gigkeit der weltlichen Macht sowohl der Städte wie der Fürsten durch diesen Gang der Dinge machte.
Erinnern wir uns jener ältesten Einrichtung der deut- schen Kirche unter Carl dem Großen, die auf ein Zusam- menwirken der Gewalt der Bischöfe und der Grafen be- rechnet war.
Wie es vor Jahrhunderten den Bischöfen gelungen, in einem Theile ihres geistlichen Sprengels auch die welt- liche Autorität an sich zu bringen und regierende Herrn zu werden, so gelang es jetzt den weltlichen Gewalten, die, obwohl in ganz anderer Gestalt, die gräflichen Gerechtsame ausübten, die bischöfliche Einwirkung von ihren Gebieten auszuschließen.
Man würde sich durch den Schein blenden lassen, wenn man dieß so schlechtweg für einen Verlust des kirch- lichen Prinzipes halten wollte. Denn das läßt sich doch gar nicht leugnen, daß die bischöfliche Einwirkung bei wei- tem mehr in der Behauptung von allerlei Exemtionen, Ge- fällen, Anrechten bestand, die mit der Religion wenig zu schaffen hatten. In diesem Augenblick war es z. B. eine der vornehmsten Streitigkeiten zwischen Nürnberg und Bam- berg, daß die Stadt während der Bauernunruhen den kleinen Zehent nachgelassen hatte, den der Bischof schlechterdings nicht aufgeben wollte. Den weltlichen Gewalten gelang es nur dadurch, zu ihrem Ziele zu gelangen, daß sie die religiösen, reiner-kirchlichen Prinzipien zu vertreten unter- nahmen, z. B. eben die Pfarren besser einrichteten. Aus jeder Pfarre im Brandenburgischen und Nürnbergischen wurde auch ein Abgeordneter der Gemeinde berufen, um
Brandenburg und Nuͤrnberg.
gigkeit der weltlichen Macht ſowohl der Städte wie der Fürſten durch dieſen Gang der Dinge machte.
Erinnern wir uns jener älteſten Einrichtung der deut- ſchen Kirche unter Carl dem Großen, die auf ein Zuſam- menwirken der Gewalt der Biſchöfe und der Grafen be- rechnet war.
Wie es vor Jahrhunderten den Biſchöfen gelungen, in einem Theile ihres geiſtlichen Sprengels auch die welt- liche Autorität an ſich zu bringen und regierende Herrn zu werden, ſo gelang es jetzt den weltlichen Gewalten, die, obwohl in ganz anderer Geſtalt, die gräflichen Gerechtſame ausübten, die biſchöfliche Einwirkung von ihren Gebieten auszuſchließen.
Man würde ſich durch den Schein blenden laſſen, wenn man dieß ſo ſchlechtweg für einen Verluſt des kirch- lichen Prinzipes halten wollte. Denn das läßt ſich doch gar nicht leugnen, daß die biſchöfliche Einwirkung bei wei- tem mehr in der Behauptung von allerlei Exemtionen, Ge- fällen, Anrechten beſtand, die mit der Religion wenig zu ſchaffen hatten. In dieſem Augenblick war es z. B. eine der vornehmſten Streitigkeiten zwiſchen Nürnberg und Bam- berg, daß die Stadt während der Bauernunruhen den kleinen Zehent nachgelaſſen hatte, den der Biſchof ſchlechterdings nicht aufgeben wollte. Den weltlichen Gewalten gelang es nur dadurch, zu ihrem Ziele zu gelangen, daß ſie die religiöſen, reiner-kirchlichen Prinzipien zu vertreten unter- nahmen, z. B. eben die Pfarren beſſer einrichteten. Aus jeder Pfarre im Brandenburgiſchen und Nürnbergiſchen wurde auch ein Abgeordneter der Gemeinde berufen, um
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0467"n="457"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Brandenburg und Nuͤrnberg</hi>.</fw><lb/>
gigkeit der weltlichen Macht ſowohl der Städte wie der<lb/>
