlich zu bleiben glauben darf: und er darf es alsdann, wann das Zeichen von der Art iſt, daß wir dabei mehr an die bezeichnete Sache, als an das Zeichen ſelbſt denken. Das Zeichen kann aber zwiefacher Art ſeyn, entweder ein bloßes Sym- bol, ein allegoriſches Bild, oder eine allegoriſche Vor- ſtellung.
Die einzige Art, wie wir in den bildenden Kuͤn- ſten daruͤber verſtaͤndigt werden, daß ein vorgeſtell- tes Objekt das Merkmal einer von ſeiner natuͤrli- chen Bedeutung abweichenden Vorſtellung ſey, iſt die oͤrtliche Zuſammenſtellung eines Objekts mit ei- nem andern, das wir in der Natur mit dieſem zuſam- men anzutreffen nicht gewohnt ſind. Indem wir dem Grunde der Vereinigung nachſpuͤren, ſo treffen wir auf das unſichtbare Verhaͤltniß, und dies Verhaͤlt- niß muß die unſichtbare Vorſtellung ausfuͤllen.
Ein Hirt mit einem Lamme, iſt fuͤr den bloßen Anblick ein Hirt mit einem Lamme. Ein Heiliger mit einem Lamme, iſt ein Menſch voll Sanftmuth: denn das Verhaͤltniß zwiſchen beiden iſt die Eigen- ſchaft, worin ſie beide zuſammentreffen, und ohne
welche
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0242"n="218"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Anmerkungen</hi></fw><lb/>ſammengeſetzte in der Beſchreibung lieber geleſen oder<lb/>
gehoͤrt, als in der Ausfuͤhrung geſehen wird.</p><lb/><p>Durch naͤhere Beſtimmungen mag ich die Wahl<lb/>
unter den Mitteln zu Erreichung jenes Eindrucks dem<lb/>
Kuͤnſtler nicht beſchraͤnken. Inzwiſchen will ich ei-<lb/>
nige Bemerkungen aufleſen, welche hin und wieder<lb/>
zur Richtung dienen koͤnnen.</p><lb/><noteplace="left">Zufaͤllige<lb/>
Ideen uͤber<lb/>
allegoriſche<lb/>
Bezeichnun-<lb/>
gen.</note><p>Wie weit darf der Kuͤnſtler mit ſeinen allegori-<lb/>ſchen Bezeichnungen gehen? So weit als er allen<lb/>
Menſchen, die zu dem Genuß der Kuͤnſte berechtigt<lb/>ſind, verſtaͤndlich zu bleiben glauben darf: und er<lb/>
darf es alsdann, wann das Zeichen von der Art iſt,<lb/>
daß wir dabei mehr an die bezeichnete Sache, als<lb/>
an das Zeichen ſelbſt denken. Das Zeichen kann<lb/>
aber zwiefacher Art ſeyn, entweder ein bloßes Sym-<lb/>
bol, ein allegoriſches Bild, oder eine allegoriſche Vor-<lb/>ſtellung.</p><lb/><p>Die einzige Art, wie wir in den bildenden Kuͤn-<lb/>ſten daruͤber verſtaͤndigt werden, daß ein vorgeſtell-<lb/>
tes Objekt das Merkmal einer von ſeiner natuͤrli-<lb/>
chen Bedeutung abweichenden Vorſtellung ſey, iſt<lb/>
die oͤrtliche Zuſammenſtellung eines Objekts mit ei-<lb/>
nem andern, das wir in der Natur mit dieſem zuſam-<lb/>
men anzutreffen nicht gewohnt ſind. Indem wir dem<lb/>
Grunde der Vereinigung nachſpuͤren, ſo treffen wir<lb/>
auf das unſichtbare Verhaͤltniß, und dies Verhaͤlt-<lb/>
niß muß die unſichtbare Vorſtellung ausfuͤllen.</p><lb/><p>Ein Hirt mit einem Lamme, iſt fuͤr den bloßen<lb/>
Anblick ein Hirt mit einem Lamme. Ein Heiliger mit<lb/>
einem Lamme, iſt ein Menſch voll Sanftmuth:<lb/>
denn das Verhaͤltniß zwiſchen beiden iſt die Eigen-<lb/>ſchaft, worin ſie beide zuſammentreffen, und ohne<lb/><fwplace="bottom"type="catch">welche</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[218/0242]
Anmerkungen
ſammengeſetzte in der Beſchreibung lieber geleſen oder
gehoͤrt, als in der Ausfuͤhrung geſehen wird.
Durch naͤhere Beſtimmungen mag ich die Wahl
unter den Mitteln zu Erreichung jenes Eindrucks dem
Kuͤnſtler nicht beſchraͤnken. Inzwiſchen will ich ei-
nige Bemerkungen aufleſen, welche hin und wieder
zur Richtung dienen koͤnnen.
Wie weit darf der Kuͤnſtler mit ſeinen allegori-
ſchen Bezeichnungen gehen? So weit als er allen
Menſchen, die zu dem Genuß der Kuͤnſte berechtigt
ſind, verſtaͤndlich zu bleiben glauben darf: und er
darf es alsdann, wann das Zeichen von der Art iſt,
daß wir dabei mehr an die bezeichnete Sache, als
an das Zeichen ſelbſt denken. Das Zeichen kann
aber zwiefacher Art ſeyn, entweder ein bloßes Sym-
bol, ein allegoriſches Bild, oder eine allegoriſche Vor-
ſtellung.
Die einzige Art, wie wir in den bildenden Kuͤn-
ſten daruͤber verſtaͤndigt werden, daß ein vorgeſtell-
tes Objekt das Merkmal einer von ſeiner natuͤrli-
chen Bedeutung abweichenden Vorſtellung ſey, iſt
die oͤrtliche Zuſammenſtellung eines Objekts mit ei-
nem andern, das wir in der Natur mit dieſem zuſam-
men anzutreffen nicht gewohnt ſind. Indem wir dem
Grunde der Vereinigung nachſpuͤren, ſo treffen wir
auf das unſichtbare Verhaͤltniß, und dies Verhaͤlt-
niß muß die unſichtbare Vorſtellung ausfuͤllen.
Ein Hirt mit einem Lamme, iſt fuͤr den bloßen
Anblick ein Hirt mit einem Lamme. Ein Heiliger mit
einem Lamme, iſt ein Menſch voll Sanftmuth:
denn das Verhaͤltniß zwiſchen beiden iſt die Eigen-
ſchaft, worin ſie beide zuſammentreffen, und ohne
welche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/242>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.