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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Einleitung.

Es geschah wohl nicht ohne Rückwirkung dieses Ver-
fahrens, daß der Widerwille der Churfürsten, durch die
Unthätigkeit und Entfernung des Kaisers ohnehin begrün-
det, zuweilen lebhaft gegen ihn aufbrauste. Schon im
J. 1456 forderten sie ihn auf, sich an einem bestimmten
Tage zu Nürnberg einzufinden, denn dazu sey er da, um
die Bürde des Reiches löblich zu tragen: würde er aus-
bleiben, so würden sie doch zusammenkommen, und thun
was sich gebühre. 1 Da er weder damals noch auch spä-
ter erschien, so ließen sie ihn im Jahr 1460 wissen, es
stehe ihnen nicht länger an, ohne Haupt zu seyn. Sie
wiederholten jene Aufforderung auf Dienstag nach Pfing-
sten mit noch schärfern Bedrohungen. Ganz ernstlich gien-
gen sie damit um, ihm einen römischen König an die Seite
zu setzen.

Wenn man hört, daß Georg Podiebrad, König von
Böhmen, es war, auf den sie ihr Auge geworfen, so sieht
man wohl, daß darin eine Verbindung der Opposition ge-
gen Kaiser und Papst lag. Was hätte es schon damals
geben müssen, wenn ein Utraquist an die Spitze des Reichs
getreten wäre.

Um so eifriger bemühte sich nun der Papst, es war
jetzt jener Äneas Sylvius selbst, Pius II, dem Kaiser die
bisher geleisteten Dienste zu vergelten. Auch ihm war die
Selbständigkeit der Churfürsten höchlich verhaßt. Wie es
schon immer zu den Ansprüchen des Kaisers gehörte, daß
kein Churfürstentag gehalten werden dürfe ohne seine Ein-

1 Frankfurt 10 Sept. 1456, ein noch unbekanntes und sehr
merkwürdiges Schreiben. (Frankf. Arch.)
Einleitung.

Es geſchah wohl nicht ohne Rückwirkung dieſes Ver-
fahrens, daß der Widerwille der Churfürſten, durch die
Unthätigkeit und Entfernung des Kaiſers ohnehin begrün-
det, zuweilen lebhaft gegen ihn aufbrauſte. Schon im
J. 1456 forderten ſie ihn auf, ſich an einem beſtimmten
Tage zu Nürnberg einzufinden, denn dazu ſey er da, um
die Bürde des Reiches löblich zu tragen: würde er aus-
bleiben, ſo würden ſie doch zuſammenkommen, und thun
was ſich gebühre. 1 Da er weder damals noch auch ſpä-
ter erſchien, ſo ließen ſie ihn im Jahr 1460 wiſſen, es
ſtehe ihnen nicht länger an, ohne Haupt zu ſeyn. Sie
wiederholten jene Aufforderung auf Dienſtag nach Pfing-
ſten mit noch ſchärfern Bedrohungen. Ganz ernſtlich gien-
gen ſie damit um, ihm einen römiſchen König an die Seite
zu ſetzen.

Wenn man hört, daß Georg Podiebrad, König von
Böhmen, es war, auf den ſie ihr Auge geworfen, ſo ſieht
man wohl, daß darin eine Verbindung der Oppoſition ge-
gen Kaiſer und Papſt lag. Was hätte es ſchon damals
geben müſſen, wenn ein Utraquiſt an die Spitze des Reichs
getreten wäre.

Um ſo eifriger bemühte ſich nun der Papſt, es war
jetzt jener Äneas Sylvius ſelbſt, Pius II, dem Kaiſer die
bisher geleiſteten Dienſte zu vergelten. Auch ihm war die
Selbſtändigkeit der Churfürſten höchlich verhaßt. Wie es
ſchon immer zu den Anſprüchen des Kaiſers gehörte, daß
kein Churfürſtentag gehalten werden dürfe ohne ſeine Ein-

1 Frankfurt 10 Sept. 1456, ein noch unbekanntes und ſehr
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[60/0078] Einleitung. Es geſchah wohl nicht ohne Rückwirkung dieſes Ver- fahrens, daß der Widerwille der Churfürſten, durch die Unthätigkeit und Entfernung des Kaiſers ohnehin begrün- det, zuweilen lebhaft gegen ihn aufbrauſte. Schon im J. 1456 forderten ſie ihn auf, ſich an einem beſtimmten Tage zu Nürnberg einzufinden, denn dazu ſey er da, um die Bürde des Reiches löblich zu tragen: würde er aus- bleiben, ſo würden ſie doch zuſammenkommen, und thun was ſich gebühre. 1 Da er weder damals noch auch ſpä- ter erſchien, ſo ließen ſie ihn im Jahr 1460 wiſſen, es ſtehe ihnen nicht länger an, ohne Haupt zu ſeyn. Sie wiederholten jene Aufforderung auf Dienſtag nach Pfing- ſten mit noch ſchärfern Bedrohungen. Ganz ernſtlich gien- gen ſie damit um, ihm einen römiſchen König an die Seite zu ſetzen. Wenn man hört, daß Georg Podiebrad, König von Böhmen, es war, auf den ſie ihr Auge geworfen, ſo ſieht man wohl, daß darin eine Verbindung der Oppoſition ge- gen Kaiſer und Papſt lag. Was hätte es ſchon damals geben müſſen, wenn ein Utraquiſt an die Spitze des Reichs getreten wäre. Um ſo eifriger bemühte ſich nun der Papſt, es war jetzt jener Äneas Sylvius ſelbſt, Pius II, dem Kaiſer die bisher geleiſteten Dienſte zu vergelten. Auch ihm war die Selbſtändigkeit der Churfürſten höchlich verhaßt. Wie es ſchon immer zu den Anſprüchen des Kaiſers gehörte, daß kein Churfürſtentag gehalten werden dürfe ohne ſeine Ein- 1 Frankfurt 10 Sept. 1456, ein noch unbekanntes und ſehr merkwuͤrdiges Schreiben. (Frankf. Arch.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/78>, abgerufen am 21.11.2024.