Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
der katholischen Restauration. Deutschland.

Welche allgemein wirksame Institute gab es aber
im Reiche, als die richterlichen? Die Einheit der Nation
knüpfte sich an dieselben. Aber auch sie waren jetzt unter
den Einfluß der katholischen Meinung, der Convenienz des
Hofes gerathen. Schon fing man auf vielen Seiten an,
über die parteiischen Urtel, die gewaltsamen Executionen
zu klagen, als bei der Sache von Donauwerth die allge-
meine Gefahr hervortrat, die von diesem Punkte aus
drohte.

Daß ein katholischer Abt in einer protestantischen Stadt,
der seine Processionen öffentlicher und feierlicher halten wollte
als herkömmlich 1), hiebei von dem Pöbel gestört und be-
schimpft worden, genügte dem Reichshofrath, um die Stadt
selbst mit einem weitaussehenden Proceß, Mandaten, Cita-
tionen, Commissariaten, heimzusuchen und endlich die Acht
über sie auszusprechen. Ein benachbarter strengkatholischer
Fürst, Maximilian von Baiern, bekam den Auftrag sie zu
vollstrecken. Er begnügte sich nicht Donauwerth zu besetzen:
auf der Stelle berief er Jesuiten herbei, erlaubte nur noch
den katholischen Gottesdienst, und schritt in gewohnter Weise
zur Gegenreformation.


consiglio, e cosi fatto si rimanda a detto consiglio tal delibe-
ratione e cosi si publica.
1) Der Bericht "wegen der Donawerdischen Execution" in
den Reichstagsacten vom 4ten Februar 1608 bemerkt (womit auch
die übrigen Relationen und Informationen übereinstimmen) der Abt
habe "allein so viel herbracht daß er mit niedergelegten und zusam-
mengewickelten Fahnen ohne Gesang und Klang und zwar allein
durch ein sonderes Gäßlein beim Kloster hinab bis ausser der Stadt
und ihrem Bezirk gangen, und die Fahnen nit eher aufrichten und
fliegen oder singen und klingen lassen, er sey denn außer deren von
Donawerth Grund." Diese Beschränkungen übertrat er nun eben.
der katholiſchen Reſtauration. Deutſchland.

Welche allgemein wirkſame Inſtitute gab es aber
im Reiche, als die richterlichen? Die Einheit der Nation
knuͤpfte ſich an dieſelben. Aber auch ſie waren jetzt unter
den Einfluß der katholiſchen Meinung, der Convenienz des
Hofes gerathen. Schon fing man auf vielen Seiten an,
uͤber die parteiiſchen Urtel, die gewaltſamen Executionen
zu klagen, als bei der Sache von Donauwerth die allge-
meine Gefahr hervortrat, die von dieſem Punkte aus
drohte.

Daß ein katholiſcher Abt in einer proteſtantiſchen Stadt,
der ſeine Proceſſionen oͤffentlicher und feierlicher halten wollte
als herkoͤmmlich 1), hiebei von dem Poͤbel geſtoͤrt und be-
ſchimpft worden, genuͤgte dem Reichshofrath, um die Stadt
ſelbſt mit einem weitausſehenden Proceß, Mandaten, Cita-
tionen, Commiſſariaten, heimzuſuchen und endlich die Acht
uͤber ſie auszuſprechen. Ein benachbarter ſtrengkatholiſcher
Fuͤrſt, Maximilian von Baiern, bekam den Auftrag ſie zu
vollſtrecken. Er begnuͤgte ſich nicht Donauwerth zu beſetzen:
auf der Stelle berief er Jeſuiten herbei, erlaubte nur noch
den katholiſchen Gottesdienſt, und ſchritt in gewohnter Weiſe
zur Gegenreformation.


