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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Drittes Capitel.
land an den Legaten zu wenden, der ohnehin allen Credit
verloren hatte und jetzt dem Churfürsten grollte, er schloß
sich gleich auf der Reise an einen geheimen Rath Friedrichs,
Degenhard Pfeffinger an. Er trug kein Bedenken, bei einem
Glase Wein unter Freunden, selbst in den Gasthöfen in die
Klagen einzustimmen, die man in Deutschland gegen die Cu-
rie, die kirchlichen Mißbräuche erhob, und sie durch Ge-
schichten zu bestätigen die er selbst erlebt habe. Aber er
versicherte, er kenne den Papst, und habe Einfluß bei ihm:
der billige das nicht. Auf das unumwundenste verwarf
er das Unwesen der Ablaßprediger: er verbreitete einen sol-
chen Ruf vor sich her, daß Tetzel es gar nicht wagte, vor
ihm zu erscheinen. 1

Dagegen faßten der Fürst, gegen den er das Betra-
gen eines Unterthanen und Dieners beobachtete, und Lu-
ther selbst, den er sehr glimpflich behandelte, Vertrauen zu
ihm. Es gelang ihm ohne viel Mühe eine Annäherung
zu bewirken, auf die doch fürs Erste alles ankam.

Am 3ten Jan. 1519 hatte er eine Zusammenkunft
mit Luther zu Altenburg. Der Nuntius stellte dem Mönch
das Unheil vor, das aus seiner Heftigkeit entspringe, den
großen Abbruch den er auf diese Weise der Kirche zufüge;
er weinte indem er ihm das ans Herz legte. Luther ver-
sprach, den Schaden den er gestiftet haben könne durch
eine öffentliche Erklärung wieder gut zu machen. Dagegen
gab auch der Nuntius den Gedanken auf, Luthern zu einem

1 Sein Entschuldigungsschreiben unterzeichnet: Bruder Tetzel
am letzten Tag Dez. 1519 d. i. 1518 bei Walch XV, p. 860. Dort
findet sich auch die übrige, zuerst von Cyprian herausgegebne miltitzi-
sche Correspondenz.

Zweites Buch. Drittes Capitel.
land an den Legaten zu wenden, der ohnehin allen Credit
verloren hatte und jetzt dem Churfürſten grollte, er ſchloß
ſich gleich auf der Reiſe an einen geheimen Rath Friedrichs,
Degenhard Pfeffinger an. Er trug kein Bedenken, bei einem
Glaſe Wein unter Freunden, ſelbſt in den Gaſthöfen in die
Klagen einzuſtimmen, die man in Deutſchland gegen die Cu-
rie, die kirchlichen Mißbräuche erhob, und ſie durch Ge-
ſchichten zu beſtätigen die er ſelbſt erlebt habe. Aber er
verſicherte, er kenne den Papſt, und habe Einfluß bei ihm:
der billige das nicht. Auf das unumwundenſte verwarf
er das Unweſen der Ablaßprediger: er verbreitete einen ſol-
chen Ruf vor ſich her, daß Tetzel es gar nicht wagte, vor
ihm zu erſcheinen. 1

Dagegen faßten der Fürſt, gegen den er das Betra-
gen eines Unterthanen und Dieners beobachtete, und Lu-
ther ſelbſt, den er ſehr glimpflich behandelte, Vertrauen zu
ihm. Es gelang ihm ohne viel Mühe eine Annäherung
zu bewirken, auf die doch fürs Erſte alles ankam.

Am 3ten Jan. 1519 hatte er eine Zuſammenkunft
mit Luther zu Altenburg. Der Nuntius ſtellte dem Mönch
das Unheil vor, das aus ſeiner Heftigkeit entſpringe, den
großen Abbruch den er auf dieſe Weiſe der Kirche zufüge;
er weinte indem er ihm das ans Herz legte. Luther ver-
ſprach, den Schaden den er geſtiftet haben könne durch
eine öffentliche Erklärung wieder gut zu machen. Dagegen
gab auch der Nuntius den Gedanken auf, Luthern zu einem

1 Sein Entſchuldigungsſchreiben unterzeichnet: Bruder Tetzel
am letzten Tag Dez. 1519 d. i. 1518 bei Walch XV, p. 860. Dort
findet ſich auch die uͤbrige, zuerſt von Cyprian herausgegebne miltitzi-
ſche Correſpondenz.
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[388/0406] Zweites Buch. Drittes Capitel. land an den Legaten zu wenden, der ohnehin allen Credit verloren hatte und jetzt dem Churfürſten grollte, er ſchloß ſich gleich auf der Reiſe an einen geheimen Rath Friedrichs, Degenhard Pfeffinger an. Er trug kein Bedenken, bei einem Glaſe Wein unter Freunden, ſelbſt in den Gaſthöfen in die Klagen einzuſtimmen, die man in Deutſchland gegen die Cu- rie, die kirchlichen Mißbräuche erhob, und ſie durch Ge- ſchichten zu beſtätigen die er ſelbſt erlebt habe. Aber er verſicherte, er kenne den Papſt, und habe Einfluß bei ihm: der billige das nicht. Auf das unumwundenſte verwarf er das Unweſen der Ablaßprediger: er verbreitete einen ſol- chen Ruf vor ſich her, daß Tetzel es gar nicht wagte, vor ihm zu erſcheinen. 1 Dagegen faßten der Fürſt, gegen den er das Betra- gen eines Unterthanen und Dieners beobachtete, und Lu- ther ſelbſt, den er ſehr glimpflich behandelte, Vertrauen zu ihm. Es gelang ihm ohne viel Mühe eine Annäherung zu bewirken, auf die doch fürs Erſte alles ankam. Am 3ten Jan. 1519 hatte er eine Zuſammenkunft mit Luther zu Altenburg. Der Nuntius ſtellte dem Mönch das Unheil vor, das aus ſeiner Heftigkeit entſpringe, den großen Abbruch den er auf dieſe Weiſe der Kirche zufüge; er weinte indem er ihm das ans Herz legte. Luther ver- ſprach, den Schaden den er geſtiftet haben könne durch eine öffentliche Erklärung wieder gut zu machen. Dagegen gab auch der Nuntius den Gedanken auf, Luthern zu einem 1 Sein Entſchuldigungsſchreiben unterzeichnet: Bruder Tetzel am letzten Tag Dez. 1519 d. i. 1518 bei Walch XV, p. 860. Dort findet ſich auch die uͤbrige, zuerſt von Cyprian herausgegebne miltitzi- ſche Correſpondenz.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/406>, abgerufen am 22.11.2024.