Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Viertes Buch. Viertes Capitel. Charfreitag 1527 bezeichnete er damit, daß er seiner SchwesterVorstellungen über ihre religiösen Hinneigungen machte. 1 Am Frohnleichnamstag 1527 sah man ihn in Wien in der Procession einhergehn: in königlichem Schmuck, mit dem Schwert umgürtet, sein Gebetbuch in der Hand: er sah um sich her, ob auch jedermann dem Hochwürdigen noch die gebührende Ehrfurcht beweise. Von Zeit zu Zeit ließ er Man- date zur Aufrechthaltung der alten Gebräuche erscheinen. In Ungern kam es zur Zeit noch mehr auf die Über- Man könnte nicht sagen, daß sich die ganze Nation Anfangs, als Zapolya in dem allgemeinen Ruin be- 1 Briefwechsel bei Bucholtz IX. 2 So entschuldigte wenigstens der Bischof von Nitra, Pod-
manizky, daß er dem Zapolya die Krone aufgesetzt habe. Er würde in Lebensgefahr gerathen seyn, wenn er sich geweigert hätte. -- Di- ploma Ferdinandi bei Katona XIX, 752. Viertes Buch. Viertes Capitel. Charfreitag 1527 bezeichnete er damit, daß er ſeiner SchweſterVorſtellungen über ihre religiöſen Hinneigungen machte. 1 Am Frohnleichnamstag 1527 ſah man ihn in Wien in der Proceſſion einhergehn: in königlichem Schmuck, mit dem Schwert umgürtet, ſein Gebetbuch in der Hand: er ſah um ſich her, ob auch jedermann dem Hochwürdigen noch die gebührende Ehrfurcht beweiſe. Von Zeit zu Zeit ließ er Man- date zur Aufrechthaltung der alten Gebräuche erſcheinen. In Ungern kam es zur Zeit noch mehr auf die Über- Man könnte nicht ſagen, daß ſich die ganze Nation Anfangs, als Zapolya in dem allgemeinen Ruin be- 1 Briefwechſel bei Bucholtz IX. 2 So entſchuldigte wenigſtens der Biſchof von Nitra, Pod-
manizky, daß er dem Zapolya die Krone aufgeſetzt habe. Er wuͤrde in Lebensgefahr gerathen ſeyn, wenn er ſich geweigert haͤtte. — Di- ploma Ferdinandi bei Katona XIX, 752. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0434" n="424"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Viertes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/> Charfreitag 1527 bezeichnete er damit, daß er ſeiner Schweſter<lb/> Vorſtellungen über ihre religiöſen Hinneigungen machte. <note place="foot" n="1">Briefwechſel bei Bucholtz <hi rendition="#aq">IX.</hi></note><lb/> Am Frohnleichnamstag 1527 ſah man ihn in Wien in der<lb/> Proceſſion einhergehn: in königlichem Schmuck, mit dem<lb/> Schwert umgürtet, ſein Gebetbuch in der Hand: er ſah um<lb/> ſich her, ob auch jedermann dem Hochwürdigen noch die<lb/> gebührende Ehrfurcht beweiſe. Von Zeit zu Zeit ließ er Man-<lb/> date zur Aufrechthaltung der alten Gebräuche erſcheinen.</p><lb/> <p>In Ungern kam es zur Zeit noch mehr auf die Über-<lb/> macht der Waffen an als auf die religiöſen Verhältniſſe.</p><lb/> <p>Man könnte nicht ſagen, daß ſich die ganze Nation<lb/> in zwei entgegengeſetzte Parteien geſpalten hätte; ſondern<lb/> es hatten ſich in ihrer Mitte zwei politiſche Tendenzen ge-<lb/> bildet, die eine des Hofes und des Palatins, die andre<lb/> der Oppoſition und Zapolyas: nach der Niederlage ſtan-<lb/> den ſie einander eben ſo gegenüber wie vor derſelben: das<lb/> Übergewicht einer jeden hieng dann immer von der mo-<lb/> mentanen Beiſtimmung der größern Anzahl ab, die ſich we-<lb/> der der einen noch der andern entſchieden zugeſellt hatte.</p><lb/> <p>Anfangs, als Zapolya in dem allgemeinen Ruin be-<lb/> waffnet und mächtig hervortrat, hatte er die unbeſtrittene<lb/> Oberhand. Die Hauptſtadt des Reiches rief ihn an, ſie<lb/> in ſeinen Schutz zu nehmen, dann zog er nach Stuhlwei-<lb/> ßenburg, wo ſeine Anhänger alle etwa Widerſtrebenden mit<lb/> ſich fortriſſen: <note place="foot" n="2">So entſchuldigte wenigſtens der Biſchof von Nitra, Pod-<lb/> manizky, daß er dem Zapolya die Krone aufgeſetzt habe. Er wuͤrde<lb/> in Lebensgefahr gerathen ſeyn, wenn er ſich geweigert haͤtte. — <hi rendition="#aq">Di-<lb/> ploma Ferdinandi</hi> bei Katona <hi rendition="#aq">XIX,</hi> 752.</note> er ward gewählt und gekrönt (11 Nov.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [424/0434]
Viertes Buch. Viertes Capitel.
Charfreitag 1527 bezeichnete er damit, daß er ſeiner Schweſter
Vorſtellungen über ihre religiöſen Hinneigungen machte. 1
Am Frohnleichnamstag 1527 ſah man ihn in Wien in der
Proceſſion einhergehn: in königlichem Schmuck, mit dem
Schwert umgürtet, ſein Gebetbuch in der Hand: er ſah um
ſich her, ob auch jedermann dem Hochwürdigen noch die
gebührende Ehrfurcht beweiſe. Von Zeit zu Zeit ließ er Man-
date zur Aufrechthaltung der alten Gebräuche erſcheinen.
In Ungern kam es zur Zeit noch mehr auf die Über-
macht der Waffen an als auf die religiöſen Verhältniſſe.
Man könnte nicht ſagen, daß ſich die ganze Nation
in zwei entgegengeſetzte Parteien geſpalten hätte; ſondern
es hatten ſich in ihrer Mitte zwei politiſche Tendenzen ge-
bildet, die eine des Hofes und des Palatins, die andre
der Oppoſition und Zapolyas: nach der Niederlage ſtan-
den ſie einander eben ſo gegenüber wie vor derſelben: das
Übergewicht einer jeden hieng dann immer von der mo-
mentanen Beiſtimmung der größern Anzahl ab, die ſich we-
der der einen noch der andern entſchieden zugeſellt hatte.
Anfangs, als Zapolya in dem allgemeinen Ruin be-
waffnet und mächtig hervortrat, hatte er die unbeſtrittene
Oberhand. Die Hauptſtadt des Reiches rief ihn an, ſie
in ſeinen Schutz zu nehmen, dann zog er nach Stuhlwei-
ßenburg, wo ſeine Anhänger alle etwa Widerſtrebenden mit
ſich fortriſſen: 2 er ward gewählt und gekrönt (11 Nov.
1 Briefwechſel bei Bucholtz IX.
2 So entſchuldigte wenigſtens der Biſchof von Nitra, Pod-
manizky, daß er dem Zapolya die Krone aufgeſetzt habe. Er wuͤrde
in Lebensgefahr gerathen ſeyn, wenn er ſich geweigert haͤtte. — Di-
ploma Ferdinandi bei Katona XIX, 752.
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