Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.
testantismus zu werfen. Sie that es auf das entschlos-
senste. Es gelang ihr, ein Parlament mit einer protestan-
tischen Majorität zu Stande zu bringen 1), durch welches
in wenigen Monaten alle Veränderungen getroffen wurden,
die den Charakter der englischen Kirche wesentlich aus-
machen.

Von dieser Wendung der Dinge ward denn auch
Schottland mit Nothwendigkeit betroffen. Den Fortschrit-
ten der katholisch-französischen Partei setzte sich hier eine na-
tionale, protestantische entgegen. Elisabeth zauderte nicht
sich mit der letzten zu verbinden. Hat doch der spanische
Botschafter selbst sie darin bestärkt! 2) Der Bund von
Berwick, den sie mit der schottischen Opposition schloß, gab
dieser das Uebergewicht. Noch ehe Maria Stuart ihr Kö-
nigreich betrat, mußte sie nicht allein auf den Titel von
England verzichten, sondern auch die Beschlüsse eines im
protestantischen Sinne versammelten Parlaments bestätigen,
Beschlüsse, von denen einer die Messe bei Todesstrafe ab-
schaffte.

Und so war es zum guten Theil eine Reaction gegen
die von dem Papste begünstigten französischen Ansprüche,
was den Sieg des Protestantismus in Großbritannien auf
immer feststellte.

Nicht etwa als ob die innern Antriebe der Protestan-
tischgesinnten von diesen politischen Bewegungen abgehan-
gen hätten; sie hatten eine bei weitem tiefere Begründung;

1) Neal: History of the Puritans I, 126. The court took
such mesures, about elections, as seldom fail of success.
2) Camden: Rerum Anglicarum Annales p. 37.

Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
teſtantismus zu werfen. Sie that es auf das entſchloſ-
ſenſte. Es gelang ihr, ein Parlament mit einer proteſtan-
tiſchen Majoritaͤt zu Stande zu bringen 1), durch welches
in wenigen Monaten alle Veraͤnderungen getroffen wurden,
die den Charakter der engliſchen Kirche weſentlich aus-
machen.

Von dieſer Wendung der Dinge ward denn auch
Schottland mit Nothwendigkeit betroffen. Den Fortſchrit-
ten der katholiſch-franzoͤſiſchen Partei ſetzte ſich hier eine na-
tionale, proteſtantiſche entgegen. Eliſabeth zauderte nicht
ſich mit der letzten zu verbinden. Hat doch der ſpaniſche
Botſchafter ſelbſt ſie darin beſtaͤrkt! 2) Der Bund von
Berwick, den ſie mit der ſchottiſchen Oppoſition ſchloß, gab
dieſer das Uebergewicht. Noch ehe Maria Stuart ihr Koͤ-
nigreich betrat, mußte ſie nicht allein auf den Titel von
England verzichten, ſondern auch die Beſchluͤſſe eines im
proteſtantiſchen Sinne verſammelten Parlaments beſtaͤtigen,
Beſchluͤſſe, von denen einer die Meſſe bei Todesſtrafe ab-
ſchaffte.

Und ſo war es zum guten Theil eine Reaction gegen
die von dem Papſte beguͤnſtigten franzoͤſiſchen Anſpruͤche,
was den Sieg des Proteſtantismus in Großbritannien auf
immer feſtſtellte.

Nicht etwa als ob die innern Antriebe der Proteſtan-
tiſchgeſinnten von dieſen politiſchen Bewegungen abgehan-
gen haͤtten; ſie hatten eine bei weitem tiefere Begruͤndung;