consiglio, e così fatto si rimanda a detto consiglio tal delibe-
ratione e così si publica.
1) Der Bericht „wegen der Donawerdiſchen Execution“ in
den Reichstagsacten vom 4ten Februar 1608 bemerkt (womit auch
die uͤbrigen Relationen und Informationen uͤbereinſtimmen) der Abt
habe „allein ſo viel herbracht daß er mit niedergelegten und zuſam-
mengewickelten Fahnen ohne Geſang und Klang und zwar allein
durch ein ſonderes Gaͤßlein beim Kloſter hinab bis auſſer der Stadt
und ihrem Bezirk gangen, und die Fahnen nit eher aufrichten und
fliegen oder ſingen und klingen laſſen, er ſey denn außer deren von
Donawerth Grund.“ Dieſe Beſchraͤnkungen uͤbertrat er nun eben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0421" n="409"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">der katholi&#x017F;chen Re&#x017F;tauration. Deut&#x017F;chland</hi>.</fw><lb/>
            <p>Welche allgemein wirk&#x017F;ame In&#x017F;titute gab es aber<lb/>
im Reiche, als die richterlichen? Die Einheit der Nation<lb/>
knu&#x0364;pfte &#x017F;ich an die&#x017F;elben. Aber auch &#x017F;ie waren jetzt unter<lb/>
den Einfluß der katholi&#x017F;chen Meinung, der Convenienz des<lb/>
Hofes gerathen. Schon fing man auf vielen Seiten an,<lb/>
u&#x0364;ber die parteii&#x017F;chen Urtel, die gewalt&#x017F;amen Executionen<lb/>
zu klagen, als bei der Sache von Donauwerth die allge-<lb/>
meine Gefahr hervortrat, die von die&#x017F;em Punkte aus<lb/>
drohte.</p><lb/>
            <p>Daß ein katholi&#x017F;cher Abt in einer prote&#x017F;tanti&#x017F;chen Stadt,<lb/>
der &#x017F;eine Proce&#x017F;&#x017F;ionen o&#x0364;ffentlicher und feierlicher halten wollte<lb/>
als herko&#x0364;mmlich <note place="foot" n="1)">Der Bericht &#x201E;wegen der Donawerdi&#x017F;chen Execution&#x201C; in<lb/>
den Reichstagsacten vom 4ten Februar 1608 bemerkt (womit auch<lb/>
die u&#x0364;brigen Relationen und Informationen u&#x0364;berein&#x017F;timmen) der Abt<lb/>
habe &#x201E;allein &#x017F;o viel herbracht daß er mit niedergelegten und zu&#x017F;am-<lb/>
mengewickelten Fahnen ohne Ge&#x017F;ang und Klang und zwar allein<lb/>
durch ein &#x017F;onderes Ga&#x0364;ßlein beim Klo&#x017F;ter hinab bis au&#x017F;&#x017F;er der Stadt<lb/>
und ihrem Bezirk gangen, und die Fahnen nit eher aufrichten und<lb/>
fliegen oder &#x017F;ingen und klingen la&#x017F;&#x017F;en, er &#x017F;ey denn außer deren von<lb/>
Donawerth Grund.&#x201C; Die&#x017F;e Be&#x017F;chra&#x0364;nkungen u&#x0364;bertrat er nun eben.</note>, hiebei von dem Po&#x0364;bel ge&#x017F;to&#x0364;rt und be-<lb/>
&#x017F;chimpft worden, genu&#x0364;gte dem Reichshofrath, um die Stadt<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t mit einem weitaus&#x017F;ehenden Proceß, Mandaten, Cita-<lb/>
tionen, Commi&#x017F;&#x017F;ariaten, heimzu&#x017F;uchen und endlich die Acht<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;ie auszu&#x017F;prechen. Ein benachbarter &#x017F;trengkatholi&#x017F;cher<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;t, Maximilian von Baiern, bekam den Auftrag &#x017F;ie zu<lb/>
voll&#x017F;trecken. Er begnu&#x0364;gte &#x017F;ich nicht Donauwerth zu be&#x017F;etzen:<lb/>
auf der Stelle berief er Je&#x017F;uiten herbei, erlaubte nur noch<lb/>
den katholi&#x017F;chen Gottesdien&#x017F;t, und &#x017F;chritt in gewohnter Wei&#x017F;e<lb/>
zur Gegenreformation.</p><lb/>
            <p>
              <note xml:id="seg2pn_35_2" prev="#seg2pn_35_1" place="foot" n="2)"> <hi rendition="#aq">consiglio, e così fatto si rimanda a detto consiglio tal delibe-<lb/>
ratione e così si publica.</hi> </note>
            </p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0421] der katholiſchen Reſtauration. Deutſchland. Welche allgemein wirkſame Inſtitute gab es aber im Reiche, als die richterlichen? Die Einheit der Nation knuͤpfte ſich an dieſelben. Aber auch ſie waren jetzt unter den Einfluß der katholiſchen Meinung, der Convenienz des Hofes gerathen. Schon fing man auf vielen Seiten an, uͤber die parteiiſchen Urtel, die gewaltſamen Executionen zu klagen, als bei der Sache von Donauwerth die allge- meine Gefahr hervortrat, die von dieſem Punkte aus drohte. Daß ein katholiſcher Abt in einer proteſtantiſchen Stadt, der ſeine Proceſſionen oͤffentlicher und feierlicher halten wollte als herkoͤmmlich 1), hiebei von dem Poͤbel geſtoͤrt und be- ſchimpft worden, genuͤgte dem Reichshofrath, um die Stadt ſelbſt mit einem weitausſehenden Proceß, Mandaten, Cita- tionen, Commiſſariaten, heimzuſuchen und endlich die Acht uͤber ſie auszuſprechen. Ein benachbarter ſtrengkatholiſcher Fuͤrſt, Maximilian von Baiern, bekam den Auftrag ſie zu vollſtrecken. Er begnuͤgte ſich nicht Donauwerth zu beſetzen: auf der Stelle berief er Jeſuiten herbei, erlaubte nur noch den katholiſchen Gottesdienſt, und ſchritt in gewohnter Weiſe zur Gegenreformation. 2) 1) Der Bericht „wegen der Donawerdiſchen Execution“ in den Reichstagsacten vom 4ten Februar 1608 bemerkt (womit auch die uͤbrigen Relationen und Informationen uͤbereinſtimmen) der Abt habe „allein ſo viel herbracht daß er mit niedergelegten und zuſam- mengewickelten Fahnen ohne Geſang und Klang und zwar allein durch ein ſonderes Gaͤßlein beim Kloſter hinab bis auſſer der Stadt und ihrem Bezirk gangen, und die Fahnen nit eher aufrichten und fliegen oder ſingen und klingen laſſen, er ſey denn außer deren von Donawerth Grund.“ Dieſe Beſchraͤnkungen uͤbertrat er nun eben. 2) consiglio, e così fatto si rimanda a detto consiglio tal delibe- ratione e così si publica.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/421
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/421>, abgerufen am 22.11.2024.