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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Viertes Capitel.

So wendete sich nun auch jetzt Herzogin Luise, ohne
Zweifel vornehmlich aus persönlichen Motiven, denn bei
der Gefangenschaft ihrer Enkel wäre ihr ein neuer Kriegs-
zug ihres Sohnes, der sich fast nicht vermeiden ließ, un-
erträglich geworden, an die "Gouvernante" der Niederlande,
Margaretha, die Tante des Kaisers, und stellte ihr vor, daß
es ihnen, den beiden nächsten ältern Verwandtinnen der
streitenden Fürsten, vor allen zukomme, deren Aussöhnung
zu versuchen. 1 Auch Margaretha fand, die Erbitterung
zwischen den beiden Fürsten sey durch die langen Feindse-
ligkeiten, die Schriften die man gewechselt, die ergangenen
Herausforderungen, in einem Grade gestiegen, daß es wohl
nur ihnen, den Frauen, gelingen werde, eine Uebereinkunft
zu Stande zu bringen. 2 Es ward ihr nicht ganz leicht,
den Kaiser zu gewinnen: wenigstens hat sie sich später
ein Verdienst daraus gemacht. Endlich aber, am 8. April
empfing sie den vollständigsten Auftrag, der sich denken
läßt. Karl V versprach bei seinem kaiserlichen Wort, auf
seine Ehre, unter Verpfändung seiner Güter, alles zu ge-
nehmigen, worüber sie abschließen würde. Leichter ward es
wohl Franz I, seine Vollmacht zu geben. Unter den Grün-
den, weshalb nicht der König, sondern seine Mutter die
Unterhandlung führen müsse, war es einer der vornehmsten,
daß sie nicht gleichsam persönlich, wie er, Verpflichtungen
3

1 Teneur du pouvoir, donne a l'archiduchesse: DM. IV, 2, 15.
2 Ihre Aeußerungen bei Hormayr Archiv 1810 p. 108.
3 Als Procuratrix generalle et especialle avec plein pou-
voir auctorite et mandement especiall pour et en nom de nous pour
parler -- et finallement traiter et conclure bonne ferme sceure
paix amitie ligue et confederation.
Fuͤnftes Buch. Viertes Capitel.

So wendete ſich nun auch jetzt Herzogin Luiſe, ohne
Zweifel vornehmlich aus perſönlichen Motiven, denn bei
der Gefangenſchaft ihrer Enkel wäre ihr ein neuer Kriegs-
zug ihres Sohnes, der ſich faſt nicht vermeiden ließ, un-
erträglich geworden, an die „Gouvernante“ der Niederlande,
Margaretha, die Tante des Kaiſers, und ſtellte ihr vor, daß
es ihnen, den beiden nächſten ältern Verwandtinnen der
ſtreitenden Fürſten, vor allen zukomme, deren Ausſöhnung
zu verſuchen. 1 Auch Margaretha fand, die Erbitterung
zwiſchen den beiden Fürſten ſey durch die langen Feindſe-
ligkeiten, die Schriften die man gewechſelt, die ergangenen
Herausforderungen, in einem Grade geſtiegen, daß es wohl
nur ihnen, den Frauen, gelingen werde, eine Uebereinkunft
zu Stande zu bringen. 2 Es ward ihr nicht ganz leicht,
den Kaiſer zu gewinnen: wenigſtens hat ſie ſich ſpäter
ein Verdienſt daraus gemacht. Endlich aber, am 8. April
empfing ſie den vollſtändigſten Auftrag, der ſich denken
läßt. Karl V verſprach bei ſeinem kaiſerlichen Wort, auf
ſeine Ehre, unter Verpfändung ſeiner Güter, alles zu ge-
nehmigen, worüber ſie abſchließen würde. Leichter ward es
wohl Franz I, ſeine Vollmacht zu geben. Unter den Grün-
den, weshalb nicht der König, ſondern ſeine Mutter die
Unterhandlung führen müſſe, war es einer der vornehmſten,
daß ſie nicht gleichſam perſönlich, wie er, Verpflichtungen
3

1 Teneur du pouvoir, donné a l’archiduchesse: DM. IV, 2, 15.
2 Ihre Aeußerungen bei Hormayr Archiv 1810 p. 108.
3 Als Procuratrix généralle et especialle avec plein pou-
voir auctorité et mandement especiall pour et en nom de nous pour
parler — et finallement traiter et conclure bonne ferme sceure
paix amitié ligue et conféderation.
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[126/0142] Fuͤnftes Buch. Viertes Capitel. So wendete ſich nun auch jetzt Herzogin Luiſe, ohne Zweifel vornehmlich aus perſönlichen Motiven, denn bei der Gefangenſchaft ihrer Enkel wäre ihr ein neuer Kriegs- zug ihres Sohnes, der ſich faſt nicht vermeiden ließ, un- erträglich geworden, an die „Gouvernante“ der Niederlande, Margaretha, die Tante des Kaiſers, und ſtellte ihr vor, daß es ihnen, den beiden nächſten ältern Verwandtinnen der ſtreitenden Fürſten, vor allen zukomme, deren Ausſöhnung zu verſuchen. 1 Auch Margaretha fand, die Erbitterung zwiſchen den beiden Fürſten ſey durch die langen Feindſe- ligkeiten, die Schriften die man gewechſelt, die ergangenen Herausforderungen, in einem Grade geſtiegen, daß es wohl nur ihnen, den Frauen, gelingen werde, eine Uebereinkunft zu Stande zu bringen. 2 Es ward ihr nicht ganz leicht, den Kaiſer zu gewinnen: wenigſtens hat ſie ſich ſpäter ein Verdienſt daraus gemacht. Endlich aber, am 8. April empfing ſie den vollſtändigſten Auftrag, der ſich denken läßt. Karl V verſprach bei ſeinem kaiſerlichen Wort, auf ſeine Ehre, unter Verpfändung ſeiner Güter, alles zu ge- nehmigen, worüber ſie abſchließen würde. Leichter ward es wohl Franz I, ſeine Vollmacht zu geben. Unter den Grün- den, weshalb nicht der König, ſondern ſeine Mutter die Unterhandlung führen müſſe, war es einer der vornehmſten, daß ſie nicht gleichſam perſönlich, wie er, Verpflichtungen 3 1 Teneur du pouvoir, donné a l’archiduchesse: DM. IV, 2, 15. 2 Ihre Aeußerungen bei Hormayr Archiv 1810 p. 108. 3 Als Procuratrix généralle et especialle avec plein pou- voir auctorité et mandement especiall pour et en nom de nous pour parler — et finallement traiter et conclure bonne ferme sceure paix amitié ligue et conféderation.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/142>, abgerufen am 24.11.2024.