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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VI. Innere Streitigkeiten.
der kirchlichen Restauration vorzugsweise in sich darstellten,
Jesuiten, Theatiner und Capuziner machten hievon eine
Ausnahme. Die Jesuiten waren an und für sich nicht so
ganz entschlossen: sie fragten erst bei ihrem Provincial in
Ferrara, bei dem General in Rom an, und dieser wandte
sich selbst an den Papst: die Antwort Pauls V. war, sie
müßten entweder das Interdict beobachten, oder den Staub
von ihren Füßen schütteln und Venedig verlassen. Gewiß,
ein schwerer Entschluß, da man ihnen hier geradehin er-
klärte, sie würden niemals wieder zurückkommen dürfen:
aber ihr Prinzip ließ ihnen keine Wahl: auf einigen Bar-
ken begaben sie sich in das päpstliche Gebiet 1). Ihr Bei-
spiel riß die beiden andern Orden mit sich fort 2). Einen
Mittelweg, den die Theatiner vorgeschlagen, fanden die Ve-
nezianer nicht rathsam: sie wollten keine Spaltung inner-
halb ihres Landes: sie forderten entweder Gehorsam oder
Entfernung. Leicht waren die verlassenen Kirchen mit an-
dern Priestern besetzt: es ward dafür gesorgt, daß Niemand
einen Mangel spürte. Mit besonderm Pomp und unge-
wöhnlich zahlreicher Procession wurde das nächste Frohn-
leichnamsfest begangen 3).

Auf jeden Fall aber trat hiemit eine vollständige Spal-
tung ein.


1) Juvencius: Hist. soc. Jesu V, II, p. 93.
2) Wenn V. Sandi (VI, 1110) noch "i reformati di S.
Francesco"
erwähnt, so beruht dieß, so viel andere Autoren auch
diesen Irrthum theilen, nur darauf, daß die Capuziner eben refor-
mirte Franciscaner sind und von A. Morosini bei dieser Gelegenheit
so bezeichnet werden.
3) A. Maurocenus: Historia Ven. tom. III, p. 350.

Buch VI. Innere Streitigkeiten.
der kirchlichen Reſtauration vorzugsweiſe in ſich darſtellten,
Jeſuiten, Theatiner und Capuziner machten hievon eine
Ausnahme. Die Jeſuiten waren an und fuͤr ſich nicht ſo
ganz entſchloſſen: ſie fragten erſt bei ihrem Provincial in
Ferrara, bei dem General in Rom an, und dieſer wandte
ſich ſelbſt an den Papſt: die Antwort Pauls V. war, ſie
muͤßten entweder das Interdict beobachten, oder den Staub
von ihren Fuͤßen ſchuͤtteln und Venedig verlaſſen. Gewiß,
ein ſchwerer Entſchluß, da man ihnen hier geradehin er-
klaͤrte, ſie wuͤrden niemals wieder zuruͤckkommen duͤrfen:
aber ihr Prinzip ließ ihnen keine Wahl: auf einigen Bar-
ken begaben ſie ſich in das paͤpſtliche Gebiet 1). Ihr Bei-
ſpiel riß die beiden andern Orden mit ſich fort 2). Einen
Mittelweg, den die Theatiner vorgeſchlagen, fanden die Ve-
nezianer nicht rathſam: ſie wollten keine Spaltung inner-
halb ihres Landes: ſie forderten entweder Gehorſam oder
Entfernung. Leicht waren die verlaſſenen Kirchen mit an-
dern Prieſtern beſetzt: es ward dafuͤr geſorgt, daß Niemand
einen Mangel ſpuͤrte. Mit beſonderm Pomp und unge-
woͤhnlich zahlreicher Proceſſion wurde das naͤchſte Frohn-
leichnamsfeſt begangen 3).

Auf jeden Fall aber trat hiemit eine vollſtaͤndige Spal-
tung ein.


1) Juvencius: Hist. soc. Jesu V, II, p. 93.
2) Wenn V. Sandi (VI, 1110) noch „i reformati di S.
Francesco“
erwaͤhnt, ſo beruht dieß, ſo viel andere Autoren auch
dieſen Irrthum theilen, nur darauf, daß die Capuziner eben refor-
mirte Franciscaner ſind und von A. Moroſini bei dieſer Gelegenheit
ſo bezeichnet werden.
3) A. Maurocenus: Historia Ven. tom. III, p. 350.
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[344/0356] Buch VI. Innere Streitigkeiten. der kirchlichen Reſtauration vorzugsweiſe in ſich darſtellten, Jeſuiten, Theatiner und Capuziner machten hievon eine Ausnahme. Die Jeſuiten waren an und fuͤr ſich nicht ſo ganz entſchloſſen: ſie fragten erſt bei ihrem Provincial in Ferrara, bei dem General in Rom an, und dieſer wandte ſich ſelbſt an den Papſt: die Antwort Pauls V. war, ſie muͤßten entweder das Interdict beobachten, oder den Staub von ihren Fuͤßen ſchuͤtteln und Venedig verlaſſen. Gewiß, ein ſchwerer Entſchluß, da man ihnen hier geradehin er- klaͤrte, ſie wuͤrden niemals wieder zuruͤckkommen duͤrfen: aber ihr Prinzip ließ ihnen keine Wahl: auf einigen Bar- ken begaben ſie ſich in das paͤpſtliche Gebiet 1). Ihr Bei- ſpiel riß die beiden andern Orden mit ſich fort 2). Einen Mittelweg, den die Theatiner vorgeſchlagen, fanden die Ve- nezianer nicht rathſam: ſie wollten keine Spaltung inner- halb ihres Landes: ſie forderten entweder Gehorſam oder Entfernung. Leicht waren die verlaſſenen Kirchen mit an- dern Prieſtern beſetzt: es ward dafuͤr geſorgt, daß Niemand einen Mangel ſpuͤrte. Mit beſonderm Pomp und unge- woͤhnlich zahlreicher Proceſſion wurde das naͤchſte Frohn- leichnamsfeſt begangen 3). Auf jeden Fall aber trat hiemit eine vollſtaͤndige Spal- tung ein. 1) Juvencius: Hist. soc. Jesu V, II, p. 93. 2) Wenn V. Sandi (VI, 1110) noch „i reformati di S. Francesco“ erwaͤhnt, ſo beruht dieß, ſo viel andere Autoren auch dieſen Irrthum theilen, nur darauf, daß die Capuziner eben refor- mirte Franciscaner ſind und von A. Moroſini bei dieſer Gelegenheit ſo bezeichnet werden. 3) A. Maurocenus: Historia Ven. tom. III, p. 350.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/356>, abgerufen am 21.11.2024.