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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch II. Regeneration des Katholicismus.
quisition, von dem alle anderen abhängen müßten, zu Rom
zu errichten. Wie S. Peter, sagte Caraffa, den ersten Häre-
siarchen an keinem andern Orte als in Rom besiegt, so
müsse der Nachfolger Petri alle Ketzereien der Welt in
Rom überwältigen 1). Die Jesuiten rechnen es sich zum
Ruhme, daß ihr Stifter Loyola diesen Vorschlag durch
eine besondere Vorstellung unterstützt habe. Am 21. Juli
1542 erging die Bulle.

Sie ernennt sechs Cardinäle, unter denen Caraffa und
Toledo zuerst genannt werden, zu Commissarien des apo-
stolischen Stuhles, allgemeinen und allgemeinsten Inquisi-
toren in Glaubenssachen diesseit und jenseit der Berge. Sie
ertheilt ihnen das Recht, an allen Orten, wo es ihnen
gut scheine, Geistliche mit einer ähnlichen Gewalt zu dele-
giren, die Appellationen wider deren Verfahren allein zu ent-
scheiden, selbst ohne die Theilnahme des ordentlichen geist-
lichen Gerichtshofes zu procediren. Jedermann, Niemand
ausgenommen, ohne Rücksicht auf irgend einen Stand, ir-
gend eine Würde soll ihrem Richterstuhle unterworfen seyn;
die Verdächtigen sollen sie ins Gefängniß werfen, die Schul-
digen selbst am Leben strafen und ihre Güter verkaufen. Nur
Eine Beschränkung wird ihnen auferlegt. Zu strafen soll
ihnen zustehen: die Schuldigen, welche sich bekehren, zu be-
gnadigen, behält der Papst sich vor. So sollen sie alles
thun, anordnen, ausführen, um die Irrthümer, die in der
christlichen Gemeine ausgebrochen sind, zu unterdrücken und
mit der Wurzel auszurotten 2).


1) Bromato Vita di Paolo IV. Lib. VII. §. 3.
2) Licet ab initio. Deputatio nonnullorum S. R. E. Car-

Buch II. Regeneration des Katholicismus.
quiſition, von dem alle anderen abhaͤngen muͤßten, zu Rom
zu errichten. Wie S. Peter, ſagte Caraffa, den erſten Haͤre-
ſiarchen an keinem andern Orte als in Rom beſiegt, ſo
muͤſſe der Nachfolger Petri alle Ketzereien der Welt in
Rom uͤberwaͤltigen 1). Die Jeſuiten rechnen es ſich zum
Ruhme, daß ihr Stifter Loyola dieſen Vorſchlag durch
eine beſondere Vorſtellung unterſtuͤtzt habe. Am 21. Juli
1542 erging die Bulle.

Sie ernennt ſechs Cardinaͤle, unter denen Caraffa und
Toledo zuerſt genannt werden, zu Commiſſarien des apo-
ſtoliſchen Stuhles, allgemeinen und allgemeinſten Inquiſi-
toren in Glaubensſachen dieſſeit und jenſeit der Berge. Sie
ertheilt ihnen das Recht, an allen Orten, wo es ihnen
gut ſcheine, Geiſtliche mit einer aͤhnlichen Gewalt zu dele-
giren, die Appellationen wider deren Verfahren allein zu ent-
ſcheiden, ſelbſt ohne die Theilnahme des ordentlichen geiſt-
lichen Gerichtshofes zu procediren. Jedermann, Niemand
ausgenommen, ohne Ruͤckſicht auf irgend einen Stand, ir-
gend eine Wuͤrde ſoll ihrem Richterſtuhle unterworfen ſeyn;
die Verdaͤchtigen ſollen ſie ins Gefaͤngniß werfen, die Schul-
digen ſelbſt am Leben ſtrafen und ihre Guͤter verkaufen. Nur
Eine Beſchraͤnkung wird ihnen auferlegt. Zu ſtrafen ſoll
ihnen zuſtehen: die Schuldigen, welche ſich bekehren, zu be-
gnadigen, behaͤlt der Papſt ſich vor. So ſollen ſie alles
thun, anordnen, ausfuͤhren, um die Irrthuͤmer, die in der
chriſtlichen Gemeine ausgebrochen ſind, zu unterdruͤcken und
mit der Wurzel auszurotten 2).


1) Bromato Vita di Paolo IV. Lib. VII. §. 3.
2) Licet ab initio. Deputatio nonnullorum S. R. E. Car-
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[206/0232] Buch II. Regeneration des Katholicismus. quiſition, von dem alle anderen abhaͤngen muͤßten, zu Rom zu errichten. Wie S. Peter, ſagte Caraffa, den erſten Haͤre- ſiarchen an keinem andern Orte als in Rom beſiegt, ſo muͤſſe der Nachfolger Petri alle Ketzereien der Welt in Rom uͤberwaͤltigen 1). Die Jeſuiten rechnen es ſich zum Ruhme, daß ihr Stifter Loyola dieſen Vorſchlag durch eine beſondere Vorſtellung unterſtuͤtzt habe. Am 21. Juli 1542 erging die Bulle. Sie ernennt ſechs Cardinaͤle, unter denen Caraffa und Toledo zuerſt genannt werden, zu Commiſſarien des apo- ſtoliſchen Stuhles, allgemeinen und allgemeinſten Inquiſi- toren in Glaubensſachen dieſſeit und jenſeit der Berge. Sie ertheilt ihnen das Recht, an allen Orten, wo es ihnen gut ſcheine, Geiſtliche mit einer aͤhnlichen Gewalt zu dele- giren, die Appellationen wider deren Verfahren allein zu ent- ſcheiden, ſelbſt ohne die Theilnahme des ordentlichen geiſt- lichen Gerichtshofes zu procediren. Jedermann, Niemand ausgenommen, ohne Ruͤckſicht auf irgend einen Stand, ir- gend eine Wuͤrde ſoll ihrem Richterſtuhle unterworfen ſeyn; die Verdaͤchtigen ſollen ſie ins Gefaͤngniß werfen, die Schul- digen ſelbſt am Leben ſtrafen und ihre Guͤter verkaufen. Nur Eine Beſchraͤnkung wird ihnen auferlegt. Zu ſtrafen ſoll ihnen zuſtehen: die Schuldigen, welche ſich bekehren, zu be- gnadigen, behaͤlt der Papſt ſich vor. So ſollen ſie alles thun, anordnen, ausfuͤhren, um die Irrthuͤmer, die in der chriſtlichen Gemeine ausgebrochen ſind, zu unterdruͤcken und mit der Wurzel auszurotten 2). 1) Bromato Vita di Paolo IV. Lib. VII. §. 3. 2) Licet ab initio. Deputatio nonnullorum S. R. E. Car-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/232>, abgerufen am 24.11.2024.