Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Zweites Buch. Drittes Capitel. Dringende der Gefahr vor Augen zu stellen. Eine Com-mission von sieben oder acht eifrigen Theologen ward nie- dergesetzt, an der Johann Peter Caraffa, Aleander, wahr- scheinlich auch Silvester Mazzolini und Eck selbst Theil nahmen; ihr Urtheil war keinen Augenblick zweifelhaft; schon am Anfang des Mai war die Bulle entworfen durch welche Luther verdammt werden sollte. In dem Reuchlinschen Handel war es zweifelhaft ge- 1 Schreiben Hedios an Zwingli bei Meiners a. a. O. p. 236.
Diese Sache verdiente noch nähere Aufklärung. Daß sie in Rom wirklich eben damals wieder vorgenommen ward, erhellt aus den Schreiben des Churfürsten von der Pfalz und der zu Frankfurt ver- sammelten Dominicaner (bei Friedländer Beiträge zur Reformations- gesch. p. 113. 116) 10 und 20 Mai 1520. Sollte nicht aber das Schreiben der Dominicaner nur eine Folge der erzwungenen Ab- kunft mit Sickingen gewesen seyn? Natürlich konnte diese für den römischen Stuhl kein Gewicht haben. -- Schon von Leipzig aus hatte Eck auf die Nothwendigkeit jener Wiedervereinigung aufmerksam ge- macht; er tadelte den Papst über seine Neigung zu den Grammati- kern (Grammaticelli), er sey nicht auf der via regia einhergegangen: 24 Juli 1519 (nicht 1520): in Luthers Opp. lat. II, p. 469. Zweites Buch. Drittes Capitel. Dringende der Gefahr vor Augen zu ſtellen. Eine Com-miſſion von ſieben oder acht eifrigen Theologen ward nie- dergeſetzt, an der Johann Peter Caraffa, Aleander, wahr- ſcheinlich auch Silveſter Mazzolini und Eck ſelbſt Theil nahmen; ihr Urtheil war keinen Augenblick zweifelhaft; ſchon am Anfang des Mai war die Bulle entworfen durch welche Luther verdammt werden ſollte. In dem Reuchlinſchen Handel war es zweifelhaft ge- 1 Schreiben Hedios an Zwingli bei Meiners a. a. O. p. 236.
Dieſe Sache verdiente noch naͤhere Aufklaͤrung. Daß ſie in Rom wirklich eben damals wieder vorgenommen ward, erhellt aus den Schreiben des Churfuͤrſten von der Pfalz und der zu Frankfurt ver- ſammelten Dominicaner (bei Friedlaͤnder Beitraͤge zur Reformations- geſch. p. 113. 116) 10 und 20 Mai 1520. Sollte nicht aber das Schreiben der Dominicaner nur eine Folge der erzwungenen Ab- kunft mit Sickingen geweſen ſeyn? Natuͤrlich konnte dieſe fuͤr den roͤmiſchen Stuhl kein Gewicht haben. — Schon von Leipzig aus hatte Eck auf die Nothwendigkeit jener Wiedervereinigung aufmerkſam ge- macht; er tadelte den Papſt uͤber ſeine Neigung zu den Grammati- kern (Grammaticelli), er ſey nicht auf der via regia einhergegangen: 24 Juli 1519 (nicht 1520): in Luthers Opp. lat. II, p. 469. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0446" n="428"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/> Dringende der Gefahr vor Augen zu ſtellen. Eine Com-<lb/> miſſion von ſieben oder acht eifrigen Theologen ward nie-<lb/> dergeſetzt, an der Johann Peter Caraffa, Aleander, wahr-<lb/> ſcheinlich auch Silveſter Mazzolini und Eck ſelbſt Theil<lb/> nahmen; ihr Urtheil war keinen Augenblick zweifelhaft;<lb/> ſchon am Anfang des Mai war die Bulle entworfen durch<lb/> welche Luther verdammt werden ſollte.</p><lb/> <p>In dem Reuchlinſchen Handel war es zweifelhaft ge-<lb/> blieben, in wie fern der römiſche Stuhl noch mit den Domi-<lb/> nicanern gemeinſchaftliche Sache mache: jetzt aber drangen ſie<lb/> wieder vollkommen durch, und die alte Vereinigung ward<lb/> aufs neue geſchloſſen. Jener Proceß ſelbſt ward noch einmal<lb/> vorgenommen, und wir hören in Kurzem, daß die Mönche zu<lb/> Cölln über ein Urtel triumphirten, das zu ihren Gunſten<lb/> ausgefallen ſey, und es dort an den Kirchthüren anſchlagen<lb/> ließen. <note place="foot" n="1">Schreiben Hedios an Zwingli bei Meiners a. a. O. <hi rendition="#aq">p. 236.