zu werden den leitenden spanischen Minister Alberoni vor die Inquisition zu ziehen.
Von Jahr zu Jahr wurden diese Irrungen weit- aussehender. Der römische Hof besaß nicht mehr die Kraft und innere Energie seine Gläubigen zusammenzu- halten.
"Ich kann nicht leugnen," sagt der venezianische Ge- sandte Mocenigo 1737, "es hat etwas Widernatürliches, wenn man die katholischen Regierungen sämmtlich in so großen Zwistigkeiten mit dem römischen Hofe erblickt, daß sich keine Versöhnung denken läßt, die nicht diesen Hof an seiner Le- benskraft verletzen müßte. Sey es größere Aufklärung, wie so Viele annehmen, oder ein Geist der Gcwaltthätigkeit ge- gen den Schwächern, gewiß ist es, daß die Fürsten mit raschen Schritten darauf losgehn den römischen Stuhl al- ler seiner weltlichen Gerechtsame zu berauben." 1)
Erhob man in Rom einmal die Augen, sah man um sich her, so mußte man inne werden, daß alles auf dem Spiele stehe, wenn man nicht die Hand zum Frieden biete.
Das Andenken Benedict XIV. -- Prospero Lamber- tini, 1740--1758 -- ist in Segen, weil er sich entschloß die unerläßlichen Zugeständnisse zu machen.
Man weiß, wie wenig sich Benedict XIV. durch die hohe Bedeutung seiner Würde blenden, mit Selbstgefühl erfüllen ließ. Seiner scherzhaften Munterkeit, seinen bolo- gnesischen Bonmots wurde er nicht ungetreu, weil er Papst war. Er stand von seiner Arbeit auf, trat zu seiner Um-
1)Aluise Mocenigo IV: Relatione di Roma 16 Apr. 1737. S. d. Anhang.
12*
Spaniſche Erbfolge.
zu werden den leitenden ſpaniſchen Miniſter Alberoni vor die Inquiſition zu ziehen.
Von Jahr zu Jahr wurden dieſe Irrungen weit- ausſehender. Der roͤmiſche Hof beſaß nicht mehr die Kraft und innere Energie ſeine Glaͤubigen zuſammenzu- halten.
„Ich kann nicht leugnen,“ ſagt der venezianiſche Ge- ſandte Mocenigo 1737, „es hat etwas Widernatuͤrliches, wenn man die katholiſchen Regierungen ſaͤmmtlich in ſo großen Zwiſtigkeiten mit dem roͤmiſchen Hofe erblickt, daß ſich keine Verſoͤhnung denken laͤßt, die nicht dieſen Hof an ſeiner Le- benskraft verletzen muͤßte. Sey es groͤßere Aufklaͤrung, wie ſo Viele annehmen, oder ein Geiſt der Gcwaltthaͤtigkeit ge- gen den Schwaͤchern, gewiß iſt es, daß die Fuͤrſten mit raſchen Schritten darauf losgehn den roͤmiſchen Stuhl al- ler ſeiner weltlichen Gerechtſame zu berauben.“ 1)
Erhob man in Rom einmal die Augen, ſah man um ſich her, ſo mußte man inne werden, daß alles auf dem Spiele ſtehe, wenn man nicht die Hand zum Frieden biete.
Das Andenken Benedict XIV. — Prospero Lamber- tini, 1740—1758 — iſt in Segen, weil er ſich entſchloß die unerlaͤßlichen Zugeſtaͤndniſſe zu machen.
Man weiß, wie wenig ſich Benedict XIV. durch die hohe Bedeutung ſeiner Wuͤrde blenden, mit Selbſtgefuͤhl erfuͤllen ließ. Seiner ſcherzhaften Munterkeit, ſeinen bolo- gneſiſchen Bonmots wurde er nicht ungetreu, weil er Papſt war. Er ſtand von ſeiner Arbeit auf, trat zu ſeiner Um-
1)Aluise Mocenigo IV: Relatione di Roma 16 Apr. 1737. S. d. Anhang.
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Spaniſche Erbfolge.
zu werden den leitenden ſpaniſchen Miniſter Alberoni vor
die Inquiſition zu ziehen.
Von Jahr zu Jahr wurden dieſe Irrungen weit-
ausſehender. Der roͤmiſche Hof beſaß nicht mehr die
Kraft und innere Energie ſeine Glaͤubigen zuſammenzu-
halten.
„Ich kann nicht leugnen,“ ſagt der venezianiſche Ge-
ſandte Mocenigo 1737, „es hat etwas Widernatuͤrliches, wenn
man die katholiſchen Regierungen ſaͤmmtlich in ſo großen
Zwiſtigkeiten mit dem roͤmiſchen Hofe erblickt, daß ſich keine
Verſoͤhnung denken laͤßt, die nicht dieſen Hof an ſeiner Le-
benskraft verletzen muͤßte. Sey es groͤßere Aufklaͤrung, wie
ſo Viele annehmen, oder ein Geiſt der Gcwaltthaͤtigkeit ge-
gen den Schwaͤchern, gewiß iſt es, daß die Fuͤrſten mit
raſchen Schritten darauf losgehn den roͤmiſchen Stuhl al-
ler ſeiner weltlichen Gerechtſame zu berauben.“ 1)
Erhob man in Rom einmal die Augen, ſah man um
ſich her, ſo mußte man inne werden, daß alles auf dem
Spiele ſtehe, wenn man nicht die Hand zum Frieden biete.
Das Andenken Benedict XIV. — Prospero Lamber-
tini, 1740—1758 — iſt in Segen, weil er ſich entſchloß
die unerlaͤßlichen Zugeſtaͤndniſſe zu machen.
Man weiß, wie wenig ſich Benedict XIV. durch die
hohe Bedeutung ſeiner Wuͤrde blenden, mit Selbſtgefuͤhl
erfuͤllen ließ. Seiner ſcherzhaften Munterkeit, ſeinen bolo-
gneſiſchen Bonmots wurde er nicht ungetreu, weil er Papſt
war. Er ſtand von ſeiner Arbeit auf, trat zu ſeiner Um-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/191>, abgerufen am 27.11.2024.
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