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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Absolution Heinrichs IV.

Der Mensch hat in der Regel nur Gefühl für seine
persönliche Stellung. Die römische Curie weiß nur was
ihr selber frommt: eine wahre Theilnahme an dem Schick-
sale von Frankreich finden wir nicht bei ihr.

Zwar kennen wir diesen Papst genug um zu glauben,
daß er die Anhänger Heinrichs nicht ganz von sich gesto-
ßen haben wird, jetzt noch viel weniger als früher, da
sie um so vieles mächtiger waren. Einem geheimen Agen-
ten gab er vielmehr die Versicherung, der König möge sich
nur erst vollkommen katholisch zeigen, dann werde es an
einer Absolution nicht fehlen. Es bezeichnet ihn, daß er,
der öffentlich so entschieden ablehnte an der Rückkehr des
Königs zum katholischen Glauben Antheil zu nehmen, den
Großherzog von Toscana insgeheim wissen ließ, bei alle
dem könne er nichts dagegen haben, was der Clerus in
Frankreich thun wolle. Auch jetzt mußte der Großherzog
den Oberhäuptern der katholischen Royalisten begütigende
Erklärungen des Papstes mittheilen 1). Aber mit alle dem
sorgte er eigentlich nur für seine eigene Zukunft: in Frank-
reich gingen deshalb doch die Dinge wie sie konnten.

Der Stillstand war abgelaufen: das Schwert ward
wieder gezogen: es kam nochmals auf das Kriegsglück an.

Jetzt aber entschied sich die Ueberlegenheit Heinrichs IV.

tes: Discours de ce que fit mr de Nevers a son voyage de Rome
en l'annee 1593
und Discours de la legation de mr le duc de
Nevers:
beide im zweiten Bande der angeführten Memoiren von
Nevers, die erste ziemlich wörtlich bei Cayet. Auszüge bei Thuan,
Davila und neuerdings, gleich als aus unbekannten Acten gezogen,
bei Capefigue.
1) Davila lib. XIV, p. 939.
Abſolution Heinrichs IV.

Der Menſch hat in der Regel nur Gefuͤhl fuͤr ſeine
perſoͤnliche Stellung. Die roͤmiſche Curie weiß nur was
ihr ſelber frommt: eine wahre Theilnahme an dem Schick-
ſale von Frankreich finden wir nicht bei ihr.

Zwar kennen wir dieſen Papſt genug um zu glauben,
daß er die Anhaͤnger Heinrichs nicht ganz von ſich geſto-
ßen haben wird, jetzt noch viel weniger als fruͤher, da
ſie um ſo vieles maͤchtiger waren. Einem geheimen Agen-
ten gab er vielmehr die Verſicherung, der Koͤnig moͤge ſich
nur erſt vollkommen katholiſch zeigen, dann werde es an
einer Abſolution nicht fehlen. Es bezeichnet ihn, daß er,
der oͤffentlich ſo entſchieden ablehnte an der Ruͤckkehr des
Koͤnigs zum katholiſchen Glauben Antheil zu nehmen, den
Großherzog von Toscana insgeheim wiſſen ließ, bei alle
dem koͤnne er nichts dagegen haben, was der Clerus in
Frankreich thun wolle. Auch jetzt mußte der Großherzog
den Oberhaͤuptern der katholiſchen Royaliſten beguͤtigende
Erklaͤrungen des Papſtes mittheilen 1). Aber mit alle dem
ſorgte er eigentlich nur fuͤr ſeine eigene Zukunft: in Frank-
reich gingen deshalb doch die Dinge wie ſie konnten.

Der Stillſtand war abgelaufen: das Schwert ward
wieder gezogen: es kam nochmals auf das Kriegsgluͤck an.

Jetzt aber entſchied ſich die Ueberlegenheit Heinrichs IV.

tes: Discours de ce que fit mr de Nevers a son voyage de Rome
en l’année 1593
und Discours de la legation de mr le duc de
Nevers:
beide im zweiten Bande der angefuͤhrten Memoiren von
Nevers, die erſte ziemlich woͤrtlich bei Cayet. Auszuͤge bei Thuan,
Davila und neuerdings, gleich als aus unbekannten Acten gezogen,
bei Capefigue.
1) Davila lib. XIV, p. 939.
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[247/0259] Abſolution Heinrichs IV. Der Menſch hat in der Regel nur Gefuͤhl fuͤr ſeine perſoͤnliche Stellung. Die roͤmiſche Curie weiß nur was ihr ſelber frommt: eine wahre Theilnahme an dem Schick- ſale von Frankreich finden wir nicht bei ihr. Zwar kennen wir dieſen Papſt genug um zu glauben, daß er die Anhaͤnger Heinrichs nicht ganz von ſich geſto- ßen haben wird, jetzt noch viel weniger als fruͤher, da ſie um ſo vieles maͤchtiger waren. Einem geheimen Agen- ten gab er vielmehr die Verſicherung, der Koͤnig moͤge ſich nur erſt vollkommen katholiſch zeigen, dann werde es an einer Abſolution nicht fehlen. Es bezeichnet ihn, daß er, der oͤffentlich ſo entſchieden ablehnte an der Ruͤckkehr des Koͤnigs zum katholiſchen Glauben Antheil zu nehmen, den Großherzog von Toscana insgeheim wiſſen ließ, bei alle dem koͤnne er nichts dagegen haben, was der Clerus in Frankreich thun wolle. Auch jetzt mußte der Großherzog den Oberhaͤuptern der katholiſchen Royaliſten beguͤtigende Erklaͤrungen des Papſtes mittheilen 1). Aber mit alle dem ſorgte er eigentlich nur fuͤr ſeine eigene Zukunft: in Frank- reich gingen deshalb doch die Dinge wie ſie konnten. Der Stillſtand war abgelaufen: das Schwert ward wieder gezogen: es kam nochmals auf das Kriegsgluͤck an. Jetzt aber entſchied ſich die Ueberlegenheit Heinrichs IV. 1) 1) Davila lib. XIV, p. 939. 1) tes: Discours de ce que fit mr de Nevers a son voyage de Rome en l’année 1593 und Discours de la legation de mr le duc de Nevers: beide im zweiten Bande der angefuͤhrten Memoiren von Nevers, die erſte ziemlich woͤrtlich bei Cayet. Auszuͤge bei Thuan, Davila und neuerdings, gleich als aus unbekannten Acten gezogen, bei Capefigue.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/259>, abgerufen am 22.11.2024.