ten, und dabei im Dienste des Königs etwas zu erwer- ben, emporzukommen dachten. Der heitere Maximilian, ewig in Bewegung und mit immer neuen Unternehmun- gen beschäftigt, gutmüthig, freigebig, höchst populär, Mei- ster in den Waffen und allen ritterlichen Übungen, ein gu- ter Soldat, an Geist und erfinderischem Genius unver- gleichlich, wußte sie zu fesseln, mit sich fortzureißen.
Welch ein Vortheil das für ihn war, zeigte sich im J. 1504, als sich in Baiern die Landshuter Irrungen erhoben.
Da hatte nemlich Herzog Georg der Reiche von Lands- hut, der am 1sten Dez. 1503 starb, im Widerspruch mit den Lehenrechten des Reiches und den Hausverträgen von Baiern, ein Testament gemacht, kraft dessen so gut seine ausgebreiteten blühenden Landschaften, wie die seit langen Jahren aufgehäuften Schätze seines Hauses nicht an seine nächsten Agnaten, Albrecht und Wolfgang von Baiern- münchen, sondern an seinen entfernteren Vetter, Schwester- sohn und Eidam, Ruprecht von der Pfalz, zweiten Sohn des Churfürsten, fallen sollten; schon bei seinen Lebzeiten hatte er diesem die wichtigsten Schlösser eingeräumt.
Hätte das Reichsregiment bestanden, so würde es die- sem zugekommen seyn, den Streit zwischen Pfalz und Baiern, der hiedurch wieder einmal aufflammte, zu verhüten; wäre das Kammergericht noch nach den Beschlüssen von Worms und Augsburg gehalten worden, so würden auch reichs- ständische Mitglieder an der Entscheidung der Rechtsfrage Antheil gehabt haben; allein das Regiment war ganz zer- fallen; das Gericht von dem König allein nach seinen
Erſtes Buch.
ten, und dabei im Dienſte des Königs etwas zu erwer- ben, emporzukommen dachten. Der heitere Maximilian, ewig in Bewegung und mit immer neuen Unternehmun- gen beſchäftigt, gutmüthig, freigebig, höchſt populär, Mei- ſter in den Waffen und allen ritterlichen Übungen, ein gu- ter Soldat, an Geiſt und erfinderiſchem Genius unver- gleichlich, wußte ſie zu feſſeln, mit ſich fortzureißen.
Welch ein Vortheil das für ihn war, zeigte ſich im J. 1504, als ſich in Baiern die Landshuter Irrungen erhoben.
Da hatte nemlich Herzog Georg der Reiche von Lands- hut, der am 1ſten Dez. 1503 ſtarb, im Widerſpruch mit den Lehenrechten des Reiches und den Hausverträgen von Baiern, ein Teſtament gemacht, kraft deſſen ſo gut ſeine ausgebreiteten blühenden Landſchaften, wie die ſeit langen Jahren aufgehäuften Schätze ſeines Hauſes nicht an ſeine nächſten Agnaten, Albrecht und Wolfgang von Baiern- münchen, ſondern an ſeinen entfernteren Vetter, Schweſter- ſohn und Eidam, Ruprecht von der Pfalz, zweiten Sohn des Churfürſten, fallen ſollten; ſchon bei ſeinen Lebzeiten hatte er dieſem die wichtigſten Schlöſſer eingeräumt.
