Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Pallast Ruspoli.

+ Ein berühmtes Basrelief, welches denEin schönes
Basrelief.

Telephus mit seiner Mutter Auge, seinem Waf-
fenträger und einem Pferde vorstellt
. Dies
Basrelief gehört unstreitig unter die vorzüglichen un-
ter den antiken. Es ist gut gedacht und ausgeführt.
Auch sind die Figuren perspektivisch richtig gestellt.
Die Vordersten treten mehr als die Hintersten vor.

Winkelmann 3) beruft sich mit Recht auf dies
Basrelief als auf einen Beweis, daß die alten Künst-
ler die Zurückweichung der Figuren nach der verschie-
denen Entfernung zu beobachten gewußt haben. In-
zwischen ist dies noch immer der seltnere Fall, der zur
Vertheidigung der alten Künstler in Ansehung dieser
Vernachläßigung in vielen andern Fällen allein nicht
zureicht. Am wenigsten aber wird man etwas für
eine auf Regeln gebrachte Kenntniß der Linien und
Luftperspektiv bei den Alten daraus folgern können.
Ganz etwas anders ist es durch bloße Aufmerksam-
keit und Treue der Nachahmung, mithin durch das
Augenmaaß auf die Bemerkung geleitet zu werden, daß
von drei oder vier Personen in einer Gruppe die eine
vortrete, die andere zurückweiche, die eine über die
andere hervorrage; und wieder ganz etwas anders
die merkliche Abweichung mehrerer Gruppen belebter
und unbelebter Gegenstände von einander, durch die
Verhältnisse ihrer Formen, und nach dem Grade der
Stärke des darauf fallenden Lichts dem Auge des
Zuschauers fühlbar zu machen. Zu jenem wird eine
blos empirische Kenntniß erfordert, die nur gar zu

oft
3) G. d. K. S. 307. W. E.
D 5
Pallaſt Ruſpoli.

Ein beruͤhmtes Basrelief, welches denEin ſchoͤnes
Basrelief.

Telephus mit ſeiner Mutter Auge, ſeinem Waf-
fentraͤger und einem Pferde vorſtellt
. Dies
Basrelief gehoͤrt unſtreitig unter die vorzuͤglichen un-
ter den antiken. Es iſt gut gedacht und ausgefuͤhrt.
Auch ſind die Figuren perſpektiviſch richtig geſtellt.
Die Vorderſten treten mehr als die Hinterſten vor.

Winkelmann 3) beruft ſich mit Recht auf dies
Basrelief als auf einen Beweis, daß die alten Kuͤnſt-
ler die Zuruͤckweichung der Figuren nach der verſchie-
denen Entfernung zu beobachten gewußt haben. In-
zwiſchen iſt dies noch immer der ſeltnere Fall, der zur
Vertheidigung der alten Kuͤnſtler in Anſehung dieſer
Vernachlaͤßigung in vielen andern Faͤllen allein nicht
zureicht. Am wenigſten aber wird man etwas fuͤr
eine auf Regeln gebrachte Kenntniß der Linien und
Luftperſpektiv bei den Alten daraus folgern koͤnnen.
Ganz etwas anders iſt es durch bloße Aufmerkſam-
keit und Treue der Nachahmung, mithin durch das
Augenmaaß auf die Bemerkung geleitet zu werden, daß
von drei oder vier Perſonen in einer Gruppe die eine
vortrete, die andere zuruͤckweiche, die eine uͤber die
andere hervorrage; und wieder ganz etwas anders
die merkliche Abweichung mehrerer Gruppen belebter
und unbelebter Gegenſtaͤnde von einander, durch die
Verhaͤltniſſe ihrer Formen, und nach dem Grade der
Staͤrke des darauf fallenden Lichts dem Auge des
Zuſchauers fuͤhlbar zu machen. Zu jenem wird eine
blos empiriſche Kenntniß erfordert, die nur gar zu

