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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Eroberung von Rom.
der Piazza Navona, die der Deutschen auf Campofiore,
in welchen Gegenden damals der meiste Verkehr war; end-
lich da weder in der Stadt, noch in der Nähe ein
Feind sich zeigte, stürzten sie fort nach den Häusern zur
Plünderung.

Was waren in den letzten 70, 80 Jahren alles für
Schätze nach Rom geflossen: so viel geistliche Gefälle aus
allen Ländern der Erde, Geschenke der Pilger, Erträge von
Jubileen: Einkünfte von den Pfründen, welche den Prä-
laten gehörten: jede geistliche Gnade war feil gewesen um
Geld; 1 alle diese Reichthümer fielen nun den entblösten be-
dürftigen beutegierigen Truppen in die Hände, die seit so
lange auf diese Stunde vertröstet worden.

An 20000 Menschen zahlten in den nächsten Tagen
die Schatzung; die Kaiserlich-gesinnten, Gibellinen wurden
so wenig geschont wie die Guelfen, die Kirchen so wenig
wie die Privathäuser: die großen Basiliken vor den Tho-
ren S. Lorenzo, S. Paolo wurden geplündert: das Grab
des heiligen Peter wurde durchwühlt, der Leiche Julius II
der goldne Ring vom Finger gezogen; -- man rechnete,
daß dem Heere bei 10 Millionen Goldes an Werth in die
Hände gefallen seyen. 2


1 Francesco Vettori Storia d' Italia MS fügt hinzu: Romani
vendevano tutte le loro entrate care et affittavano le loro case
a gran pregj ne pagavano alcuna tassa o gabella.
Er gedenkt noch
des Gewinns den ein Jeder gemacht: li artigiani, il popolo minuto,
le meretrici.
Niemals ward eine reichere Stadt geplündert.
2 Nova quomodo Roma capta sit relatio bei Schardius II,
611. Per decem integros dies ecclesias gynecia monachos mo-
niales et cardinales episcopos praelatos bancarios spoliarunt, de-
ditos ceperunt, libros et registra lacerarunt etc.
Vettori La ucci-

Eroberung von Rom.
der Piazza Navona, die der Deutſchen auf Campofiore,
in welchen Gegenden damals der meiſte Verkehr war; end-
lich da weder in der Stadt, noch in der Nähe ein
Feind ſich zeigte, ſtürzten ſie fort nach den Häuſern zur
Plünderung.

Was waren in den letzten 70, 80 Jahren alles für
Schätze nach Rom gefloſſen: ſo viel geiſtliche Gefälle aus
allen Ländern der Erde, Geſchenke der Pilger, Erträge von
Jubileen: Einkünfte von den Pfründen, welche den Prä-
laten gehörten: jede geiſtliche Gnade war feil geweſen um
Geld; 1 alle dieſe Reichthümer fielen nun den entblöſten be-
dürftigen beutegierigen Truppen in die Hände, die ſeit ſo
lange auf dieſe Stunde vertröſtet worden.

An 20000 Menſchen zahlten in den nächſten Tagen
die Schatzung; die Kaiſerlich-geſinnten, Gibellinen wurden
ſo wenig geſchont wie die Guelfen, die Kirchen ſo wenig
wie die Privathäuſer: die großen Baſiliken vor den Tho-
ren S. Lorenzo, S. Paolo wurden geplündert: das Grab
des heiligen Peter wurde durchwühlt, der Leiche Julius II
der goldne Ring vom Finger gezogen; — man rechnete,
daß dem Heere bei 10 Millionen Goldes an Werth in die
Hände gefallen ſeyen. 2


1 Francesco Vettori Storia d’ Italia MS fuͤgt hinzu: Romani
vendevano tutte le loro entrate care et affittavano le loro case
a gran pregj ne pagavano alcuna tassa o gabella.
Er gedenkt noch
des Gewinns den ein Jeder gemacht: li artigiani, il popolo minuto,
le meretrici.
Niemals ward eine reichere Stadt gepluͤndert.
2 Nova quomodo Roma capta sit relatio bei Schardius II,
611. Per decem integros dies ecclesias gynecia monachos mo-
niales et cardinales episcopos praelatos bancarios spoliarunt, de-
ditos ceperunt, libros et registra lacerarunt etc.
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[397/0407] Eroberung von Rom. der Piazza Navona, die der Deutſchen auf Campofiore, in welchen Gegenden damals der meiſte Verkehr war; end- lich da weder in der Stadt, noch in der Nähe ein Feind ſich zeigte, ſtürzten ſie fort nach den Häuſern zur Plünderung. Was waren in den letzten 70, 80 Jahren alles für Schätze nach Rom gefloſſen: ſo viel geiſtliche Gefälle aus allen Ländern der Erde, Geſchenke der Pilger, Erträge von Jubileen: Einkünfte von den Pfründen, welche den Prä- laten gehörten: jede geiſtliche Gnade war feil geweſen um Geld; 1 alle dieſe Reichthümer fielen nun den entblöſten be- dürftigen beutegierigen Truppen in die Hände, die ſeit ſo lange auf dieſe Stunde vertröſtet worden. An 20000 Menſchen zahlten in den nächſten Tagen die Schatzung; die Kaiſerlich-geſinnten, Gibellinen wurden ſo wenig geſchont wie die Guelfen, die Kirchen ſo wenig wie die Privathäuſer: die großen Baſiliken vor den Tho- ren S. Lorenzo, S. Paolo wurden geplündert: das Grab des heiligen Peter wurde durchwühlt, der Leiche Julius II der goldne Ring vom Finger gezogen; — man rechnete, daß dem Heere bei 10 Millionen Goldes an Werth in die Hände gefallen ſeyen. 2 1 Francesco Vettori Storia d’ Italia MS fuͤgt hinzu: Romani vendevano tutte le loro entrate care et affittavano le loro case a gran pregj ne pagavano alcuna tassa o gabella. Er gedenkt noch des Gewinns den ein Jeder gemacht: li artigiani, il popolo minuto, le meretrici. Niemals ward eine reichere Stadt gepluͤndert. 2 Nova quomodo Roma capta sit relatio bei Schardius II, 611. Per decem integros dies ecclesias gynecia monachos mo- niales et cardinales episcopos praelatos bancarios spoliarunt, de- ditos ceperunt, libros et registra lacerarunt etc. Vettori La ucci-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/407>, abgerufen am 27.11.2024.