Hätte das Reichsregiment beſtanden, ſo würde es die- ſem zugekommen ſeyn, den Streit zwiſchen Pfalz und Baiern, der hiedurch wieder einmal aufflammte, zu verhüten; wäre das Kammergericht noch nach den Beſchlüſſen von Worms und Augsburg gehalten worden, ſo würden auch reichs- ſtändiſche Mitglieder an der Entſcheidung der Rechtsfrage Antheil gehabt haben; allein das Regiment war ganz zer- fallen; das Gericht von dem König allein nach ſeinen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0176"n="158"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Erſtes Buch</hi>.</fw><lb/>
ten, und dabei im Dienſte des Königs etwas zu erwer-<lb/>
ben, emporzukommen dachten. Der heitere Maximilian,<lb/>
ewig in Bewegung und mit immer neuen Unternehmun-<lb/>
gen beſchäftigt, gutmüthig, freigebig, höchſt populär, Mei-<lb/>ſter in den Waffen und allen ritterlichen Übungen, ein gu-<lb/>
ter Soldat, an Geiſt und erfinderiſchem Genius unver-<lb/>
gleichlich, wußte ſie zu feſſeln, mit ſich fortzureißen.</p><lb/><p>Welch ein Vortheil das für ihn war, zeigte ſich im<lb/>
J. 1504, als ſich in Baiern die Landshuter Irrungen<lb/>
erhoben.</p><lb/><p>Da hatte nemlich Herzog Georg der Reiche von Lands-<lb/>
hut, der am 1ſten Dez. 1503 ſtarb, im Widerſpruch mit<lb/>
den Lehenrechten des Reiches und den Hausverträgen von<lb/>
Baiern, ein Teſtament gemacht, kraft deſſen ſo gut ſeine<lb/>
ausgebreiteten blühenden Landſchaften, wie die ſeit langen<lb/>
Jahren aufgehäuften Schätze ſeines Hauſes nicht an ſeine<lb/>
nächſten Agnaten, Albrecht und Wolfgang von Baiern-<lb/>
münchen, ſondern an ſeinen entfernteren Vetter, Schweſter-<lb/>ſohn und Eidam, Ruprecht von der Pfalz, zweiten Sohn<lb/>
des Churfürſten, fallen ſollten; ſchon bei ſeinen Lebzeiten<lb/>
hatte er dieſem die wichtigſten Schlöſſer eingeräumt.</p><lb/><p>Hätte das Reichsregiment beſtanden, ſo würde es die-<lb/>ſem zugekommen ſeyn, den Streit zwiſchen Pfalz und Baiern,<lb/>
der hiedurch wieder einmal aufflammte, zu verhüten; wäre<lb/>
das Kammergericht noch nach den Beſchlüſſen von Worms<lb/>
und Augsburg gehalten worden, ſo würden auch reichs-<lb/>ſtändiſche Mitglieder an der Entſcheidung der Rechtsfrage<lb/>
Antheil gehabt haben; allein das Regiment war ganz zer-<lb/>
fallen; das Gericht von dem König allein nach ſeinen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[158/0176]
Erſtes Buch.
ten, und dabei im Dienſte des Königs etwas zu erwer-
ben, emporzukommen dachten. Der heitere Maximilian,
ewig in Bewegung und mit immer neuen Unternehmun-
gen beſchäftigt, gutmüthig, freigebig, höchſt populär, Mei-
ſter in den Waffen und allen ritterlichen Übungen, ein gu-
ter Soldat, an Geiſt und erfinderiſchem Genius unver-
gleichlich, wußte ſie zu feſſeln, mit ſich fortzureißen.
Welch ein Vortheil das für ihn war, zeigte ſich im
J. 1504, als ſich in Baiern die Landshuter Irrungen
erhoben.
Da hatte nemlich Herzog Georg der Reiche von Lands-
hut, der am 1ſten Dez. 1503 ſtarb, im Widerſpruch mit
den Lehenrechten des Reiches und den Hausverträgen von
Baiern, ein Teſtament gemacht, kraft deſſen ſo gut ſeine
ausgebreiteten blühenden Landſchaften, wie die ſeit langen
Jahren aufgehäuften Schätze ſeines Hauſes nicht an ſeine
nächſten Agnaten, Albrecht und Wolfgang von Baiern-
münchen, ſondern an ſeinen entfernteren Vetter, Schweſter-
ſohn und Eidam, Ruprecht von der Pfalz, zweiten Sohn
des Churfürſten, fallen ſollten; ſchon bei ſeinen Lebzeiten
hatte er dieſem die wichtigſten Schlöſſer eingeräumt.
Hätte das Reichsregiment beſtanden, ſo würde es die-
ſem zugekommen ſeyn, den Streit zwiſchen Pfalz und Baiern,
der hiedurch wieder einmal aufflammte, zu verhüten; wäre
das Kammergericht noch nach den Beſchlüſſen von Worms
und Augsburg gehalten worden, ſo würden auch reichs-
ſtändiſche Mitglieder an der Entſcheidung der Rechtsfrage
Antheil gehabt haben; allein das Regiment war ganz zer-
fallen; das Gericht von dem König allein nach ſeinen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/176>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.