oft
3) G. d. K. S. 307. W. E.
D 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0081" n="57"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Palla&#x017F;t Ru&#x017F;poli.</hi> </fw><lb/>
          <p>&#x2020; <hi rendition="#fr">Ein beru&#x0364;hmtes Basrelief, welches den</hi><note place="right">Ein &#x017F;cho&#x0364;nes<lb/>
Basrelief.</note><lb/><hi rendition="#fr">Telephus mit &#x017F;einer Mutter Auge, &#x017F;einem Waf-<lb/>
fentra&#x0364;ger und einem Pferde vor&#x017F;tellt</hi>. Dies<lb/>
Basrelief geho&#x0364;rt un&#x017F;treitig unter die vorzu&#x0364;glichen un-<lb/>
ter den antiken. Es i&#x017F;t gut gedacht und ausgefu&#x0364;hrt.<lb/>
Auch &#x017F;ind die Figuren per&#x017F;pektivi&#x017F;ch richtig ge&#x017F;tellt.<lb/>
Die Vorder&#x017F;ten treten mehr als die Hinter&#x017F;ten vor.</p><lb/>
          <p>Winkelmann <note place="foot" n="3)">G. d. K. S. 307. W. E.</note> beruft &#x017F;ich mit Recht auf dies<lb/>
Basrelief als auf einen Beweis, daß die alten Ku&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
ler die Zuru&#x0364;ckweichung der Figuren nach der ver&#x017F;chie-<lb/>
denen Entfernung zu beobachten gewußt haben. In-<lb/>
zwi&#x017F;chen i&#x017F;t dies noch immer der &#x017F;eltnere Fall, der zur<lb/>
Vertheidigung der alten Ku&#x0364;n&#x017F;tler in An&#x017F;ehung die&#x017F;er<lb/>
Vernachla&#x0364;ßigung in vielen andern Fa&#x0364;llen allein nicht<lb/>
zureicht. Am wenig&#x017F;ten aber wird man etwas fu&#x0364;r<lb/>
eine auf Regeln gebrachte Kenntniß der Linien und<lb/>
Luftper&#x017F;pektiv bei den Alten daraus folgern ko&#x0364;nnen.<lb/>
Ganz etwas anders i&#x017F;t es durch bloße Aufmerk&#x017F;am-<lb/>
keit und Treue der Nachahmung, mithin durch das<lb/>
Augenmaaß auf die Bemerkung geleitet zu werden, daß<lb/>
von drei oder vier Per&#x017F;onen in einer Gruppe die eine<lb/>
vortrete, die andere zuru&#x0364;ckweiche, die eine u&#x0364;ber die<lb/>
andere hervorrage; und wieder ganz etwas anders<lb/>
die merkliche Abweichung mehrerer Gruppen belebter<lb/>
und unbelebter Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde von einander, durch die<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e ihrer Formen, und nach dem Grade der<lb/>
Sta&#x0364;rke des darauf fallenden Lichts dem Auge des<lb/>
Zu&#x017F;chauers fu&#x0364;hlbar zu machen. Zu jenem wird eine<lb/>
blos empiri&#x017F;che Kenntniß erfordert, die nur gar zu<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 5</fw><fw place="bottom" type="catch">oft</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0081] Pallaſt Ruſpoli. † Ein beruͤhmtes Basrelief, welches den Telephus mit ſeiner Mutter Auge, ſeinem Waf- fentraͤger und einem Pferde vorſtellt. Dies Basrelief gehoͤrt unſtreitig unter die vorzuͤglichen un- ter den antiken. Es iſt gut gedacht und ausgefuͤhrt. Auch ſind die Figuren perſpektiviſch richtig geſtellt. Die Vorderſten treten mehr als die Hinterſten vor. Ein ſchoͤnes Basrelief. Winkelmann 3) beruft ſich mit Recht auf dies Basrelief als auf einen Beweis, daß die alten Kuͤnſt- ler die Zuruͤckweichung der Figuren nach der verſchie- denen Entfernung zu beobachten gewußt haben. In- zwiſchen iſt dies noch immer der ſeltnere Fall, der zur Vertheidigung der alten Kuͤnſtler in Anſehung dieſer Vernachlaͤßigung in vielen andern Faͤllen allein nicht zureicht. Am wenigſten aber wird man etwas fuͤr eine auf Regeln gebrachte Kenntniß der Linien und Luftperſpektiv bei den Alten daraus folgern koͤnnen. Ganz etwas anders iſt es durch bloße Aufmerkſam- keit und Treue der Nachahmung, mithin durch das Augenmaaß auf die Bemerkung geleitet zu werden, daß von drei oder vier Perſonen in einer Gruppe die eine vortrete, die andere zuruͤckweiche, die eine uͤber die andere hervorrage; und wieder ganz etwas anders die merkliche Abweichung mehrerer Gruppen belebter und unbelebter Gegenſtaͤnde von einander, durch die Verhaͤltniſſe ihrer Formen, und nach dem Grade der Staͤrke des darauf fallenden Lichts dem Auge des Zuſchauers fuͤhlbar zu machen. Zu jenem wird eine blos empiriſche Kenntniß erfordert, die nur gar zu oft 3) G. d. K. S. 307. W. E. D 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/81
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/81>, abgerufen am 21.11.2024.