deutschen Aberglauben, daß die Götter einigen Oertern nä- her seyen als andern, auf Rom und die christlichen Heili- gen über.
Diese Richtung der Insel nun entwickelte eine unbe- rechenbare Wirkung auf das feste Land und die fränkischen Gebiete. Der Apostel der Deutschen war ein Angelsachse. Bonifacius, erfüllt wie er war von der Verehrung seiner Nation für St. Peter und dessen Nachfolger, leistete von allem Anfang das Versprechen, sich treulich an die Einrichtungen des römischen Stuhles zu halten. Auf das strengste kam er dieser Zusage nach. Der deutschen Kirche, die er stiftete, legte er einen ungewöhnlichen Gehorsam auf. Die Bischöfe mußten ausdrücklich geloben, gegen die römische Kirche, den h. Peter und dessen Stellvertreter bis ans Ende ihres Lebens in Unterwürfigkeit zu verharren. Und nicht allein die Deut- schen wies er hierzu an. Die Bischöfe von Gallien hat- ten bisher eine gewisse Unabhängigkeit von Rom behauptet. Bonifacius, welcher die Synoden derselben einige Mal zu leiten bekam, fand dabei Gelegenheit, auch diesen westli- chen Theil der fränkischen Kirche nach denselben Ideen ein- zurichten --; die gallischen Erzbischöfe nahmen seitdem ihr Pallium von Rom. Ueber das gesammte fränkische Reich breitete sich dergestalt die angelsächsische Unterwürfigkeit aus. Das Haus von Heristall, das wir schon früh mit Rom in gutem Vernehmen finden, begünstigte diese Entwickelung 1);
1)Bonifacii Epistolae; ep. 12. ad Danielem episc. Sine patrocinio principis Francorum nec populum regere nec pres- byteros vel diaconos monachos vel ancillas dei defendere pos- sum nec ipsos paganorum ritus et sacrilegia idolorum in Ger- mania sine illius mandato et timore prohibere valeo.
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Das Papſtthum u. das fraͤnkiſche Reich.
deutſchen Aberglauben, daß die Goͤtter einigen Oertern naͤ- her ſeyen als andern, auf Rom und die chriſtlichen Heili- gen uͤber.
Dieſe Richtung der Inſel nun entwickelte eine unbe- rechenbare Wirkung auf das feſte Land und die fraͤnkiſchen Gebiete. Der Apoſtel der Deutſchen war ein Angelſachſe. Bonifacius, erfuͤllt wie er war von der Verehrung ſeiner Nation fuͤr St. Peter und deſſen Nachfolger, leiſtete von allem Anfang das Verſprechen, ſich treulich an die Einrichtungen des roͤmiſchen Stuhles zu halten. Auf das ſtrengſte kam er dieſer Zuſage nach. Der deutſchen Kirche, die er ſtiftete, legte er einen ungewoͤhnlichen Gehorſam auf. Die Biſchoͤfe mußten ausdruͤcklich geloben, gegen die roͤmiſche Kirche, den h. Peter und deſſen Stellvertreter bis ans Ende ihres Lebens in Unterwuͤrfigkeit zu verharren. Und nicht allein die Deut- ſchen wies er hierzu an. Die Biſchoͤfe von Gallien hat- ten bisher eine gewiſſe Unabhaͤngigkeit von Rom behauptet. Bonifacius, welcher die Synoden derſelben einige Mal zu leiten bekam, fand dabei Gelegenheit, auch dieſen weſtli- chen Theil der fraͤnkiſchen Kirche nach denſelben Ideen ein- zurichten —; die galliſchen Erzbiſchoͤfe nahmen ſeitdem ihr Pallium von Rom. Ueber das geſammte fraͤnkiſche Reich breitete ſich dergeſtalt die angelſaͤchſiſche Unterwuͤrfigkeit aus. Das Haus von Heriſtall, das wir ſchon fruͤh mit Rom in gutem Vernehmen finden, beguͤnſtigte dieſe Entwickelung 1);
1)Bonifacii Epistolae; ep. 12. ad Danielem episc. Sine patrocinio principis Francorum nec populum regere nec pres- byteros vel diaconos monachos vel ancillas dei defendere pos- sum nec ipsos paganorum ritus et sacrilegia idolorum in Ger- mania sine illius mandato et timore prohibere valeo.
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Das Papſtthum u. das fraͤnkiſche Reich.
deutſchen Aberglauben, daß die Goͤtter einigen Oertern naͤ-
her ſeyen als andern, auf Rom und die chriſtlichen Heili-
gen uͤber.
Dieſe Richtung der Inſel nun entwickelte eine unbe-
rechenbare Wirkung auf das feſte Land und die fraͤnkiſchen
Gebiete. Der Apoſtel der Deutſchen war ein Angelſachſe.
Bonifacius, erfuͤllt wie er war von der Verehrung ſeiner
Nation fuͤr St. Peter und deſſen Nachfolger, leiſtete von allem
Anfang das Verſprechen, ſich treulich an die Einrichtungen
des roͤmiſchen Stuhles zu halten. Auf das ſtrengſte kam
er dieſer Zuſage nach. Der deutſchen Kirche, die er ſtiftete,
legte er einen ungewoͤhnlichen Gehorſam auf. Die Biſchoͤfe
mußten ausdruͤcklich geloben, gegen die roͤmiſche Kirche, den
h. Peter und deſſen Stellvertreter bis ans Ende ihres Lebens
in Unterwuͤrfigkeit zu verharren. Und nicht allein die Deut-
ſchen wies er hierzu an. Die Biſchoͤfe von Gallien hat-
ten bisher eine gewiſſe Unabhaͤngigkeit von Rom behauptet.
Bonifacius, welcher die Synoden derſelben einige Mal zu
leiten bekam, fand dabei Gelegenheit, auch dieſen weſtli-
chen Theil der fraͤnkiſchen Kirche nach denſelben Ideen ein-
zurichten —; die galliſchen Erzbiſchoͤfe nahmen ſeitdem ihr
Pallium von Rom. Ueber das geſammte fraͤnkiſche Reich
breitete ſich dergeſtalt die angelſaͤchſiſche Unterwuͤrfigkeit aus.
Das Haus von Heriſtall, das wir ſchon fruͤh mit Rom in
gutem Vernehmen finden, beguͤnſtigte dieſe Entwickelung 1);
1) Bonifacii Epistolae; ep. 12. ad Danielem episc. Sine
patrocinio principis Francorum nec populum regere nec pres-
byteros vel diaconos monachos vel ancillas dei defendere pos-
sum nec ipsos paganorum ritus et sacrilegia idolorum in Ger-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/43>, abgerufen am 03.02.2025.
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