einmal mit dem verlorenen Sohn des Evangeliums, aber im Kreise seiner Vertrauten rühmte er nur solche Päpste, welche französische Könige zu Kaisern zu machen beabsich- tigt hatten 1). Sein Sinn war der alte: aber die Um- stände engten ihn ein: er konnte nichts mehr hoffen noch unternehmen: selbst beklagen durfte er sich nur insgeheim.
Sich der Wirkung der vollzogenen Begebenheit wider- setzen zu wollen, ist jedoch allemal vergeblich. Auch auf Paul IV. übte sie nach einiger Zeit eine Rückwirkung aus, welche wie für seine Verwaltung, so für die Umwandlung dieses päpstlichen Wesens überhaupt von der größten Wich- tigkeit ist.
Sein Nepotismus beruhte nicht auf der Selbstsucht und Familien-Neigung früherer Päpste: er begünstigte seine Nepoten, weil sie seine Richtung gegen Spanien unterstütz- ten: er betrachtete sie als seine natürlichen Gehülfen in diesem Kampfe. Daß es nun mit demselben zu Ende ge- gangen, machte ihm auch die Nepoten unnütz. Glückliche Erfolge gehören zu jeder ausgezeichneten, am meisten zu einer nicht ganz gesetzmäßigen Stellung. Cardinal Caraffa unternahm noch vornehmlich im Interesse seines Hauses, um jene Entschädigung für Palliano festzusetzen, eine Gesandt- schaft an König Philipp. Seit er auch von dieser zurück- gekommen war, ohne eben viel ausgerichtet zu haben, sah
1)L'evesque d'Angouleme au roy 11 Juin 1558. Ribier II, 745. Der Papst habe gesagt, que vous Sire n'estiez pas pour degenerer de vos predecesseurs qui avoient toujours ete conser- vateurs et defenseurs de ce saint siege, comme au contraire, que le roy Philippe tenoit de race de le vouloir ruiner et confondre entierement.
PaulIV.
einmal mit dem verlorenen Sohn des Evangeliums, aber im Kreiſe ſeiner Vertrauten ruͤhmte er nur ſolche Paͤpſte, welche franzoͤſiſche Koͤnige zu Kaiſern zu machen beabſich- tigt hatten 1). Sein Sinn war der alte: aber die Um- ſtaͤnde engten ihn ein: er konnte nichts mehr hoffen noch unternehmen: ſelbſt beklagen durfte er ſich nur insgeheim.
Sich der Wirkung der vollzogenen Begebenheit wider- ſetzen zu wollen, iſt jedoch allemal vergeblich. Auch auf Paul IV. uͤbte ſie nach einiger Zeit eine Ruͤckwirkung aus, welche wie fuͤr ſeine Verwaltung, ſo fuͤr die Umwandlung dieſes paͤpſtlichen Weſens uͤberhaupt von der groͤßten Wich- tigkeit iſt.
Sein Nepotismus beruhte nicht auf der Selbſtſucht und Familien-Neigung fruͤherer Paͤpſte: er beguͤnſtigte ſeine Nepoten, weil ſie ſeine Richtung gegen Spanien unterſtuͤtz- ten: er betrachtete ſie als ſeine natuͤrlichen Gehuͤlfen in dieſem Kampfe. Daß es nun mit demſelben zu Ende ge- gangen, machte ihm auch die Nepoten unnuͤtz. Gluͤckliche Erfolge gehoͤren zu jeder ausgezeichneten, am meiſten zu einer nicht ganz geſetzmaͤßigen Stellung. Cardinal Caraffa unternahm noch vornehmlich im Intereſſe ſeines Hauſes, um jene Entſchaͤdigung fuͤr Palliano feſtzuſetzen, eine Geſandt- ſchaft an Koͤnig Philipp. Seit er auch von dieſer zuruͤck- gekommen war, ohne eben viel ausgerichtet zu haben, ſah
1)L’évesque d’Angoulême au roy 11 Juin 1558. Ribier II, 745. Der Papſt habe geſagt, que vous Sire n’estiez pas pour dégénérer de vos prédécesseurs qui avoient toujours été conser- vateurs et défenseurs de ce saint siège, comme au contraire, que le roy Philippe tenoit de race de le vouloir ruiner et confondre entièrement.
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Paul IV.
einmal mit dem verlorenen Sohn des Evangeliums, aber
im Kreiſe ſeiner Vertrauten ruͤhmte er nur ſolche Paͤpſte,
welche franzoͤſiſche Koͤnige zu Kaiſern zu machen beabſich-
tigt hatten 1). Sein Sinn war der alte: aber die Um-
ſtaͤnde engten ihn ein: er konnte nichts mehr hoffen noch
unternehmen: ſelbſt beklagen durfte er ſich nur insgeheim.
Sich der Wirkung der vollzogenen Begebenheit wider-
ſetzen zu wollen, iſt jedoch allemal vergeblich. Auch auf
Paul IV. uͤbte ſie nach einiger Zeit eine Ruͤckwirkung aus,
welche wie fuͤr ſeine Verwaltung, ſo fuͤr die Umwandlung
dieſes paͤpſtlichen Weſens uͤberhaupt von der groͤßten Wich-
tigkeit iſt.
Sein Nepotismus beruhte nicht auf der Selbſtſucht
und Familien-Neigung fruͤherer Paͤpſte: er beguͤnſtigte ſeine
Nepoten, weil ſie ſeine Richtung gegen Spanien unterſtuͤtz-
ten: er betrachtete ſie als ſeine natuͤrlichen Gehuͤlfen in
dieſem Kampfe. Daß es nun mit demſelben zu Ende ge-
gangen, machte ihm auch die Nepoten unnuͤtz. Gluͤckliche
Erfolge gehoͤren zu jeder ausgezeichneten, am meiſten zu
einer nicht ganz geſetzmaͤßigen Stellung. Cardinal Caraffa
unternahm noch vornehmlich im Intereſſe ſeines Hauſes, um
jene Entſchaͤdigung fuͤr Palliano feſtzuſetzen, eine Geſandt-
ſchaft an Koͤnig Philipp. Seit er auch von dieſer zuruͤck-
gekommen war, ohne eben viel ausgerichtet zu haben, ſah
1) L’évesque d’Angoulême au roy 11 Juin 1558. Ribier II,
745. Der Papſt habe geſagt, que vous Sire n’estiez pas pour
dégénérer de vos prédécesseurs qui avoient toujours été conser-
vateurs et défenseurs de ce saint siège, comme au contraire, que
le roy Philippe tenoit de race de le vouloir ruiner et confondre
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/323>, abgerufen am 25.06.2024.
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