1) Neal: History of the Puritans I, 126. The court took
such mesures, about elections, as seldom fail of success.
2) Camden: Rerum Anglicarum Annales p. 37.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0338" n="312"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Die Pa&#x0364;p&#x017F;te um d. Mitte d. 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/>
te&#x017F;tantismus zu werfen. Sie that es auf das ent&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;te. Es gelang ihr, ein Parlament mit einer prote&#x017F;tan-<lb/>
ti&#x017F;chen Majorita&#x0364;t zu Stande zu bringen <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Neal: History of the Puritans I, 126. The court took<lb/>
such mesures, about elections, as seldom fail of success.</hi></note>, durch welches<lb/>
in wenigen Monaten alle Vera&#x0364;nderungen getroffen wurden,<lb/>
die den Charakter der engli&#x017F;chen Kirche we&#x017F;entlich aus-<lb/>
machen.</p><lb/>
            <p>Von die&#x017F;er Wendung der Dinge ward denn auch<lb/>
Schottland mit Nothwendigkeit betroffen. Den Fort&#x017F;chrit-<lb/>
ten der katholi&#x017F;ch-franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Partei &#x017F;etzte &#x017F;ich hier eine na-<lb/>
tionale, prote&#x017F;tanti&#x017F;che entgegen. Eli&#x017F;abeth zauderte nicht<lb/>
&#x017F;ich mit der letzten zu verbinden. Hat doch der &#x017F;pani&#x017F;che<lb/>
Bot&#x017F;chafter &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ie darin be&#x017F;ta&#x0364;rkt! <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Camden: Rerum Anglicarum Annales p.</hi> 37.</note> Der Bund von<lb/>
Berwick, den &#x017F;ie mit der &#x017F;chotti&#x017F;chen Oppo&#x017F;ition &#x017F;chloß, gab<lb/>
die&#x017F;er das Uebergewicht. Noch ehe Maria Stuart ihr Ko&#x0364;-<lb/>
nigreich betrat, mußte &#x017F;ie nicht allein auf den Titel von<lb/>
England verzichten, &#x017F;ondern auch die Be&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e eines im<lb/>
prote&#x017F;tanti&#x017F;chen Sinne ver&#x017F;ammelten Parlaments be&#x017F;ta&#x0364;tigen,<lb/>
Be&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, von denen einer die Me&#x017F;&#x017F;e bei Todes&#x017F;trafe ab-<lb/>
&#x017F;chaffte.</p><lb/>
            <p>Und &#x017F;o war es zum guten Theil eine Reaction gegen<lb/>
die von dem Pap&#x017F;te begu&#x0364;n&#x017F;tigten franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen An&#x017F;pru&#x0364;che,<lb/>
was den Sieg des Prote&#x017F;tantismus in Großbritannien auf<lb/>
immer fe&#x017F;t&#x017F;tellte.</p><lb/>
            <p>Nicht etwa als ob die innern Antriebe der Prote&#x017F;tan-<lb/>
ti&#x017F;chge&#x017F;innten von die&#x017F;en politi&#x017F;chen Bewegungen abgehan-<lb/>
gen ha&#x0364;tten; &#x017F;ie hatten eine bei weitem tiefere Begru&#x0364;ndung;<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0338] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. teſtantismus zu werfen. Sie that es auf das entſchloſ- ſenſte. Es gelang ihr, ein Parlament mit einer proteſtan- tiſchen Majoritaͤt zu Stande zu bringen 1), durch welches in wenigen Monaten alle Veraͤnderungen getroffen wurden, die den Charakter der engliſchen Kirche weſentlich aus- machen. Von dieſer Wendung der Dinge ward denn auch Schottland mit Nothwendigkeit betroffen. Den Fortſchrit- ten der katholiſch-franzoͤſiſchen Partei ſetzte ſich hier eine na- tionale, proteſtantiſche entgegen. Eliſabeth zauderte nicht ſich mit der letzten zu verbinden. Hat doch der ſpaniſche Botſchafter ſelbſt ſie darin beſtaͤrkt! 2) Der Bund von Berwick, den ſie mit der ſchottiſchen Oppoſition ſchloß, gab dieſer das Uebergewicht. Noch ehe Maria Stuart ihr Koͤ- nigreich betrat, mußte ſie nicht allein auf den Titel von England verzichten, ſondern auch die Beſchluͤſſe eines im proteſtantiſchen Sinne verſammelten Parlaments beſtaͤtigen, Beſchluͤſſe, von denen einer die Meſſe bei Todesſtrafe ab- ſchaffte. Und ſo war es zum guten Theil eine Reaction gegen die von dem Papſte beguͤnſtigten franzoͤſiſchen Anſpruͤche, was den Sieg des Proteſtantismus in Großbritannien auf immer feſtſtellte. Nicht etwa als ob die innern Antriebe der Proteſtan- tiſchgeſinnten von dieſen politiſchen Bewegungen abgehan- gen haͤtten; ſie hatten eine bei weitem tiefere Begruͤndung; 1) Neal: History of the Puritans I, 126. The court took such mesures, about elections, as seldom fail of success. 2) Camden: Rerum Anglicarum Annales p. 37.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/338
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/338>, abgerufen am 24.11.2024.