Fürſten durch dieſen Gang der Dinge machte.</p><lb/><p>Erinnern wir uns jener älteſten Einrichtung der deut-<lb/>ſchen Kirche unter Carl dem Großen, die auf ein Zuſam-<lb/>
menwirken der Gewalt der Biſchöfe und der Grafen be-<lb/>
rechnet war.</p><lb/><p>Wie es vor Jahrhunderten den Biſchöfen gelungen,<lb/>
in einem Theile ihres geiſtlichen Sprengels auch die welt-<lb/>
liche Autorität an ſich zu bringen und regierende Herrn<lb/>
zu werden, ſo gelang es jetzt den weltlichen Gewalten, die,<lb/>
obwohl in ganz anderer Geſtalt, die gräflichen Gerechtſame<lb/>
ausübten, die biſchöfliche Einwirkung von ihren Gebieten<lb/>
auszuſchließen.</p><lb/><p>Man würde ſich durch den Schein blenden laſſen,<lb/>
wenn man dieß ſo ſchlechtweg für einen Verluſt des kirch-<lb/>
lichen Prinzipes halten wollte. Denn das läßt ſich doch<lb/>
gar nicht leugnen, daß die biſchöfliche Einwirkung bei wei-<lb/>
tem mehr in der Behauptung von allerlei Exemtionen, Ge-<lb/>
fällen, Anrechten beſtand, die mit der Religion wenig zu<lb/>ſchaffen hatten. In dieſem Augenblick war es z. B. eine<lb/>
der vornehmſten Streitigkeiten zwiſchen Nürnberg und Bam-<lb/>
berg, daß die Stadt während der Bauernunruhen den kleinen<lb/>
Zehent nachgelaſſen hatte, den der Biſchof ſchlechterdings<lb/>
nicht aufgeben wollte. Den weltlichen Gewalten gelang<lb/>
es nur dadurch, zu ihrem Ziele zu gelangen, daß ſie die<lb/>
religiöſen, reiner-kirchlichen Prinzipien zu vertreten unter-<lb/>
nahmen, z. B. eben die Pfarren beſſer einrichteten. Aus<lb/>
jeder Pfarre im Brandenburgiſchen und Nürnbergiſchen<lb/>
wurde auch ein Abgeordneter der Gemeinde berufen, um<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[457/0467]
Brandenburg und Nuͤrnberg.
gigkeit der weltlichen Macht ſowohl der Städte wie der
Fürſten durch dieſen Gang der Dinge machte.
Erinnern wir uns jener älteſten Einrichtung der deut-
ſchen Kirche unter Carl dem Großen, die auf ein Zuſam-
menwirken der Gewalt der Biſchöfe und der Grafen be-
rechnet war.
Wie es vor Jahrhunderten den Biſchöfen gelungen,
in einem Theile ihres geiſtlichen Sprengels auch die welt-
liche Autorität an ſich zu bringen und regierende Herrn
zu werden, ſo gelang es jetzt den weltlichen Gewalten, die,
obwohl in ganz anderer Geſtalt, die gräflichen Gerechtſame
ausübten, die biſchöfliche Einwirkung von ihren Gebieten
auszuſchließen.
Man würde ſich durch den Schein blenden laſſen,
wenn man dieß ſo ſchlechtweg für einen Verluſt des kirch-
lichen Prinzipes halten wollte. Denn das läßt ſich doch
gar nicht leugnen, daß die biſchöfliche Einwirkung bei wei-
tem mehr in der Behauptung von allerlei Exemtionen, Ge-
fällen, Anrechten beſtand, die mit der Religion wenig zu
ſchaffen hatten. In dieſem Augenblick war es z. B. eine
der vornehmſten Streitigkeiten zwiſchen Nürnberg und Bam-
berg, daß die Stadt während der Bauernunruhen den kleinen
Zehent nachgelaſſen hatte, den der Biſchof ſchlechterdings
nicht aufgeben wollte. Den weltlichen Gewalten gelang
es nur dadurch, zu ihrem Ziele zu gelangen, daß ſie die
religiöſen, reiner-kirchlichen Prinzipien zu vertreten unter-
nahmen, z. B. eben die Pfarren beſſer einrichteten. Aus
jeder Pfarre im Brandenburgiſchen und Nürnbergiſchen
wurde auch ein Abgeordneter der Gemeinde berufen, um
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/467>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.