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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch II. Regeneration des Katholicismus.
seyn, die sich mit dem Schutz eines Machthabers zu
vertheidigen suchen sollten; nur wer das Geständniß ab-
gelegt, sey mit Milde und väterlichem Erbarmen zu
behandeln;"
"viertens Ketzern und besonders Calvinisten gegenüber
müsse man sich mit keinerlei Toleranz herabwürdigen."

Es ist alles, wie wir sehen, Strenge, unnachsichtige,
rücksichtslose Strenge, bis das Bekenntniß erfolgt ist. Furcht-
bar, besonders in einem Momente, wo die Meinungen noch
nicht ganz entwickelt waren, wo Viele die tieferen Lehren des
Christenthums mit den Einrichtungen der bestehenden Kirche
zu vereinigen suchten. Die Schwächeren gaben nach und
unterwarfen sich: die Stärker-Gearteten dagegen ergriffen
nun erst eigentlich die entgegengesetzten Meinungen und such-
ten sich der Gewalt zu entziehen.

Einer der ersten von ihnen war Bernardin Ochin.
Schon eine Zeitlang wollte man bemerkt haben, daß er
seine klösterlichen Pflichten minder sorgsam erfülle: im Jahr
1542 ward man auch an seinen Predigten irre. Auf das
schneidendste behauptete er die Lehre, daß der Glaube allein
rechtfertige; nach einer Stelle Augustins rief er aus, "der
dich ohne dich geschaffen, wird er dich nicht ohne dich
selig machen?" Seine Erklärungen über das Fegefeuer
schienen nicht sehr orthodox. Schon der Nunzius zu Venedig
verbot ihm auf ein paar Tage die Kanzel: hierauf ward er
nach Rom citirt; er war bereits bis Bologna, bis Florenz
gekommen, als er, wahrscheinlich aus Furcht vor der eben
errichteten Inquisition, zu fliehen beschloß. Nicht übel läßt

ihn
Buch II. Regeneration des Katholicismus.
ſeyn, die ſich mit dem Schutz eines Machthabers zu
vertheidigen ſuchen ſollten; nur wer das Geſtaͤndniß ab-
gelegt, ſey mit Milde und vaͤterlichem Erbarmen zu
behandeln;“
„viertens Ketzern und beſonders Calviniſten gegenuͤber
muͤſſe man ſich mit keinerlei Toleranz herabwuͤrdigen.“

Es iſt alles, wie wir ſehen, Strenge, unnachſichtige,
ruͤckſichtsloſe Strenge, bis das Bekenntniß erfolgt iſt. Furcht-
bar, beſonders in einem Momente, wo die Meinungen noch
nicht ganz entwickelt waren, wo Viele die tieferen Lehren des
Chriſtenthums mit den Einrichtungen der beſtehenden Kirche
zu vereinigen ſuchten. Die Schwaͤcheren gaben nach und
unterwarfen ſich: die Staͤrker-Gearteten dagegen ergriffen
nun erſt eigentlich die entgegengeſetzten Meinungen und ſuch-
ten ſich der Gewalt zu entziehen.

Einer der erſten von ihnen war Bernardin Ochin.
Schon eine Zeitlang wollte man bemerkt haben, daß er
ſeine kloͤſterlichen Pflichten minder ſorgſam erfuͤlle: im Jahr
1542 ward man auch an ſeinen Predigten irre. Auf das
ſchneidendſte behauptete er die Lehre, daß der Glaube allein
rechtfertige; nach einer Stelle Auguſtins rief er aus, „der
dich ohne dich geſchaffen, wird er dich nicht ohne dich
ſelig machen?“ Seine Erklaͤrungen uͤber das Fegefeuer
ſchienen nicht ſehr orthodox. Schon der Nunzius zu Venedig
verbot ihm auf ein paar Tage die Kanzel: hierauf ward er
nach Rom citirt; er war bereits bis Bologna, bis Florenz
gekommen, als er, wahrſcheinlich aus Furcht vor der eben
errichteten Inquiſition, zu fliehen beſchloß. Nicht uͤbel laͤßt

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[208/0234] Buch II. Regeneration des Katholicismus. ſeyn, die ſich mit dem Schutz eines Machthabers zu vertheidigen ſuchen ſollten; nur wer das Geſtaͤndniß ab- gelegt, ſey mit Milde und vaͤterlichem Erbarmen zu behandeln;“ „viertens Ketzern und beſonders Calviniſten gegenuͤber muͤſſe man ſich mit keinerlei Toleranz herabwuͤrdigen.“ Es iſt alles, wie wir ſehen, Strenge, unnachſichtige, ruͤckſichtsloſe Strenge, bis das Bekenntniß erfolgt iſt. Furcht- bar, beſonders in einem Momente, wo die Meinungen noch nicht ganz entwickelt waren, wo Viele die tieferen Lehren des Chriſtenthums mit den Einrichtungen der beſtehenden Kirche zu vereinigen ſuchten. Die Schwaͤcheren gaben nach und unterwarfen ſich: die Staͤrker-Gearteten dagegen ergriffen nun erſt eigentlich die entgegengeſetzten Meinungen und ſuch- ten ſich der Gewalt zu entziehen. Einer der erſten von ihnen war Bernardin Ochin. Schon eine Zeitlang wollte man bemerkt haben, daß er ſeine kloͤſterlichen Pflichten minder ſorgſam erfuͤlle: im Jahr 1542 ward man auch an ſeinen Predigten irre. Auf das ſchneidendſte behauptete er die Lehre, daß der Glaube allein rechtfertige; nach einer Stelle Auguſtins rief er aus, „der dich ohne dich geſchaffen, wird er dich nicht ohne dich ſelig machen?“ Seine Erklaͤrungen uͤber das Fegefeuer ſchienen nicht ſehr orthodox. Schon der Nunzius zu Venedig verbot ihm auf ein paar Tage die Kanzel: hierauf ward er nach Rom citirt; er war bereits bis Bologna, bis Florenz gekommen, als er, wahrſcheinlich aus Furcht vor der eben errichteten Inquiſition, zu fliehen beſchloß. Nicht uͤbel laͤßt ihn

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/234>, abgerufen am 21.11.2024.