Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Viertes Buch. Fünftes Capitel. zu kämpfen gehabt, endlich zu beseitigen. Die Nürnber-ger benutzten hiezu besonders die Unruhen des Bauern- aufruhrs. Sie erinnerten die Geistlichen, ihre Nothdurft zu bedenken, die Gefahr die ihnen von dem Pöbel drohe, das dringende Bedürfniß des Schutzes, in dem sie seyen, und brachten sie in der That dahin, daß sie sich sämmtlich in Verpflichtung und Gehorsam der bürgerlichen Obrigkeit begaben. Selbst der Hauscomthur und Spitalmeister des deutschen Ordens leistete mit Bewilligung des fränkischen Landcomthurs die Losungspflicht. 1 Hiedurch ward der Rath erst Herr innerhalb seiner Mauern. Die Klöster muß- ten evangelische Prediger bestellen, das Versprechen geben, keine neuen Mitglieder aufzunehmen: in Kurzem lösten sie sich auf, oder wurden geschlossen. Die Jurisdiction des Bischofs fand kein Object mehr. Mochte er sich beklagen wie er wollte, der Rath erklärte, daß er nur die Pflich- ten einer christlichen Obrigkeit, die Anordnungen des Reichs- abschiedes vollziehe. Ohne Bedenken vereinigte er sich mit dem Markgrafen zu jener Kirchenvisitation: "habe doch der Bischof niemals in Gebrauch gehabt die Kirchen zu visi- tiren." Es liegt am Tage, welchen Fortschritt die Unabhän- 1 Auszug aus einer Entschuldigungsschrift des Rathes zu Nürn-
berg in Müllners handschr. Annalen. "Es sind aber," fügt der Au- tor hinzu, "die Haußcommenthur mit nachfolgenden Conditionen zu Bürgern aufgenommen worden, 1) daß sie Bürgerpflicht thun und hinter die Viertelsmeister schworen sollten, 2) daß sie den deutschen Hof mit seinen zugehörigen Gütern diesseit des Wassers gelegen ver- losungen sollten, 3) sollen von allem Getrank so im Hof und Spi- tal eingelegt wird, das Umgeld zahlen, 4) sollen sie mit dem Holze auf des Reichs Boden sich bescheidentlich halten. Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel. zu kämpfen gehabt, endlich zu beſeitigen. Die Nürnber-ger benutzten hiezu beſonders die Unruhen des Bauern- aufruhrs. Sie erinnerten die Geiſtlichen, ihre Nothdurft zu bedenken, die Gefahr die ihnen von dem Pöbel drohe, das dringende Bedürfniß des Schutzes, in dem ſie ſeyen, und brachten ſie in der That dahin, daß ſie ſich ſämmtlich in Verpflichtung und Gehorſam der bürgerlichen Obrigkeit begaben. Selbſt der Hauscomthur und Spitalmeiſter des deutſchen Ordens leiſtete mit Bewilligung des fränkiſchen Landcomthurs die Loſungspflicht. 1 Hiedurch ward der Rath erſt Herr innerhalb ſeiner Mauern. Die Klöſter muß- ten evangeliſche Prediger beſtellen, das Verſprechen geben, keine neuen Mitglieder aufzunehmen: in Kurzem löſten ſie ſich auf, oder wurden geſchloſſen. Die Jurisdiction des Biſchofs fand kein Object mehr. Mochte er ſich beklagen wie er wollte, der Rath erklärte, daß er nur die Pflich- ten einer chriſtlichen Obrigkeit, die Anordnungen des Reichs- abſchiedes vollziehe. Ohne Bedenken vereinigte er ſich mit dem Markgrafen zu jener Kirchenviſitation: „habe doch der Biſchof niemals in Gebrauch gehabt die Kirchen zu viſi- tiren.“ Es liegt am Tage, welchen Fortſchritt die Unabhän- 1 Auszug aus einer Entſchuldigungsſchrift des Rathes zu Nuͤrn-
berg in Muͤllners handſchr. Annalen. „Es ſind aber,“ fuͤgt der Au- tor hinzu, „die Haußcommenthur mit nachfolgenden Conditionen zu Buͤrgern aufgenommen worden, 1) daß ſie Buͤrgerpflicht thun und hinter die Viertelsmeiſter ſchworen ſollten, 2) daß ſie den deutſchen Hof mit ſeinen zugehoͤrigen Guͤtern dieſſeit des Waſſers gelegen ver- loſungen ſollten, 3) ſollen von allem Getrank ſo im Hof und Spi- tal eingelegt wird, das Umgeld zahlen, 4) ſollen ſie mit dem Holze auf des Reichs Boden ſich beſcheidentlich halten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0466" n="456"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel</hi>.