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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Verwaltung der Kirche.
die Offizien bei Tage oder bei Nacht versehen, noch geist-
liche Uebungen halten, noch die Clausur beobachten könne,
Freistätten für Liederlichkeit und Verbrechen: ihre Anzahl
habe jetzt über alles Maaß zugenommen; er hebt sie mit
Einem Schlage alle auf: denn das Unkraut müsse man son-
dern von dem Weizen 1). Schon begann man und zwar
zunächst ebenfalls in Rom darauf zu denken, finanziellen
Bedürfnissen selbst fremder Staaten durch Einziehungen
nicht von Klöstern, sondern von ganzen Instituten zu Hülfe
zu kommen. Als Alexander VII. kurz nach seiner Thron-
besteigung von den Venezianern ersucht ward sie in dem
Kriege von Candia gegen die Osmanen zu unterstützen, schlug
er selbst ihnen die Aufhebung einiger Orden in ihrem Lande
vor. Sie waren eher dagegen, weil diese Orden doch eine
Versorgung für die armen Nobili darboten. Aber der Papst
setzte seine Absicht durch. Das Daseyn dieser Convente,
sagte er, gereiche den Gläubigen eher zum Anstoß als zur
Erbauung: er verfahre wie ein Gärtner, der die unnützen
Zweige von dem Weinstocke abschneide, um ihn desto frucht-
barer zu machen 2).

Doch hätte man nicht sagen können, daß es nun un-
ter Denen, die man beförderte, besonders glänzende Talente
gegeben hätte. In dem siebzehnten Jahrhundert ist eine
allgemeine Klage über den Mangel an ausgezeichneten Leu-

1) Constitutio super extinctione et suppressione parvorum
conventuum, eorumque reductione ad statum secularem, et bono-
rum applicatione, et prohibitione erigendi nova loca regularia in
Italia et insulis adjacentibus. Idibus Oct.
1652.
2) Relatione de' IV ambasciatori 1656. S. d. Anhang.

Verwaltung der Kirche.
die Offizien bei Tage oder bei Nacht verſehen, noch geiſt-
liche Uebungen halten, noch die Clauſur beobachten koͤnne,
Freiſtaͤtten fuͤr Liederlichkeit und Verbrechen: ihre Anzahl
habe jetzt uͤber alles Maaß zugenommen; er hebt ſie mit
Einem Schlage alle auf: denn das Unkraut muͤſſe man ſon-
dern von dem Weizen 1). Schon begann man und zwar
zunaͤchſt ebenfalls in Rom darauf zu denken, finanziellen
Beduͤrfniſſen ſelbſt fremder Staaten durch Einziehungen
nicht von Kloͤſtern, ſondern von ganzen Inſtituten zu Huͤlfe
zu kommen. Als Alexander VII. kurz nach ſeiner Thron-
beſteigung von den Venezianern erſucht ward ſie in dem
Kriege von Candia gegen die Osmanen zu unterſtuͤtzen, ſchlug
er ſelbſt ihnen die Aufhebung einiger Orden in ihrem Lande
vor. Sie waren eher dagegen, weil dieſe Orden doch eine
Verſorgung fuͤr die armen Nobili darboten. Aber der Papſt
ſetzte ſeine Abſicht durch. Das Daſeyn dieſer Convente,
ſagte er, gereiche den Glaͤubigen eher zum Anſtoß als zur
Erbauung: er verfahre wie ein Gaͤrtner, der die unnuͤtzen
Zweige von dem Weinſtocke abſchneide, um ihn deſto frucht-
barer zu machen 2).

Doch haͤtte man nicht ſagen koͤnnen, daß es nun un-
ter Denen, die man befoͤrderte, beſonders glaͤnzende Talente
gegeben haͤtte. In dem ſiebzehnten Jahrhundert iſt eine
allgemeine Klage uͤber den Mangel an ausgezeichneten Leu-

1) Constitutio super extinctione et suppressione parvorum
conventuum, eorumque reductione ad statum secularem, et bono-
rum applicatione, et prohibitione erigendi nova loca regularia in
Italia et insulis adjacentibus. Idibus Oct.
1652.
2) Relatione de’ IV ambasciatori 1656. S. d. Anhang.
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[121/0133] Verwaltung der Kirche. die Offizien bei Tage oder bei Nacht verſehen, noch geiſt- liche Uebungen halten, noch die Clauſur beobachten koͤnne, Freiſtaͤtten fuͤr Liederlichkeit und Verbrechen: ihre Anzahl habe jetzt uͤber alles Maaß zugenommen; er hebt ſie mit Einem Schlage alle auf: denn das Unkraut muͤſſe man ſon- dern von dem Weizen 1). Schon begann man und zwar zunaͤchſt ebenfalls in Rom darauf zu denken, finanziellen Beduͤrfniſſen ſelbſt fremder Staaten durch Einziehungen nicht von Kloͤſtern, ſondern von ganzen Inſtituten zu Huͤlfe zu kommen. Als Alexander VII. kurz nach ſeiner Thron- beſteigung von den Venezianern erſucht ward ſie in dem Kriege von Candia gegen die Osmanen zu unterſtuͤtzen, ſchlug er ſelbſt ihnen die Aufhebung einiger Orden in ihrem Lande vor. Sie waren eher dagegen, weil dieſe Orden doch eine Verſorgung fuͤr die armen Nobili darboten. Aber der Papſt ſetzte ſeine Abſicht durch. Das Daſeyn dieſer Convente, ſagte er, gereiche den Glaͤubigen eher zum Anſtoß als zur Erbauung: er verfahre wie ein Gaͤrtner, der die unnuͤtzen Zweige von dem Weinſtocke abſchneide, um ihn deſto frucht- barer zu machen 2). Doch haͤtte man nicht ſagen koͤnnen, daß es nun un- ter Denen, die man befoͤrderte, beſonders glaͤnzende Talente gegeben haͤtte. In dem ſiebzehnten Jahrhundert iſt eine allgemeine Klage uͤber den Mangel an ausgezeichneten Leu- 1) Constitutio super extinctione et suppressione parvorum conventuum, eorumque reductione ad statum secularem, et bono- rum applicatione, et prohibitione erigendi nova loca regularia in Italia et insulis adjacentibus. Idibus Oct. 1652. 2) Relatione de’ IV ambasciatori 1656. S. d. Anhang.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/133>, abgerufen am 27.11.2024.