Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweites Capitel.
Uebergang des Kaiserthums von Maximilian auf
Carl V.
Reichstag zu Augsburg 1518.

Hätte es in diesem Augenblick einen mächtigen Kaiser
gegeben, so würde er sich dieser Regungen gewaltig haben
bedienen können. Von der Nation unterstützt würde er die
alte Opposition gegen das Papstthum wiederaufzunehmen,
und auf den Grundlagen der religiösen Ideen ihr ein ganz
neues Leben zu verleihen vermocht haben.

An und für sich wäre auch Maximilian für einen
Plan dieser Art nicht unempfänglich gewesen: er deutet es
an, wenn er dem Churfürsten Friedrich einmal sagen läßt,
er möge den Mönch "fleißig bewahren," man könne sich
desselben vielleicht einmal bedienen; allein für den Augenblick
war er doch nicht in einer Lage um darauf einzugehn.

Einmal er war nun alt und wünschte seinem Enkel
Carl die Nachfolge im Reich zu versichern. Er sah darin
gleichsam den Abschluß seiner Lebensthätigkeit. Sein Leb-

21*
Zweites Capitel.
Uebergang des Kaiſerthums von Maximilian auf
Carl V.
Reichstag zu Augsburg 1518.

Hätte es in dieſem Augenblick einen mächtigen Kaiſer
gegeben, ſo würde er ſich dieſer Regungen gewaltig haben
bedienen können. Von der Nation unterſtützt würde er die
alte Oppoſition gegen das Papſtthum wiederaufzunehmen,
und auf den Grundlagen der religiöſen Ideen ihr ein ganz
neues Leben zu verleihen vermocht haben.

An und für ſich wäre auch Maximilian für einen
Plan dieſer Art nicht unempfänglich geweſen: er deutet es
an, wenn er dem Churfürſten Friedrich einmal ſagen läßt,
er möge den Mönch „fleißig bewahren,“ man könne ſich
deſſelben vielleicht einmal bedienen; allein für den Augenblick
war er doch nicht in einer Lage um darauf einzugehn.

Einmal er war nun alt und wünſchte ſeinem Enkel
Carl die Nachfolge im Reich zu verſichern. Er ſah darin
gleichſam den Abſchluß ſeiner Lebensthätigkeit. Sein Leb-

21*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0341" n="[323]"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Zweites Capitel</hi>.<lb/>
Uebergang des Kai&#x017F;erthums von Maximilian auf<lb/>
Carl <hi rendition="#aq">V.</hi></head><lb/>
          <div n="3">
            <head>Reichstag zu Augsburg 1518.</head><lb/>
            <p>Hätte es in die&#x017F;em Augenblick einen mächtigen Kai&#x017F;er<lb/>
gegeben, &#x017F;o würde er &#x017F;ich die&#x017F;er Regungen gewaltig haben<lb/>
bedienen können. Von der Nation unter&#x017F;tützt würde er die<lb/>
alte Oppo&#x017F;ition gegen das Pap&#x017F;tthum wiederaufzunehmen,<lb/>
und auf den Grundlagen der religiö&#x017F;en Ideen ihr ein ganz<lb/>
neues Leben zu verleihen vermocht haben.</p><lb/>
            <p>An und für &#x017F;ich wäre auch Maximilian für einen<lb/>
Plan die&#x017F;er Art nicht unempfänglich gewe&#x017F;en: er deutet es<lb/>
an, wenn er dem Churfür&#x017F;ten Friedrich einmal &#x017F;agen läßt,<lb/>
er möge den Mönch &#x201E;fleißig bewahren,&#x201C; man könne &#x017F;ich<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben vielleicht einmal bedienen; allein für den Augenblick<lb/>
war er doch nicht in einer Lage um darauf einzugehn.</p><lb/>
            <p>Einmal er war nun alt und wün&#x017F;chte &#x017F;einem Enkel<lb/>
Carl die Nachfolge im Reich zu ver&#x017F;ichern. Er &#x017F;ah darin<lb/>
gleich&#x017F;am den Ab&#x017F;chluß &#x017F;einer Lebensthätigkeit. Sein Leb-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">21*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[323]/0341] Zweites Capitel. Uebergang des Kaiſerthums von Maximilian auf Carl V. Reichstag zu Augsburg 1518. Hätte es in dieſem Augenblick einen mächtigen Kaiſer gegeben, ſo würde er ſich dieſer Regungen gewaltig haben bedienen können. Von der Nation unterſtützt würde er die alte Oppoſition gegen das Papſtthum wiederaufzunehmen, und auf den Grundlagen der religiöſen Ideen ihr ein ganz neues Leben zu verleihen vermocht haben. An und für ſich wäre auch Maximilian für einen Plan dieſer Art nicht unempfänglich geweſen: er deutet es an, wenn er dem Churfürſten Friedrich einmal ſagen läßt, er möge den Mönch „fleißig bewahren,“ man könne ſich deſſelben vielleicht einmal bedienen; allein für den Augenblick war er doch nicht in einer Lage um darauf einzugehn. Einmal er war nun alt und wünſchte ſeinem Enkel Carl die Nachfolge im Reich zu verſichern. Er ſah darin gleichſam den Abſchluß ſeiner Lebensthätigkeit. Sein Leb- 21*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/341
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. [323]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/341>, abgerufen am 16.07.2024.