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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Königin Christine von Schweden.
dem er von Staatsgeschäften zu handeln gedachte, mit sei-
nem Dolmetscher auf religiöse Controversen zu kommen,
und diesem in Gegenwart eines Dritten der davon nichts
verstand, ihr tiefstes Geheimniß anzuvertrauen 1).

Plötzlich verschwand Macedo von Stockholm. Die
Königin that, als lasse sie ihn suchen, verfolgen, aber sie
selbst hatte ihn nach Rom geschickt, um ihre Absicht zu-
nächst dem Jesuitengeneral vorzutragen, und ihn zu bitten
ihr ein paar vertraute Mitglieder seines Ordens zuzusenden.

Im Februar 1652 langten diese in der That in Stock-
holm an. Es waren ein paar jüngere Männer, die sich
als reisende italienische Edelleute vorstellen ließen, und hier-
auf von ihr zur Tafel gezogen wurden. Sie vermuthete auf
der Stelle, wer sie wären: indem sie unmittelbar vor ihr her
in das Speisezimmer gingen, sagte sie leise zu dem Einen,
vielleicht habe er Briefe an sie; dieser bejahte das, ohne sich
umzuwenden; sie sagte: sprecht mit Niemand, und schickte
dann nach Tische ihren vertrautesten Diener Johann Holm
um die Briefe, den andern Morgen um sie selbst im tief-
sten Geheimniß nach dem Pallaste abzuholen 2).

In dem Königspallast Gustav Adolfs traten Abgeord-
nete von Rom mit seiner Tochter zusammen um mit ihr
über ihren Uebertritt zur römischen Kirche zu unterhandeln.

1) Pallavicini: Arctius idcirco sermones et colloquia mi-
scuit, non tunc solum quum ad eam Macedus ab legato mitte-
batur, sed etiam ipso praesente, qui nihil intelligens animadver-
tebat tamen longiores inter eos esse sermones quam res ferrent
ab se interpreti propositae et sibi ab interprete relatae.
2) Relatione di Paolo Casati al papa Alessandro VII.
Auszug im Anhang.

Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
dem er von Staatsgeſchaͤften zu handeln gedachte, mit ſei-
nem Dolmetſcher auf religioͤſe Controverſen zu kommen,
und dieſem in Gegenwart eines Dritten der davon nichts
verſtand, ihr tiefſtes Geheimniß anzuvertrauen 1).

Ploͤtzlich verſchwand Macedo von Stockholm. Die
Koͤnigin that, als laſſe ſie ihn ſuchen, verfolgen, aber ſie
ſelbſt hatte ihn nach Rom geſchickt, um ihre Abſicht zu-
naͤchſt dem Jeſuitengeneral vorzutragen, und ihn zu bitten
ihr ein paar vertraute Mitglieder ſeines Ordens zuzuſenden.

Im Februar 1652 langten dieſe in der That in Stock-
holm an. Es waren ein paar juͤngere Maͤnner, die ſich
als reiſende italieniſche Edelleute vorſtellen ließen, und hier-
auf von ihr zur Tafel gezogen wurden. Sie vermuthete auf
der Stelle, wer ſie waͤren: indem ſie unmittelbar vor ihr her
in das Speiſezimmer gingen, ſagte ſie leiſe zu dem Einen,
vielleicht habe er Briefe an ſie; dieſer bejahte das, ohne ſich
umzuwenden; ſie ſagte: ſprecht mit Niemand, und ſchickte
dann nach Tiſche ihren vertrauteſten Diener Johann Holm
um die Briefe, den andern Morgen um ſie ſelbſt im tief-
ſten Geheimniß nach dem Pallaſte abzuholen 2).

In dem Koͤnigspallaſt Guſtav Adolfs traten Abgeord-
nete von Rom mit ſeiner Tochter zuſammen um mit ihr
uͤber ihren Uebertritt zur roͤmiſchen Kirche zu unterhandeln.

1) Pallavicini: Arctius idcirco sermones et colloquia mi-
scuit, non tunc solum quum ad eam Macedus ab legato mitte-
batur, sed etiam ipso praesente, qui nihil intelligens animadver-
tebat tamen longiores inter eos esse sermones quam res ferrent
ab se interpreti propositae et sibi ab interprete relatae.
2) Relatione di Paolo Casati al papa Alessandro VII.
Auszug im Anhang.
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[91/0103] Koͤnigin Chriſtine von Schweden. dem er von Staatsgeſchaͤften zu handeln gedachte, mit ſei- nem Dolmetſcher auf religioͤſe Controverſen zu kommen, und dieſem in Gegenwart eines Dritten der davon nichts verſtand, ihr tiefſtes Geheimniß anzuvertrauen 1). Ploͤtzlich verſchwand Macedo von Stockholm. Die Koͤnigin that, als laſſe ſie ihn ſuchen, verfolgen, aber ſie ſelbſt hatte ihn nach Rom geſchickt, um ihre Abſicht zu- naͤchſt dem Jeſuitengeneral vorzutragen, und ihn zu bitten ihr ein paar vertraute Mitglieder ſeines Ordens zuzuſenden. Im Februar 1652 langten dieſe in der That in Stock- holm an. Es waren ein paar juͤngere Maͤnner, die ſich als reiſende italieniſche Edelleute vorſtellen ließen, und hier- auf von ihr zur Tafel gezogen wurden. Sie vermuthete auf der Stelle, wer ſie waͤren: indem ſie unmittelbar vor ihr her in das Speiſezimmer gingen, ſagte ſie leiſe zu dem Einen, vielleicht habe er Briefe an ſie; dieſer bejahte das, ohne ſich umzuwenden; ſie ſagte: ſprecht mit Niemand, und ſchickte dann nach Tiſche ihren vertrauteſten Diener Johann Holm um die Briefe, den andern Morgen um ſie ſelbſt im tief- ſten Geheimniß nach dem Pallaſte abzuholen 2). In dem Koͤnigspallaſt Guſtav Adolfs traten Abgeord- nete von Rom mit ſeiner Tochter zuſammen um mit ihr uͤber ihren Uebertritt zur roͤmiſchen Kirche zu unterhandeln. 1) Pallavicini: Arctius idcirco sermones et colloquia mi- scuit, non tunc solum quum ad eam Macedus ab legato mitte- batur, sed etiam ipso praesente, qui nihil intelligens animadver- tebat tamen longiores inter eos esse sermones quam res ferrent ab se interpreti propositae et sibi ab interprete relatae. 2) Relatione di Paolo Casati al papa Alessandro VII. Auszug im Anhang.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/103>, abgerufen am 27.11.2024.