</hi><lb/> Dieſe Sache verdiente noch naͤhere Aufklaͤrung. Daß ſie in Rom<lb/> wirklich eben damals wieder vorgenommen ward, erhellt aus den<lb/> Schreiben des Churfuͤrſten von der Pfalz und der zu Frankfurt ver-<lb/> ſammelten Dominicaner (bei Friedlaͤnder Beitraͤge zur Reformations-<lb/> geſch. <hi rendition="#aq">p. 113. 116</hi>) 10 und 20 Mai 1520. Sollte nicht aber das<lb/> Schreiben der Dominicaner nur eine Folge der erzwungenen Ab-<lb/> kunft mit Sickingen geweſen ſeyn? Natuͤrlich konnte dieſe fuͤr den<lb/> roͤmiſchen Stuhl kein Gewicht haben. — Schon von Leipzig aus hatte<lb/> Eck auf die Nothwendigkeit jener Wiedervereinigung aufmerkſam ge-<lb/> macht; er tadelte den Papſt uͤber ſeine Neigung zu den Grammati-<lb/> kern (<hi rendition="#aq">Grammaticelli</hi>), er ſey nicht auf der <hi rendition="#aq">via regia</hi> einhergegangen:<lb/> 24 Juli 1519 (nicht 1520): in Luthers <hi rendition="#aq">Opp. lat. II, p. 469.</hi></note> Der Churfürſt von Mainz ward über den Schutz,<lb/> deſſen er Ulrich von Hutten würdige, zur Rede geſtellt, und<lb/> aufgefordert, ein Zeichen ſeiner Strenge gegen den Urheber<lb/> ſo vieler Schmähſchriften zu geben. Die Hauptſache aber<lb/> war die Verdammung Luthers. Die Juriſten der Curie<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [428/0446]
Zweites Buch. Drittes Capitel.
Dringende der Gefahr vor Augen zu ſtellen. Eine Com-
miſſion von ſieben oder acht eifrigen Theologen ward nie-
dergeſetzt, an der Johann Peter Caraffa, Aleander, wahr-
ſcheinlich auch Silveſter Mazzolini und Eck ſelbſt Theil
nahmen; ihr Urtheil war keinen Augenblick zweifelhaft;
ſchon am Anfang des Mai war die Bulle entworfen durch
welche Luther verdammt werden ſollte.
In dem Reuchlinſchen Handel war es zweifelhaft ge-
blieben, in wie fern der römiſche Stuhl noch mit den Domi-
nicanern gemeinſchaftliche Sache mache: jetzt aber drangen ſie
wieder vollkommen durch, und die alte Vereinigung ward
aufs neue geſchloſſen. Jener Proceß ſelbſt ward noch einmal
vorgenommen, und wir hören in Kurzem, daß die Mönche zu
Cölln über ein Urtel triumphirten, das zu ihren Gunſten
ausgefallen ſey, und es dort an den Kirchthüren anſchlagen
ließen. 1 Der Churfürſt von Mainz ward über den Schutz,
deſſen er Ulrich von Hutten würdige, zur Rede geſtellt, und
aufgefordert, ein Zeichen ſeiner Strenge gegen den Urheber
ſo vieler Schmähſchriften zu geben. Die Hauptſache aber
war die Verdammung Luthers. Die Juriſten der Curie
1 Schreiben Hedios an Zwingli bei Meiners a. a. O. p. 236.
Dieſe Sache verdiente noch naͤhere Aufklaͤrung. Daß ſie in Rom
wirklich eben damals wieder vorgenommen ward, erhellt aus den
Schreiben des Churfuͤrſten von der Pfalz und der zu Frankfurt ver-
ſammelten Dominicaner (bei Friedlaͤnder Beitraͤge zur Reformations-
geſch. p. 113. 116) 10 und 20 Mai 1520. Sollte nicht aber das
Schreiben der Dominicaner nur eine Folge der erzwungenen Ab-
kunft mit Sickingen geweſen ſeyn? Natuͤrlich konnte dieſe fuͤr den
roͤmiſchen Stuhl kein Gewicht haben. — Schon von Leipzig aus hatte
Eck auf die Nothwendigkeit jener Wiedervereinigung aufmerkſam ge-
macht; er tadelte den Papſt uͤber ſeine Neigung zu den Grammati-
kern (Grammaticelli), er ſey nicht auf der via regia einhergegangen:
24 Juli 1519 (nicht 1520): in Luthers Opp. lat. II, p. 469.
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