Bis zum Jahr 1518 waren ihre Productionen nicht zahlreich; der Kreis, in welchem sie sich bewegte, nur enge. Man zählte, wie in den 80er Jahren des 15ten Jahrhunderts, einige vierzig, so noch 1513 35, 1514 47, 1515 46, 1516 55, 1517 37 deutsche Drucke: haupt- sächlich Laienspiegel, Arzneibüchlein, Kräuterbücher, kleine Erbauungsschriften, fliegende Zeitungsnachrichten, amtliche Bekanntmachungen, Reisen: was der Fassungskraft der Menge ungefähr gemäß ist; das Eigenthümlichste waren immer die Schriften der poetischen Opposition, der Sa- tyre und des Tadels, deren wir oben gedachten. Wie ge- waltig aber steigt die Anzahl deutscher Drucke nachdem Lu- ther aufgetreten ist. Im Jahr 1518 finden wir deren 71 verzeichnet: 1519 111, 1520 208, 1521 211, 1522 347, 1523 498. Fragen wir denn woher der Zuwachs kam, so ist Wittenberg der Ort; der Autor vor allem Lu- ther selbst. Wir finden unter seinem Namen im J. 1518 20, 1519 50, 1520 133, 1521 wo er durch die Reise nach Worms abgehalten und durch eine gezwungene Ver- borgenheit gefesselt war, etwa 40; dagegen 1522 wieder 130, 1523 183 neue Drucke. 1 Selbstherrschender, gewal- tiger ist wohl nie ein Schriftsteller aufgetreten, in keiner Nation der Welt. Auch dürfte kein anderer zu nennen seyn, der die vollkommenste Verständlichkeit und Populari- tät, gesunden treuherzigen Menschenverstand mit so viel ächtem Geist, Schwung und Genius vereinigt hätte. Er
1 Ich fuße auf Panzers Annalen der ältern deutschen Litera- tur 1788. 1802. Daß diese Verzeichnisse, so viel Verdienst sie auch haben, doch nicht vollständig sind, ist ein Fehler den sie mit den meisten statistischen Arbeiten theilen. Das allgemeine Verhältniß, um das es uns hier allein zu thun, läßt sich daraus doch abnehmen.
Ausbreitung der Lehre.
Bis zum Jahr 1518 waren ihre Productionen nicht zahlreich; der Kreis, in welchem ſie ſich bewegte, nur enge. Man zählte, wie in den 80er Jahren des 15ten Jahrhunderts, einige vierzig, ſo noch 1513 35, 1514 47, 1515 46, 1516 55, 1517 37 deutſche Drucke: haupt- ſächlich Laienſpiegel, Arzneibüchlein, Kräuterbücher, kleine Erbauungsſchriften, fliegende Zeitungsnachrichten, amtliche Bekanntmachungen, Reiſen: was der Faſſungskraft der Menge ungefähr gemäß iſt; das Eigenthümlichſte waren immer die Schriften der poetiſchen Oppoſition, der Sa- tyre und des Tadels, deren wir oben gedachten. Wie ge- waltig aber ſteigt die Anzahl deutſcher Drucke nachdem Lu- ther aufgetreten iſt. Im Jahr 1518 finden wir deren 71 verzeichnet: 1519 111, 1520 208, 1521 211, 1522 347, 1523 498. Fragen wir denn woher der Zuwachs kam, ſo iſt Wittenberg der Ort; der Autor vor allem Lu- ther ſelbſt. Wir finden unter ſeinem Namen im J. 1518 20, 1519 50, 1520 133, 1521 wo er durch die Reiſe nach Worms abgehalten und durch eine gezwungene Ver- borgenheit gefeſſelt war, etwa 40; dagegen 1522 wieder 130, 1523 183 neue Drucke. 1 Selbſtherrſchender, gewal- tiger iſt wohl nie ein Schriftſteller aufgetreten, in keiner Nation der Welt. Auch dürfte kein anderer zu nennen ſeyn, der die vollkommenſte Verſtändlichkeit und Populari- tät, geſunden treuherzigen Menſchenverſtand mit ſo viel ächtem Geiſt, Schwung und Genius vereinigt hätte. Er
1 Ich fuße auf Panzers Annalen der aͤltern deutſchen Litera- tur 1788. 1802. Daß dieſe Verzeichniſſe, ſo viel Verdienſt ſie auch haben, doch nicht vollſtaͤndig ſind, iſt ein Fehler den ſie mit den meiſten ſtatiſtiſchen Arbeiten theilen. Das allgemeine Verhaͤltniß, um das es uns hier allein zu thun, laͤßt ſich daraus doch abnehmen.
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Ausbreitung der Lehre.
Bis zum Jahr 1518 waren ihre Productionen nicht
zahlreich; der Kreis, in welchem ſie ſich bewegte, nur
enge. Man zählte, wie in den 80er Jahren des 15ten
Jahrhunderts, einige vierzig, ſo noch 1513 35, 1514 47,
1515 46, 1516 55, 1517 37 deutſche Drucke: haupt-
ſächlich Laienſpiegel, Arzneibüchlein, Kräuterbücher, kleine
Erbauungsſchriften, fliegende Zeitungsnachrichten, amtliche
Bekanntmachungen, Reiſen: was der Faſſungskraft der
Menge ungefähr gemäß iſt; das Eigenthümlichſte waren
immer die Schriften der poetiſchen Oppoſition, der Sa-
tyre und des Tadels, deren wir oben gedachten. Wie ge-
waltig aber ſteigt die Anzahl deutſcher Drucke nachdem Lu-
ther aufgetreten iſt. Im Jahr 1518 finden wir deren 71
verzeichnet: 1519 111, 1520 208, 1521 211, 1522
347, 1523 498. Fragen wir denn woher der Zuwachs
kam, ſo iſt Wittenberg der Ort; der Autor vor allem Lu-
ther ſelbſt. Wir finden unter ſeinem Namen im J. 1518
20, 1519 50, 1520 133, 1521 wo er durch die Reiſe
nach Worms abgehalten und durch eine gezwungene Ver-
borgenheit gefeſſelt war, etwa 40; dagegen 1522 wieder
130, 1523 183 neue Drucke. 1 Selbſtherrſchender, gewal-
tiger iſt wohl nie ein Schriftſteller aufgetreten, in keiner
Nation der Welt. Auch dürfte kein anderer zu nennen
ſeyn, der die vollkommenſte Verſtändlichkeit und Populari-
tät, geſunden treuherzigen Menſchenverſtand mit ſo viel
ächtem Geiſt, Schwung und Genius vereinigt hätte. Er
1 Ich fuße auf Panzers Annalen der aͤltern deutſchen Litera-
tur 1788. 1802. Daß dieſe Verzeichniſſe, ſo viel Verdienſt ſie auch
haben, doch nicht vollſtaͤndig ſind, iſt ein Fehler den ſie mit den
meiſten ſtatiſtiſchen Arbeiten theilen. Das allgemeine Verhaͤltniß, um
das es uns hier allein zu thun, laͤßt ſich daraus doch abnehmen.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/89>, abgerufen am 21.11.2024.
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