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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Idee des spätern Kaiserthums.
pecuniäre Rechte drückend und noch mehr als einmal dräng-
ten sich die Tendenzen der Baseler Beschlüsse zu Tage. Nach
dem Tode Nicolaus V forderten die deutschen Fürsten den
Kaiser auf, den Augenblick zu ergreifen, die Freiheit der
Nation zu behaupten, und wenigstens für die vollständige
Ausführung der mit Eugen getroffenen Übereinkunft zu sor-
gen. Allein Friedrich III war nicht dazu zu bewegen.
Äneas Sylvius überredete ihn, daß er sich in der Noth-
wendigkeit befinde, mit dem Papst zusammenzuhalten: er
suchte ein paar Gemeinplätze hervor, von der Unbeständig-
keit der Menge und ihrem natürlichen Hasse gegen die Ober-
herrn: gleich als seyen die deutschen Reichsfürsten eine Art
von Demokratie; der Kaiser, sagte er, bedürfe des Papstes,
der Papst des Kaisers, es würde lächerlich seyn, denjenigen zu
beleidigen, von dem man Hülfe erwarte. 1 Er selbst wurde
1456 gesendet, um dem neuen Papst, Calixtus ohne alle Be-
dingung die Obedienz zu leisten. Und zwar regten sich gleich
hierauf die alten Gedanken aufs neue. Es ward eine prag-
matische Sanction entworfen, in der nicht nur die Abstellung
aller Beschwerden gegen den päpstlichen Stuhl näher aus-
geführt, sondern auch zugleich bestimmt wurde, was man
in dem Fall einer abschläglichen Antwort zu thun, welche
Appellationen man einzuwenden, wie man doch zum Ziel
zu kommen habe. 2 Aber wie wäre etwas auszurichten ge-
wesen, da der Kaiser selber allen diesen Plänen so viel
als möglich entgegenarbeitete. Er betrachtete sich wirklich
als den natürlichen Verbündeten des Papstthums.


1 Gobellini Commentarii de vita Pii II p. 44.
2 Aeneae Sylvii Apologia ad Martinum Mayer p. 710.

Idee des ſpaͤtern Kaiſerthums.
pecuniäre Rechte drückend und noch mehr als einmal dräng-
ten ſich die Tendenzen der Baſeler Beſchlüſſe zu Tage. Nach
dem Tode Nicolaus V forderten die deutſchen Fürſten den
Kaiſer auf, den Augenblick zu ergreifen, die Freiheit der
Nation zu behaupten, und wenigſtens für die vollſtändige
Ausführung der mit Eugen getroffenen Übereinkunft zu ſor-
gen. Allein Friedrich III war nicht dazu zu bewegen.
Äneas Sylvius überredete ihn, daß er ſich in der Noth-
wendigkeit befinde, mit dem Papſt zuſammenzuhalten: er
ſuchte ein paar Gemeinplätze hervor, von der Unbeſtändig-
keit der Menge und ihrem natürlichen Haſſe gegen die Ober-
herrn: gleich als ſeyen die deutſchen Reichsfürſten eine Art
von Demokratie; der Kaiſer, ſagte er, bedürfe des Papſtes,
der Papſt des Kaiſers, es würde lächerlich ſeyn, denjenigen zu
beleidigen, von dem man Hülfe erwarte. 1 Er ſelbſt wurde
1456 geſendet, um dem neuen Papſt, Calixtus ohne alle Be-
dingung die Obedienz zu leiſten. Und zwar regten ſich gleich
hierauf die alten Gedanken aufs neue. Es ward eine prag-
matiſche Sanction entworfen, in der nicht nur die Abſtellung
aller Beſchwerden gegen den päpſtlichen Stuhl näher aus-
geführt, ſondern auch zugleich beſtimmt wurde, was man
in dem Fall einer abſchläglichen Antwort zu thun, welche
Appellationen man einzuwenden, wie man doch zum Ziel
zu kommen habe. 2 Aber wie wäre etwas auszurichten ge-
weſen, da der Kaiſer ſelber allen dieſen Plänen ſo viel
als möglich entgegenarbeitete. Er betrachtete ſich wirklich
als den natürlichen Verbündeten des Papſtthums.


1 Gobellini Commentarii de vita Pii II p. 44.
2 Aeneae Sylvii Apologia ad Martinum Mayer p. 710.
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[59/0077] Idee des ſpaͤtern Kaiſerthums. pecuniäre Rechte drückend und noch mehr als einmal dräng- ten ſich die Tendenzen der Baſeler Beſchlüſſe zu Tage. Nach dem Tode Nicolaus V forderten die deutſchen Fürſten den Kaiſer auf, den Augenblick zu ergreifen, die Freiheit der Nation zu behaupten, und wenigſtens für die vollſtändige Ausführung der mit Eugen getroffenen Übereinkunft zu ſor- gen. Allein Friedrich III war nicht dazu zu bewegen. Äneas Sylvius überredete ihn, daß er ſich in der Noth- wendigkeit befinde, mit dem Papſt zuſammenzuhalten: er ſuchte ein paar Gemeinplätze hervor, von der Unbeſtändig- keit der Menge und ihrem natürlichen Haſſe gegen die Ober- herrn: gleich als ſeyen die deutſchen Reichsfürſten eine Art von Demokratie; der Kaiſer, ſagte er, bedürfe des Papſtes, der Papſt des Kaiſers, es würde lächerlich ſeyn, denjenigen zu beleidigen, von dem man Hülfe erwarte. 1 Er ſelbſt wurde 1456 geſendet, um dem neuen Papſt, Calixtus ohne alle Be- dingung die Obedienz zu leiſten. Und zwar regten ſich gleich hierauf die alten Gedanken aufs neue. Es ward eine prag- matiſche Sanction entworfen, in der nicht nur die Abſtellung aller Beſchwerden gegen den päpſtlichen Stuhl näher aus- geführt, ſondern auch zugleich beſtimmt wurde, was man in dem Fall einer abſchläglichen Antwort zu thun, welche Appellationen man einzuwenden, wie man doch zum Ziel zu kommen habe. 2 Aber wie wäre etwas auszurichten ge- weſen, da der Kaiſer ſelber allen dieſen Plänen ſo viel als möglich entgegenarbeitete. Er betrachtete ſich wirklich als den natürlichen Verbündeten des Papſtthums. 1 Gobellini Commentarii de vita Pii II p. 44. 2 Aeneae Sylvii Apologia ad Martinum Mayer p. 710.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/77>, abgerufen am 21.11.2024.