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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Einleitung.
deutschen Geschäfte einzugreifen. Die Soester Streitigkeit
zwischen Cleve und Cölln, 1 die Gröninger zwischen Utrecht
und Ostfriesland, und wie viele andre zieht der Papst an
seinen Hof: er bestätigt 1472 einen Zoll im Trierischen: 2
er giebt Privilegia de non evocando wie der Kaiser.

Jene alte Vergleichung, deren sich schon Gregor VII
bedient, des Papstthums mit der Sonne, des Kaiserthums
mit dem Mond, war jetzt wahr geworden: die Deutschen hiel-
ten die päpstliche Macht in jeder Beziehung für die höhere.
Bei der Stiftung ihrer hohen Schule z. B. zog die Stadt Ba-
sel in Überlegung ob dafür nach dem gutheißenden Breve
des Papstes auch noch die Bestätigung des Kaisers erfor-
derlich sey, und entschied endlich, daß man einer solchen
nicht bedürfe; denn die untere Gewalt vermöge die Bestim-
mungen einer oberen nicht zu bekräftigen; der päpstliche
Stuhl sey der oberste Brunnen der Christenheit. 3 Der
Arrogator der Pfalz, Friedrich der siegreiche, dessen Chur-
würde der Kaiser nicht anerkennen wollte, hielt es für hin-
reichend sich von dem Papst bestätigen zu lassen und ward
darauf in der Ausübung seiner Berechtigungen in dem
Reiche nicht weiter gestört.

Hätte es nicht scheinen sollen, als werde das Kaiser-
thum das Unwürdige dieser Stellung fühlen und sich den
Päpsten so oft und lebendig als möglich widersetzen?

So viel Devotion die Fürsten auch im ganzen gegen
den römischen Stuhl hatten, so waren ihnen doch dessen

1 Schüren Chronik von Cleve p. 288.
2 Hontheim Prodromus historiae Trevirensis p. 320.
3 Ochs Geschichte von Basel IV, p. 60.

Einleitung.
deutſchen Geſchäfte einzugreifen. Die Soeſter Streitigkeit
zwiſchen Cleve und Cölln, 1 die Gröninger zwiſchen Utrecht
und Oſtfriesland, und wie viele andre zieht der Papſt an
ſeinen Hof: er beſtätigt 1472 einen Zoll im Trieriſchen: 2
er giebt Privilegia de non evocando wie der Kaiſer.

Jene alte Vergleichung, deren ſich ſchon Gregor VII
bedient, des Papſtthums mit der Sonne, des Kaiſerthums
mit dem Mond, war jetzt wahr geworden: die Deutſchen hiel-
ten die päpſtliche Macht in jeder Beziehung für die höhere.
Bei der Stiftung ihrer hohen Schule z. B. zog die Stadt Ba-
ſel in Überlegung ob dafür nach dem gutheißenden Breve
des Papſtes auch noch die Beſtätigung des Kaiſers erfor-
derlich ſey, und entſchied endlich, daß man einer ſolchen
nicht bedürfe; denn die untere Gewalt vermöge die Beſtim-
mungen einer oberen nicht zu bekräftigen; der päpſtliche
Stuhl ſey der oberſte Brunnen der Chriſtenheit. 3 Der
Arrogator der Pfalz, Friedrich der ſiegreiche, deſſen Chur-
würde der Kaiſer nicht anerkennen wollte, hielt es für hin-
reichend ſich von dem Papſt beſtätigen zu laſſen und ward
darauf in der Ausübung ſeiner Berechtigungen in dem
Reiche nicht weiter geſtört.

Hätte es nicht ſcheinen ſollen, als werde das Kaiſer-
thum das Unwürdige dieſer Stellung fühlen und ſich den
Päpſten ſo oft und lebendig als möglich widerſetzen?

So viel Devotion die Fürſten auch im ganzen gegen
den römiſchen Stuhl hatten, ſo waren ihnen doch deſſen

1 Schuͤren Chronik von Cleve p. 288.
2 Hontheim Prodromus historiae Trevirensis p. 320.
3 Ochs Geſchichte von Baſel IV, p. 60.
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[58/0076] Einleitung. deutſchen Geſchäfte einzugreifen. Die Soeſter Streitigkeit zwiſchen Cleve und Cölln, 1 die Gröninger zwiſchen Utrecht und Oſtfriesland, und wie viele andre zieht der Papſt an ſeinen Hof: er beſtätigt 1472 einen Zoll im Trieriſchen: 2 er giebt Privilegia de non evocando wie der Kaiſer. Jene alte Vergleichung, deren ſich ſchon Gregor VII bedient, des Papſtthums mit der Sonne, des Kaiſerthums mit dem Mond, war jetzt wahr geworden: die Deutſchen hiel- ten die päpſtliche Macht in jeder Beziehung für die höhere. Bei der Stiftung ihrer hohen Schule z. B. zog die Stadt Ba- ſel in Überlegung ob dafür nach dem gutheißenden Breve des Papſtes auch noch die Beſtätigung des Kaiſers erfor- derlich ſey, und entſchied endlich, daß man einer ſolchen nicht bedürfe; denn die untere Gewalt vermöge die Beſtim- mungen einer oberen nicht zu bekräftigen; der päpſtliche Stuhl ſey der oberſte Brunnen der Chriſtenheit. 3 Der Arrogator der Pfalz, Friedrich der ſiegreiche, deſſen Chur- würde der Kaiſer nicht anerkennen wollte, hielt es für hin- reichend ſich von dem Papſt beſtätigen zu laſſen und ward darauf in der Ausübung ſeiner Berechtigungen in dem Reiche nicht weiter geſtört. Hätte es nicht ſcheinen ſollen, als werde das Kaiſer- thum das Unwürdige dieſer Stellung fühlen und ſich den Päpſten ſo oft und lebendig als möglich widerſetzen? So viel Devotion die Fürſten auch im ganzen gegen den römiſchen Stuhl hatten, ſo waren ihnen doch deſſen 1 Schuͤren Chronik von Cleve p. 288. 2 Hontheim Prodromus historiae Trevirensis p. 320. 3 Ochs Geſchichte von Baſel IV, p. 60.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/76>, abgerufen am 21.11.2024.