Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Körper eine Naturalisation der Wirksamkeit der Dispositionen, eine neue Temperatur in jedem Körper für sich entstehen, in der sich Stärke und Zartheit mit einander vermählen.

Jeder Mensch birgt in sich doppelte Disposition zur Stärke und zur Zartheit der Lebenskraft; aber nicht jeder besitzt sie in einem gleichen Verhältnisse zusammen gemischt. Bey dem einen steht die starke Disposition weit über der zarten, bey dem andern die zarte über der starken.

Unstreitig kündigt sich die herrschende Disposition der Lebenskraft, die eine analoge Beschaffenheit der innern Werkzeuge des Lebens voraussetzt, bereits den Sinnen durch die Formen der äußern Hülle an. Da wo die stärkere prädominiert, werden Zellgewebe, Knochen, Haut fester; da wo die zärtere prädominiert, lockerer erscheinen: und es ist höchst wahrscheinlich, daß eine ähnliche Verschiedenheit auch in die Atmosphäre übergeht, die einen jeden Körper umgiebt.

Der Körper, der Stärke und Festigkeit im Uebergewicht über Zartheit und lockerer Beschaffenheit besitzt, wird sich den Sinnen und dem Gemüth bey dem Eindruck und der Vorstellung, die er hervorbringt, als geschmeidige Stärke ankündigen. Der Körper, der im umgekehrten Verhältnisse steht, als hebende Zartheit. Dennoch muß das Verhältniß, worin beyde Dispositionen in jedem Körper für sich stehen, ein Wohlverhältniß seyn, wodurch das Gefühl der freywirkenden Lebenskraft allein erhalten werden kann. Jeder Körper flieht den Zustand eines Mangels an einem gehörigen Zusatze von Zartheit zu seiner herrschenden Stärke, wodurch er sich überspannt fühlen würde; jeder Körper

Körper eine Naturalisation der Wirksamkeit der Dispositionen, eine neue Temperatur in jedem Körper für sich entstehen, in der sich Stärke und Zartheit mit einander vermählen.

Jeder Mensch birgt in sich doppelte Disposition zur Stärke und zur Zartheit der Lebenskraft; aber nicht jeder besitzt sie in einem gleichen Verhältnisse zusammen gemischt. Bey dem einen steht die starke Disposition weit über der zarten, bey dem andern die zarte über der starken.

Unstreitig kündigt sich die herrschende Disposition der Lebenskraft, die eine analoge Beschaffenheit der innern Werkzeuge des Lebens voraussetzt, bereits den Sinnen durch die Formen der äußern Hülle an. Da wo die stärkere prädominiert, werden Zellgewebe, Knochen, Haut fester; da wo die zärtere prädominiert, lockerer erscheinen: und es ist höchst wahrscheinlich, daß eine ähnliche Verschiedenheit auch in die Atmosphäre übergeht, die einen jeden Körper umgiebt.

Der Körper, der Stärke und Festigkeit im Uebergewicht über Zartheit und lockerer Beschaffenheit besitzt, wird sich den Sinnen und dem Gemüth bey dem Eindruck und der Vorstellung, die er hervorbringt, als geschmeidige Stärke ankündigen. Der Körper, der im umgekehrten Verhältnisse steht, als hebende Zartheit. Dennoch muß das Verhältniß, worin beyde Dispositionen in jedem Körper für sich stehen, ein Wohlverhältniß seyn, wodurch das Gefühl der freywirkenden Lebenskraft allein erhalten werden kann. Jeder Körper flieht den Zustand eines Mangels an einem gehörigen Zusatze von Zartheit zu seiner herrschenden Stärke, wodurch er sich überspannt fühlen würde; jeder Körper

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0144" n="144"/>
Körper eine Naturalisation der Wirksamkeit der Dispositionen, eine neue Temperatur in jedem Körper für sich entstehen, in der sich Stärke und Zartheit mit einander vermählen.</p>
            <p>Jeder Mensch birgt in sich doppelte Disposition zur Stärke und zur Zartheit der Lebenskraft; aber nicht jeder besitzt sie in einem gleichen Verhältnisse zusammen gemischt. Bey dem einen steht die starke Disposition weit über der zarten, bey dem andern die zarte über der starken.</p>
            <p>Unstreitig kündigt sich die herrschende Disposition der Lebenskraft, die eine analoge Beschaffenheit der innern Werkzeuge des Lebens voraussetzt, bereits den Sinnen durch die Formen der äußern Hülle an. Da wo die stärkere prädominiert, werden Zellgewebe, Knochen, Haut fester; da wo die zärtere prädominiert, lockerer erscheinen: und es ist höchst wahrscheinlich, daß eine ähnliche Verschiedenheit auch in die Atmosphäre übergeht, die einen jeden Körper umgiebt.</p>
            <p>Der Körper, der Stärke und Festigkeit im Uebergewicht über Zartheit und lockerer Beschaffenheit besitzt, wird sich den Sinnen und dem Gemüth bey dem Eindruck und der Vorstellung, die er hervorbringt, als <hi rendition="#g">geschmeidige Stärke</hi> ankündigen. Der Körper, der im umgekehrten Verhältnisse steht, als <hi rendition="#g">hebende Zartheit</hi>. Dennoch muß das Verhältniß, worin beyde Dispositionen in jedem Körper für sich stehen, ein Wohlverhältniß seyn, wodurch das Gefühl der freywirkenden Lebenskraft allein erhalten werden kann. Jeder Körper flieht den Zustand eines Mangels an einem gehörigen Zusatze von Zartheit zu seiner herrschenden Stärke, wodurch er sich überspannt fühlen würde; jeder Körper
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0144] Körper eine Naturalisation der Wirksamkeit der Dispositionen, eine neue Temperatur in jedem Körper für sich entstehen, in der sich Stärke und Zartheit mit einander vermählen. Jeder Mensch birgt in sich doppelte Disposition zur Stärke und zur Zartheit der Lebenskraft; aber nicht jeder besitzt sie in einem gleichen Verhältnisse zusammen gemischt. Bey dem einen steht die starke Disposition weit über der zarten, bey dem andern die zarte über der starken. Unstreitig kündigt sich die herrschende Disposition der Lebenskraft, die eine analoge Beschaffenheit der innern Werkzeuge des Lebens voraussetzt, bereits den Sinnen durch die Formen der äußern Hülle an. Da wo die stärkere prädominiert, werden Zellgewebe, Knochen, Haut fester; da wo die zärtere prädominiert, lockerer erscheinen: und es ist höchst wahrscheinlich, daß eine ähnliche Verschiedenheit auch in die Atmosphäre übergeht, die einen jeden Körper umgiebt. Der Körper, der Stärke und Festigkeit im Uebergewicht über Zartheit und lockerer Beschaffenheit besitzt, wird sich den Sinnen und dem Gemüth bey dem Eindruck und der Vorstellung, die er hervorbringt, als geschmeidige Stärke ankündigen. Der Körper, der im umgekehrten Verhältnisse steht, als hebende Zartheit. Dennoch muß das Verhältniß, worin beyde Dispositionen in jedem Körper für sich stehen, ein Wohlverhältniß seyn, wodurch das Gefühl der freywirkenden Lebenskraft allein erhalten werden kann. Jeder Körper flieht den Zustand eines Mangels an einem gehörigen Zusatze von Zartheit zu seiner herrschenden Stärke, wodurch er sich überspannt fühlen würde; jeder Körper

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/144
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/144>, abgerufen am 19.05.2024.