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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch IV. Staat und Hof.
Prätensionen und ehrgeizigen Absichten, und verachtete alle
anderen.

Es war nichts was nicht ein Jeder begehrt hätte.
Mit Vergnügen erinnerte man sich, daß Johann XXIII.,
als man ihn fragte, weshalb er nach Rom gehe, geant-
wortet hatte, er wolle Papst werden, und daß er es ge-
worden war. So eben waren Pius V. und Sixtus V.
aus dem geringsten Stande zu der obersten Würde empor-
gekommen. Ein Jeder hielt sich zu allem fähig und hoffte
auf alles.

Man hat damals oft bemerkt, und es ist vollkommen
wahr, daß Prälatur und Curie etwas Republikanisches
hatten; es lag eben darin, daß Alle Anspruch machen konn-
ten an Alles, daß man fortwährend von geringem Anfang
zu den höchsten Würden stieg: allein die sonderbarste Ver-
fassung hatte doch diese Republik: der allgemeinen Berech-
tigung stand die absolute Gewalt eines Einzelnen gegen-
über, von dessen Willkühr jede Begabung, jede Beförde-
rung abhing. Und wer war alsdann Dieser? Es war
Der, welcher durch eine schlechthin unberechenbare Combi-
nation aus den Kämpfen der Wahl als Sieger hervor-
ging. Wenig bedeutend bisher, bekam er plötzlich die Fülle
der Macht in seine Hand. Seine Persönlichkeit konnte er
sich um so weniger veranlaßt fühlen zu verläugnen, da
er der Ueberzeugung lebte, durch eine Einwirkung des hei-
ligen Geistes zu der höchsten Würde erkoren worden zu
seyn. In der Regel begann er gleich mit einer durchgrei-
fenden Veränderung. Alle Legaten, alle Governatoren in
den Provinzen wechselten. In der Hauptstadt gab es

Buch IV. Staat und Hof.
Praͤtenſionen und ehrgeizigen Abſichten, und verachtete alle
anderen.

Es war nichts was nicht ein Jeder begehrt haͤtte.
Mit Vergnuͤgen erinnerte man ſich, daß Johann XXIII.,
als man ihn fragte, weshalb er nach Rom gehe, geant-
wortet hatte, er wolle Papſt werden, und daß er es ge-
worden war. So eben waren Pius V. und Sixtus V.
aus dem geringſten Stande zu der oberſten Wuͤrde empor-
gekommen. Ein Jeder hielt ſich zu allem faͤhig und hoffte
auf alles.

Man hat damals oft bemerkt, und es iſt vollkommen
wahr, daß Praͤlatur und Curie etwas Republikaniſches
hatten; es lag eben darin, daß Alle Anſpruch machen konn-
ten an Alles, daß man fortwaͤhrend von geringem Anfang
zu den hoͤchſten Wuͤrden ſtieg: allein die ſonderbarſte Ver-
faſſung hatte doch dieſe Republik: der allgemeinen Berech-
tigung ſtand die abſolute Gewalt eines Einzelnen gegen-
uͤber, von deſſen Willkuͤhr jede Begabung, jede Befoͤrde-
rung abhing. Und wer war alsdann Dieſer? Es war
Der, welcher durch eine ſchlechthin unberechenbare Combi-
nation aus den Kaͤmpfen der Wahl als Sieger hervor-
ging. Wenig bedeutend bisher, bekam er ploͤtzlich die Fuͤlle
der Macht in ſeine Hand. Seine Perſoͤnlichkeit konnte er
ſich um ſo weniger veranlaßt fuͤhlen zu verlaͤugnen, da
er der Ueberzeugung lebte, durch eine Einwirkung des hei-
ligen Geiſtes zu der hoͤchſten Wuͤrde erkoren worden zu
ſeyn. In der Regel begann er gleich mit einer durchgrei-
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[508/0534] Buch IV. Staat und Hof. Praͤtenſionen und ehrgeizigen Abſichten, und verachtete alle anderen. Es war nichts was nicht ein Jeder begehrt haͤtte. Mit Vergnuͤgen erinnerte man ſich, daß Johann XXIII., als man ihn fragte, weshalb er nach Rom gehe, geant- wortet hatte, er wolle Papſt werden, und daß er es ge- worden war. So eben waren Pius V. und Sixtus V. aus dem geringſten Stande zu der oberſten Wuͤrde empor- gekommen. Ein Jeder hielt ſich zu allem faͤhig und hoffte auf alles. Man hat damals oft bemerkt, und es iſt vollkommen wahr, daß Praͤlatur und Curie etwas Republikaniſches hatten; es lag eben darin, daß Alle Anſpruch machen konn- ten an Alles, daß man fortwaͤhrend von geringem Anfang zu den hoͤchſten Wuͤrden ſtieg: allein die ſonderbarſte Ver- faſſung hatte doch dieſe Republik: der allgemeinen Berech- tigung ſtand die abſolute Gewalt eines Einzelnen gegen- uͤber, von deſſen Willkuͤhr jede Begabung, jede Befoͤrde- rung abhing. Und wer war alsdann Dieſer? Es war Der, welcher durch eine ſchlechthin unberechenbare Combi- nation aus den Kaͤmpfen der Wahl als Sieger hervor- ging. Wenig bedeutend bisher, bekam er ploͤtzlich die Fuͤlle der Macht in ſeine Hand. Seine Perſoͤnlichkeit konnte er ſich um ſo weniger veranlaßt fuͤhlen zu verlaͤugnen, da er der Ueberzeugung lebte, durch eine Einwirkung des hei- ligen Geiſtes zu der hoͤchſten Wuͤrde erkoren worden zu ſeyn. In der Regel begann er gleich mit einer durchgrei- fenden Veraͤnderung. Alle Legaten, alle Governatoren in den Provinzen wechſelten. In der Hauptſtadt gab es

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/534>, abgerufen am 27.11.2024.