</fw><lb/> zu kämpfen gehabt, endlich zu beſeitigen. Die Nürnber-<lb/> ger benutzten hiezu beſonders die Unruhen des Bauern-<lb/> aufruhrs. Sie erinnerten die Geiſtlichen, ihre Nothdurft<lb/> zu bedenken, die Gefahr die ihnen von dem Pöbel drohe,<lb/> das dringende Bedürfniß des Schutzes, in dem ſie ſeyen,<lb/> und brachten ſie in der That dahin, daß ſie ſich ſämmtlich<lb/> in Verpflichtung und Gehorſam der bürgerlichen Obrigkeit<lb/> begaben. Selbſt der Hauscomthur und Spitalmeiſter des<lb/> deutſchen Ordens leiſtete mit Bewilligung des fränkiſchen<lb/> Landcomthurs die Loſungspflicht. <note place="foot" n="1">Auszug aus einer Entſchuldigungsſchrift des Rathes zu Nuͤrn-<lb/> berg in Muͤllners handſchr. Annalen. „Es ſind aber,“ fuͤgt der Au-<lb/> tor hinzu, „die Haußcommenthur mit nachfolgenden Conditionen zu<lb/> Buͤrgern aufgenommen worden, 1) daß ſie Buͤrgerpflicht thun und<lb/> hinter die Viertelsmeiſter ſchworen ſollten, 2) daß ſie den deutſchen<lb/> Hof mit ſeinen zugehoͤrigen Guͤtern dieſſeit des Waſſers gelegen ver-<lb/> loſungen ſollten, 3) ſollen von allem Getrank ſo im Hof und Spi-<lb/> tal eingelegt wird, das Umgeld zahlen, 4) ſollen ſie mit dem Holze<lb/> auf des Reichs Boden ſich beſcheidentlich halten.</note> Hiedurch ward der<lb/> Rath erſt Herr innerhalb ſeiner Mauern. Die Klöſter muß-<lb/> ten evangeliſche Prediger beſtellen, das Verſprechen geben,<lb/> keine neuen Mitglieder aufzunehmen: in Kurzem löſten ſie<lb/> ſich auf, oder wurden geſchloſſen. Die Jurisdiction des<lb/> Biſchofs fand kein Object mehr. Mochte er ſich beklagen<lb/> wie er wollte, der Rath erklärte, daß er nur die Pflich-<lb/> ten einer chriſtlichen Obrigkeit, die Anordnungen des Reichs-<lb/> abſchiedes vollziehe. Ohne Bedenken vereinigte er ſich mit<lb/> dem Markgrafen zu jener Kirchenviſitation: „habe doch der<lb/> Biſchof niemals in Gebrauch gehabt die Kirchen zu viſi-<lb/> tiren.“</p><lb/> <p>Es liegt am Tage, welchen Fortſchritt die Unabhän-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [456/0466]
Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
zu kämpfen gehabt, endlich zu beſeitigen. Die Nürnber-
ger benutzten hiezu beſonders die Unruhen des Bauern-
aufruhrs. Sie erinnerten die Geiſtlichen, ihre Nothdurft
zu bedenken, die Gefahr die ihnen von dem Pöbel drohe,
das dringende Bedürfniß des Schutzes, in dem ſie ſeyen,
und brachten ſie in der That dahin, daß ſie ſich ſämmtlich
in Verpflichtung und Gehorſam der bürgerlichen Obrigkeit
begaben. Selbſt der Hauscomthur und Spitalmeiſter des
deutſchen Ordens leiſtete mit Bewilligung des fränkiſchen
Landcomthurs die Loſungspflicht. 1 Hiedurch ward der
Rath erſt Herr innerhalb ſeiner Mauern. Die Klöſter muß-
ten evangeliſche Prediger beſtellen, das Verſprechen geben,
keine neuen Mitglieder aufzunehmen: in Kurzem löſten ſie
ſich auf, oder wurden geſchloſſen. Die Jurisdiction des
Biſchofs fand kein Object mehr. Mochte er ſich beklagen
wie er wollte, der Rath erklärte, daß er nur die Pflich-
ten einer chriſtlichen Obrigkeit, die Anordnungen des Reichs-
abſchiedes vollziehe. Ohne Bedenken vereinigte er ſich mit
dem Markgrafen zu jener Kirchenviſitation: „habe doch der
Biſchof niemals in Gebrauch gehabt die Kirchen zu viſi-
tiren.“
Es liegt am Tage, welchen Fortſchritt die Unabhän-
1 Auszug aus einer Entſchuldigungsſchrift des Rathes zu Nuͤrn-
berg in Muͤllners handſchr. Annalen. „Es ſind aber,“ fuͤgt der Au-
tor hinzu, „die Haußcommenthur mit nachfolgenden Conditionen zu
Buͤrgern aufgenommen worden, 1) daß ſie Buͤrgerpflicht thun und
hinter die Viertelsmeiſter ſchworen ſollten, 2) daß ſie den deutſchen
Hof mit ſeinen zugehoͤrigen Guͤtern dieſſeit des Waſſers gelegen ver-
loſungen ſollten, 3) ſollen von allem Getrank ſo im Hof und Spi-
tal eingelegt wird, das Umgeld zahlen, 4) ſollen ſie mit dem Holze
auf des Reichs Boden ſich beſcheidentlich halten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |