Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Zweites Buch. Drittes Capitel. Churfürsten die Übersetzung einer Schrift von Lucian; imOctober ließ er die Epistel an Titus und ein kleines Wör- terbuch drucken; im November schrieb er die Vorrede einer hebräischen Grammatik; eine ausführlichere Arbeit, mit der er sich zugleich beschäftigte, war die Rhetorik, welche im Januar 1519 in drei Büchern erschien; im Februar folgte abermals eine Rede; im März und April Ausgaben plu- tarchischer Schriften, neue Vorreden; alles während einer eben so vielseitigen Lehrthätigkeit; neben dem Griechischen übernahm der junge Ankömmling auch den Unterricht in dem Hebräischen. 1 Doch lag in dieser unmittelbaren Wirksamkeit weder Von Wichtigkeit war es schon an sich, daß ein 1 Luther an Spalatin 25 Jan. bei de W. I, p. 214. Auf diese
beiden Briefwechsel gründet sich, wie sich von selbst versteht, meine ganze Erzählung. Zweites Buch. Drittes Capitel. Churfürſten die Überſetzung einer Schrift von Lucian; imOctober ließ er die Epiſtel an Titus und ein kleines Wör- terbuch drucken; im November ſchrieb er die Vorrede einer hebräiſchen Grammatik; eine ausführlichere Arbeit, mit der er ſich zugleich beſchäftigte, war die Rhetorik, welche im Januar 1519 in drei Büchern erſchien; im Februar folgte abermals eine Rede; im März und April Ausgaben plu- tarchiſcher Schriften, neue Vorreden; alles während einer eben ſo vielſeitigen Lehrthätigkeit; neben dem Griechiſchen übernahm der junge Ankömmling auch den Unterricht in dem Hebräiſchen. 1 Doch lag in dieſer unmittelbaren Wirkſamkeit weder Von Wichtigkeit war es ſchon an ſich, daß ein 1 Luther an Spalatin 25 Jan. bei de W. I, p. 214. Auf dieſe
beiden Briefwechſel gruͤndet ſich, wie ſich von ſelbſt verſteht, meine ganze Erzaͤhlung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0412" n="394"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/> Churfürſten die Überſetzung einer Schrift von Lucian; im<lb/> October ließ er die Epiſtel an Titus und ein kleines Wör-<lb/> terbuch drucken; im November ſchrieb er die Vorrede einer<lb/> hebräiſchen Grammatik; eine ausführlichere Arbeit, mit der<lb/> er ſich zugleich beſchäftigte, war die Rhetorik, welche im<lb/> Januar 1519 in drei Büchern erſchien; im Februar folgte<lb/> abermals eine Rede; im März und April Ausgaben plu-<lb/> tarchiſcher Schriften, neue Vorreden; alles während einer<lb/> eben ſo vielſeitigen Lehrthätigkeit; neben dem Griechiſchen<lb/> übernahm der junge Ankömmling auch den Unterricht in<lb/> dem Hebräiſchen. <note place="foot" n="1">Luther an Spalatin 25 Jan. bei de W. <hi rendition="#aq">I, p.</hi> 214. Auf dieſe<lb/> beiden Briefwechſel gruͤndet ſich, wie ſich von ſelbſt verſteht, meine<lb/> ganze Erzaͤhlung.</note></p><lb/> <p>Doch lag in dieſer unmittelbaren Wirkſamkeit weder<lb/> das Ziel noch auch der Erfolg ſeiner Bemühungen.</p><lb/> <p>Von Wichtigkeit war es ſchon an ſich, daß ein<lb/> Mann, der vollkommen griechiſch verſtand, in dieſem Au-<lb/> genblick an einer Univerſität auftrat, wo eben die Ent-<lb/> wickelung der lateiniſchen Theologie dahin führte, auf die<lb/> erſten ächten Urkunden des Chriſtenthums in ihrer Urſprüng-<lb/> lichkeit zurückzugehn. Erſt nunmehr fieng Luther an, die-<lb/> ſes Studium ernſtlich zu treiben. Wie fühlte er ſich zu-<lb/> gleich erleichtert und beſtärkt, wenn ihm theologiſche Be-<lb/> griffe durch den Sinn eines griechiſchen Ausdruckes erſt<lb/> recht klar wurden: wenn er z. B. lernte, daß der Begriff<lb/> Reue, Pönitenz, der nach dem Sprachgebrauch der latei-<lb/> niſchen Kirche zugleich ein Abbüßen, Genugthun andeu-<lb/> tete, im Griechiſchen in der urſprünglichen Auffaſſung des<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [394/0412]
Zweites Buch. Drittes Capitel.
Churfürſten die Überſetzung einer Schrift von Lucian; im
October ließ er die Epiſtel an Titus und ein kleines Wör-
terbuch drucken; im November ſchrieb er die Vorrede einer
hebräiſchen Grammatik; eine ausführlichere Arbeit, mit der
er ſich zugleich beſchäftigte, war die Rhetorik, welche im
Januar 1519 in drei Büchern erſchien; im Februar folgte
abermals eine Rede; im März und April Ausgaben plu-
tarchiſcher Schriften, neue Vorreden; alles während einer
eben ſo vielſeitigen Lehrthätigkeit; neben dem Griechiſchen
übernahm der junge Ankömmling auch den Unterricht in
dem Hebräiſchen. 1
Doch lag in dieſer unmittelbaren Wirkſamkeit weder
das Ziel noch auch der Erfolg ſeiner Bemühungen.
Von Wichtigkeit war es ſchon an ſich, daß ein
Mann, der vollkommen griechiſch verſtand, in dieſem Au-
genblick an einer Univerſität auftrat, wo eben die Ent-
wickelung der lateiniſchen Theologie dahin führte, auf die
erſten ächten Urkunden des Chriſtenthums in ihrer Urſprüng-
lichkeit zurückzugehn. Erſt nunmehr fieng Luther an, die-
ſes Studium ernſtlich zu treiben. Wie fühlte er ſich zu-
gleich erleichtert und beſtärkt, wenn ihm theologiſche Be-
griffe durch den Sinn eines griechiſchen Ausdruckes erſt
recht klar wurden: wenn er z. B. lernte, daß der Begriff
Reue, Pönitenz, der nach dem Sprachgebrauch der latei-
niſchen Kirche zugleich ein Abbüßen, Genugthun andeu-
tete, im Griechiſchen in der urſprünglichen Auffaſſung des
1 Luther an Spalatin 25 Jan. bei de W. I, p. 214. Auf dieſe
beiden Briefwechſel gruͤndet ſich, wie ſich von ſelbſt verſteht, meine
ganze Erzaͤhlung.
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