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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Erstes Capitel.
triebe beschleunigte die Schlacht; dem Papst allein gaben
sie Schuld, 1 daß sich auch die Venezianer so säumig ge-
zeigt hatten, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.

Daher machte die Nachricht von der Niederlage des
Königs in Rom einen so peinvollen Eindruck. Frundsberg
hat wirklich gerathen, dem Papst auf der Stelle zu Leibe
zu gehn. Man fieng im Kirchenstaat Briefe auch von den
übrigen Generalen auf, die mit Drohungen erfüllt waren,
und unverzüglich besetzten kaiserliche Mannschaften das Ge-
biet von Piacenza. Clemens VII verhehlt es nicht, daß
er sich nur durch diesen Zwang bewogen gesehen, den Kai-
serlichen 100000 Duc. zu zahlen und einen neuen Bund
mit ihnen abzuschließen. 2

Unglücklicherweise ist auch dieser Vertrag nicht authen-
tisch bekannt geworden, aber aus den Staatsschriften die
man später wechselte ergiebt sich, daß der Papst in einigen
besondern Artikeln dieselben Bedingungen aufstellte, welche
ihm der König gewährt hatte: er forderte den Salzverkauf
im Mailändischen, die Anerkennung seiner Rechte auf Reggio,
so wie Beihülfe zu deren Ausführung. Er zweifelte nicht,
daß ihm der Kaiser das gewähren werde.

Schon war jedoch das Eine nicht mehr möglich. Erz-
herzog Ferdinand, der sich bei dem letzten Unternehmen so
viele Verdienste erworben, hatte den günstigen Augenblick be-
nutzt, mit Franz Sforza einen Vertrag zu schließen, kraft
dessen das Salz für Mailand aus Östreich genommen wer-

1 Contarini: Relatione di Spagna 1525. Al Papa davano
principalmente la colpa, che V. Celsitudine fosse andata cosi ri-
tenuta con S. Ma.
2 Instruttione al cl Farnese. Fürsten und Völker IV, Anh. 27.

Viertes Buch. Erſtes Capitel.
triebe beſchleunigte die Schlacht; dem Papſt allein gaben
ſie Schuld, 1 daß ſich auch die Venezianer ſo ſäumig ge-
zeigt hatten, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.

Daher machte die Nachricht von der Niederlage des
Königs in Rom einen ſo peinvollen Eindruck. Frundsberg
hat wirklich gerathen, dem Papſt auf der Stelle zu Leibe
zu gehn. Man fieng im Kirchenſtaat Briefe auch von den
übrigen Generalen auf, die mit Drohungen erfüllt waren,
und unverzüglich beſetzten kaiſerliche Mannſchaften das Ge-
biet von Piacenza. Clemens VII verhehlt es nicht, daß
er ſich nur durch dieſen Zwang bewogen geſehen, den Kai-
ſerlichen 100000 Duc. zu zahlen und einen neuen Bund
mit ihnen abzuſchließen. 2

Unglücklicherweiſe iſt auch dieſer Vertrag nicht authen-
tiſch bekannt geworden, aber aus den Staatsſchriften die
man ſpäter wechſelte ergiebt ſich, daß der Papſt in einigen
beſondern Artikeln dieſelben Bedingungen aufſtellte, welche
ihm der König gewährt hatte: er forderte den Salzverkauf
im Mailändiſchen, die Anerkennung ſeiner Rechte auf Reggio,
ſo wie Beihülfe zu deren Ausführung. Er zweifelte nicht,
daß ihm der Kaiſer das gewähren werde.

Schon war jedoch das Eine nicht mehr möglich. Erz-
herzog Ferdinand, der ſich bei dem letzten Unternehmen ſo
viele Verdienſte erworben, hatte den günſtigen Augenblick be-
nutzt, mit Franz Sforza einen Vertrag zu ſchließen, kraft
deſſen das Salz für Mailand aus Öſtreich genommen wer-

1 Contarini: Relatione di Spagna 1525. Al Papa davano
principalmente la colpa, che V. Celsitudine fosse andata cosi ri-
tenuta con S. Mà.
2 Instruttione al cl Farnese. Fuͤrſten und Voͤlker IV, Anh. 27.
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[324/0334] Viertes Buch. Erſtes Capitel. triebe beſchleunigte die Schlacht; dem Papſt allein gaben ſie Schuld, 1 daß ſich auch die Venezianer ſo ſäumig ge- zeigt hatten, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Daher machte die Nachricht von der Niederlage des Königs in Rom einen ſo peinvollen Eindruck. Frundsberg hat wirklich gerathen, dem Papſt auf der Stelle zu Leibe zu gehn. Man fieng im Kirchenſtaat Briefe auch von den übrigen Generalen auf, die mit Drohungen erfüllt waren, und unverzüglich beſetzten kaiſerliche Mannſchaften das Ge- biet von Piacenza. Clemens VII verhehlt es nicht, daß er ſich nur durch dieſen Zwang bewogen geſehen, den Kai- ſerlichen 100000 Duc. zu zahlen und einen neuen Bund mit ihnen abzuſchließen. 2 Unglücklicherweiſe iſt auch dieſer Vertrag nicht authen- tiſch bekannt geworden, aber aus den Staatsſchriften die man ſpäter wechſelte ergiebt ſich, daß der Papſt in einigen beſondern Artikeln dieſelben Bedingungen aufſtellte, welche ihm der König gewährt hatte: er forderte den Salzverkauf im Mailändiſchen, die Anerkennung ſeiner Rechte auf Reggio, ſo wie Beihülfe zu deren Ausführung. Er zweifelte nicht, daß ihm der Kaiſer das gewähren werde. Schon war jedoch das Eine nicht mehr möglich. Erz- herzog Ferdinand, der ſich bei dem letzten Unternehmen ſo viele Verdienſte erworben, hatte den günſtigen Augenblick be- nutzt, mit Franz Sforza einen Vertrag zu ſchließen, kraft deſſen das Salz für Mailand aus Öſtreich genommen wer- 1 Contarini: Relatione di Spagna 1525. Al Papa davano principalmente la colpa, che V. Celsitudine fosse andata cosi ri- tenuta con S. Mà. 2 Instruttione al cl Farnese. Fuͤrſten und Voͤlker IV, Anh. 27.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/334>, abgerufen am 20.05.2024.