Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.Buch VI. Innere Streitigkeiten. nicht weiter heraus: der ältern ohne alle Zurückhaltung:er vergleicht sie mit der vollen duftenden Rose, der das minder frische Alter ihren Reiz nicht entrissen, u. s. w. Neben ihnen erscheinen auch andere Damen: Barbara San- severina und ihre Tochter Leonora Sanvitale: Tasso hat die ruhige Zuversicht der Mutter, den heitern Reiz jugendlicher Schönheit in der Tochter unübertrefflich geschildert: kein Bildniß könnte sie besser vergegenwärtigen. Es folgen die Lustschlösser die man besucht, die Jagden und die Spiele die man anstellt, das ganze Thun und Treiben in dem man sich ergeht; wer kann sich des Eindrucks erwehren, den diese in vollem reichem Wohllaut daherströmende Beschrei- bung hervorbringt. Jedoch diesem Eindruck darf man sich nicht ganz über- Jene Scenen der Poesie und des Spieles wurden zu- Es war ein Gonzaga ermordet worden. Jedermann Buch VI. Innere Streitigkeiten. nicht weiter heraus: der aͤltern ohne alle Zuruͤckhaltung:er vergleicht ſie mit der vollen duftenden Roſe, der das minder friſche Alter ihren Reiz nicht entriſſen, u. ſ. w. Neben ihnen erſcheinen auch andere Damen: Barbara San- ſeverina und ihre Tochter Leonora Sanvitale: Taſſo hat die ruhige Zuverſicht der Mutter, den heitern Reiz jugendlicher Schoͤnheit in der Tochter unuͤbertrefflich geſchildert: kein Bildniß koͤnnte ſie beſſer vergegenwaͤrtigen. Es folgen die Luſtſchloͤſſer die man beſucht, die Jagden und die Spiele die man anſtellt, das ganze Thun und Treiben in dem man ſich ergeht; wer kann ſich des Eindrucks erwehren, den dieſe in vollem reichem Wohllaut daherſtroͤmende Beſchrei- bung hervorbringt. Jedoch dieſem Eindruck darf man ſich nicht ganz uͤber- Jene Scenen der Poeſie und des Spieles wurden zu- Es war ein Gonzaga ermordet worden. Jedermann <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0274" n="262"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VI.</hi><hi rendition="#g">Innere Streitigkeiten</hi>.</fw><lb/> nicht weiter heraus: der aͤltern ohne alle Zuruͤckhaltung:<lb/> er vergleicht ſie mit der vollen duftenden Roſe, der das<lb/> minder friſche Alter ihren Reiz nicht entriſſen, u. ſ. w.<lb/> Neben ihnen erſcheinen auch andere Damen: Barbara San-<lb/> ſeverina und ihre Tochter Leonora Sanvitale: Taſſo hat die<lb/> ruhige Zuverſicht der Mutter, den heitern Reiz jugendlicher<lb/> Schoͤnheit in der Tochter unuͤbertrefflich geſchildert: kein<lb/> Bildniß koͤnnte ſie beſſer vergegenwaͤrtigen. Es folgen die<lb/> Luſtſchloͤſſer die man beſucht, die Jagden und die Spiele<lb/> die man anſtellt, das ganze Thun und Treiben in dem man<lb/> ſich ergeht; wer kann ſich des Eindrucks erwehren, den<lb/> dieſe in vollem reichem Wohllaut daherſtroͤmende Beſchrei-<lb/> bung hervorbringt.</p><lb/> <p>Jedoch dieſem Eindruck darf man ſich nicht ganz uͤber-<lb/> laſſen. Dieſelbe Gewalt, die das Land in ſo vollkommenem<lb/> Gehorſam hielt, machte ſich auch an dem Hofe fuͤhlbar.</p><lb/> <p>Jene Scenen der Poeſie und des Spieles wurden zu-<lb/> weilen durch ganz andere unterbrochen. Die Vornehmen<lb/> wurden ſo wenig geſchont wie die Gemeinen.</p><lb/> <p>Es war ein Gonzaga ermordet worden. Jedermann<lb/> gab dem jungen Ercole Contrario den Mord Schuld und<lb/> wenigſtens hatten die Moͤrder auf einem Gute deſſelben Auf-<lb/> nahme gefunden. Der Herzog forderte ihre Auslieferung:<lb/> der junge Contrario, um nicht durch ſie angeklagt zu<lb/> werden, ließ ſie gleich ſelber umbringen, und nur die Leich-<lb/> name uͤberlieferte er dem Herzog. Hierauf ward er ei-<lb/> nes Tages ſelbſt an Hof beſchieden: am 2. Auguſt 1575<lb/> hatte er ſeine Audienz. Die Contrarj waren das reichſte<lb/> und aͤlteſte Geſchlecht von Ferrara: Ercole war der letzte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [262/0274]
Buch VI. Innere Streitigkeiten.
nicht weiter heraus: der aͤltern ohne alle Zuruͤckhaltung:
er vergleicht ſie mit der vollen duftenden Roſe, der das
minder friſche Alter ihren Reiz nicht entriſſen, u. ſ. w.
Neben ihnen erſcheinen auch andere Damen: Barbara San-
ſeverina und ihre Tochter Leonora Sanvitale: Taſſo hat die
ruhige Zuverſicht der Mutter, den heitern Reiz jugendlicher
Schoͤnheit in der Tochter unuͤbertrefflich geſchildert: kein
Bildniß koͤnnte ſie beſſer vergegenwaͤrtigen. Es folgen die
Luſtſchloͤſſer die man beſucht, die Jagden und die Spiele
die man anſtellt, das ganze Thun und Treiben in dem man
ſich ergeht; wer kann ſich des Eindrucks erwehren, den
dieſe in vollem reichem Wohllaut daherſtroͤmende Beſchrei-
bung hervorbringt.
Jedoch dieſem Eindruck darf man ſich nicht ganz uͤber-
laſſen. Dieſelbe Gewalt, die das Land in ſo vollkommenem
Gehorſam hielt, machte ſich auch an dem Hofe fuͤhlbar.
Jene Scenen der Poeſie und des Spieles wurden zu-
weilen durch ganz andere unterbrochen. Die Vornehmen
wurden ſo wenig geſchont wie die Gemeinen.
Es war ein Gonzaga ermordet worden. Jedermann
gab dem jungen Ercole Contrario den Mord Schuld und
wenigſtens hatten die Moͤrder auf einem Gute deſſelben Auf-
nahme gefunden. Der Herzog forderte ihre Auslieferung:
der junge Contrario, um nicht durch ſie angeklagt zu
werden, ließ ſie gleich ſelber umbringen, und nur die Leich-
name uͤberlieferte er dem Herzog. Hierauf ward er ei-
nes Tages ſelbſt an Hof beſchieden: am 2. Auguſt 1575
hatte er ſeine Audienz. Die Contrarj waren das reichſte
und aͤlteſte Geſchlecht von Ferrara: Ercole war der letzte
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