terte ihr Unternehmen an der Treue, mit der dieser an dem Kaiser hielt. Jetzt konnte der Kaiser wirklich daran den- ken, Mailand zu eignen Handen zu behalten.
Doch war die Sache noch nicht entschieden. Der allgemeine Widerwille der sich jetzt dem kaiserlichen Kriegs- heer, das auf Kosten der Einwohner lebte, auch in der Lombardei entgegensetzte, die Hartnäckigkeit mit der sich das Castell von Mailand vertheidigte, gaben noch Hof- nung, was mit List nicht gelungen mit offener Gewalt zu erreichen. Es kam hinzu, daß der General den man am meisten fürchtete und nunmehr mit gutem Grunde am hef- tigsten haßte, Pescara eben damals starb. Vor allem aber: die große Streitfrage zwischen dem Kaiser und dem König von Frankreich ward in Spanien auf eine Weise behan- delt, daß sich eine neue allgemeine Bewegung mit Bestimmt- heit voraussehen ließ.
Offenbar schlug der Kaiser, wiewohl er auf die engli- schen Pläne nicht eingieng, doch auch den Vortheil der ihm selber aus der Gefangenschaft des Königs erwachsen konnte, zu hoch an. Ich will nicht davon reden, daß er sich großmüthiger hätte betragen sollen: obwohl ich dafür halte, daß es ganz wahr ist: diese Eigenschaft, seinen Fein- den durch eine freie und herzliche Bewegung der Seele verzeihen zu können, lag überhaupt nicht in seiner Natur; allein überdem läßt sich wohl sagen, daß er die Sache auch nicht richtig ansah. Mailand und Genua hatte er er- obert, und die Gefangenschaft des Königs konnte er viel- leicht benutzen, um ihn zur Verzichtleistung auf seine ita- lienischen Ansprüche zu vermögen. Dem Königreich Frank-
Ranke d. Gesch. II. 22
Friedensunterhandlungen.
terte ihr Unternehmen an der Treue, mit der dieſer an dem Kaiſer hielt. Jetzt konnte der Kaiſer wirklich daran den- ken, Mailand zu eignen Handen zu behalten.
Doch war die Sache noch nicht entſchieden. Der allgemeine Widerwille der ſich jetzt dem kaiſerlichen Kriegs- heer, das auf Koſten der Einwohner lebte, auch in der Lombardei entgegenſetzte, die Hartnäckigkeit mit der ſich das Caſtell von Mailand vertheidigte, gaben noch Hof- nung, was mit Liſt nicht gelungen mit offener Gewalt zu erreichen. Es kam hinzu, daß der General den man am meiſten fürchtete und nunmehr mit gutem Grunde am hef- tigſten haßte, Pescara eben damals ſtarb. Vor allem aber: die große Streitfrage zwiſchen dem Kaiſer und dem König von Frankreich ward in Spanien auf eine Weiſe behan- delt, daß ſich eine neue allgemeine Bewegung mit Beſtimmt- heit vorausſehen ließ.
Offenbar ſchlug der Kaiſer, wiewohl er auf die engli- ſchen Pläne nicht eingieng, doch auch den Vortheil der ihm ſelber aus der Gefangenſchaft des Königs erwachſen konnte, zu hoch an. Ich will nicht davon reden, daß er ſich großmüthiger hätte betragen ſollen: obwohl ich dafür halte, daß es ganz wahr iſt: dieſe Eigenſchaft, ſeinen Fein- den durch eine freie und herzliche Bewegung der Seele verzeihen zu können, lag überhaupt nicht in ſeiner Natur; allein überdem läßt ſich wohl ſagen, daß er die Sache auch nicht richtig anſah. Mailand und Genua hatte er er- obert, und die Gefangenſchaft des Königs konnte er viel- leicht benutzen, um ihn zur Verzichtleiſtung auf ſeine ita- lieniſchen Anſprüche zu vermögen. Dem Königreich Frank-
Ranke d. Geſch. II. 22
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Friedensunterhandlungen.
terte ihr Unternehmen an der Treue, mit der dieſer an dem
Kaiſer hielt. Jetzt konnte der Kaiſer wirklich daran den-
ken, Mailand zu eignen Handen zu behalten.
Doch war die Sache noch nicht entſchieden. Der
allgemeine Widerwille der ſich jetzt dem kaiſerlichen Kriegs-
heer, das auf Koſten der Einwohner lebte, auch in der
Lombardei entgegenſetzte, die Hartnäckigkeit mit der ſich
das Caſtell von Mailand vertheidigte, gaben noch Hof-
nung, was mit Liſt nicht gelungen mit offener Gewalt zu
erreichen. Es kam hinzu, daß der General den man am
meiſten fürchtete und nunmehr mit gutem Grunde am hef-
tigſten haßte, Pescara eben damals ſtarb. Vor allem aber:
die große Streitfrage zwiſchen dem Kaiſer und dem König
von Frankreich ward in Spanien auf eine Weiſe behan-
delt, daß ſich eine neue allgemeine Bewegung mit Beſtimmt-
heit vorausſehen ließ.
Offenbar ſchlug der Kaiſer, wiewohl er auf die engli-
ſchen Pläne nicht eingieng, doch auch den Vortheil der
ihm ſelber aus der Gefangenſchaft des Königs erwachſen
konnte, zu hoch an. Ich will nicht davon reden, daß er
ſich großmüthiger hätte betragen ſollen: obwohl ich dafür
halte, daß es ganz wahr iſt: dieſe Eigenſchaft, ſeinen Fein-
den durch eine freie und herzliche Bewegung der Seele
verzeihen zu können, lag überhaupt nicht in ſeiner Natur;
allein überdem läßt ſich wohl ſagen, daß er die Sache
auch nicht richtig anſah. Mailand und Genua hatte er er-
obert, und die Gefangenſchaft des Königs konnte er viel-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/347>, abgerufen am 27.11.2024.
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