Differenz bei weitem zu tiefgreifend, das Mysterium, der Mittelpunkt des Glaubens und Dienstes, viel zu wesentlich.
Für die Zukunft demnach, für das Bewußtseyn, daß man der Abweichung zum Trotz im Grunde doch dem nemlichen Bekenntnisse angehöre, war durch das Gespräch nicht wenig gewonnen; der politische Zweck dagegen, den Landgraf Philipp im Auge gehabt, wie er von dem Mo- ment geboten wurde, war und blieb verfehlt.
So eben hielten Churfürst Johann von Sachsen und Markgraf George von Brandenburg eine Zusammenkunft zu Schleiz, um über die Zulässigkeit des oberländischen Bündnisses zu rathschlagen. Dahin begab sich auch Luther. Man ward eins, daß eine vollkommene Einheit des Glau- bens dazu gehöre, wenn man sich gegenseitig vertheidigen wolle; -- beschloß, die Artikel, worauf jene Einheit be- ruhe, gegen einander zu bekennen, und Niemand in die Verbindung aufzunehmen, wer auch nur in dem einem oder dem andern derselben abweiche. 1
Und auf der Stelle ging man an dieses Werk. Als die oberländischen Gesandten zu einem neuen Convent in Schwabach, im October, eintrafen, ward ihnen vor allen Dingen ein Bekenntniß zur Unterschrift vorgelegt. Es sind die sogenannten schwabacher Artikel. So wie man diesel- ben durchsicht, bemerkt man, daß sie die größte Aehnlich- keit mit der marburger Uebereinkunft haben. Die Folge
sed in fratrum et Christi membrorum numero a nobis censeri non posse.
1 Der Abschied in Schleiz war wohl nur mündlich. Man ersieht seinen Inhalt aus der Instruction für die churf. und mggf. brandenburgischen Räthe zu dem schwabacher Convent bei Müller p. 281 und bei Walch Bd. 17 p. 669. Erster Artikel.
Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel.
Differenz bei weitem zu tiefgreifend, das Myſterium, der Mittelpunkt des Glaubens und Dienſtes, viel zu weſentlich.
Für die Zukunft demnach, für das Bewußtſeyn, daß man der Abweichung zum Trotz im Grunde doch dem nemlichen Bekenntniſſe angehöre, war durch das Geſpräch nicht wenig gewonnen; der politiſche Zweck dagegen, den Landgraf Philipp im Auge gehabt, wie er von dem Mo- ment geboten wurde, war und blieb verfehlt.
So eben hielten Churfürſt Johann von Sachſen und Markgraf George von Brandenburg eine Zuſammenkunft zu Schleiz, um über die Zuläſſigkeit des oberländiſchen Bündniſſes zu rathſchlagen. Dahin begab ſich auch Luther. Man ward eins, daß eine vollkommene Einheit des Glau- bens dazu gehöre, wenn man ſich gegenſeitig vertheidigen wolle; — beſchloß, die Artikel, worauf jene Einheit be- ruhe, gegen einander zu bekennen, und Niemand in die Verbindung aufzunehmen, wer auch nur in dem einem oder dem andern derſelben abweiche. 1
Und auf der Stelle ging man an dieſes Werk. Als die oberländiſchen Geſandten zu einem neuen Convent in Schwabach, im October, eintrafen, ward ihnen vor allen Dingen ein Bekenntniß zur Unterſchrift vorgelegt. Es ſind die ſogenannten ſchwabacher Artikel. So wie man dieſel- ben durchſicht, bemerkt man, daß ſie die größte Aehnlich- keit mit der marburger Uebereinkunft haben. Die Folge
sed in fratrum et Christi membrorum numero a nobis censeri non posse.
1 Der Abſchied in Schleiz war wohl nur muͤndlich. Man erſieht ſeinen Inhalt aus der Inſtruction fuͤr die churf. und mggf. brandenburgiſchen Raͤthe zu dem ſchwabacher Convent bei Muͤller p. 281 und bei Walch Bd. 17 p. 669. Erſter Artikel.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0192"n="176"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/>
Differenz bei weitem zu tiefgreifend, das Myſterium, der<lb/>
Mittelpunkt des Glaubens und Dienſtes, viel zu weſentlich.</p><lb/><p>Für die Zukunft demnach, für das Bewußtſeyn, daß<lb/>
man der Abweichung zum Trotz im Grunde doch dem<lb/>
nemlichen Bekenntniſſe angehöre, war durch das Geſpräch<lb/>
nicht wenig gewonnen; der politiſche Zweck dagegen, den<lb/>
Landgraf Philipp im Auge gehabt, wie er von dem Mo-<lb/>
ment geboten wurde, war und blieb verfehlt.</p><lb/><p>So eben hielten Churfürſt Johann von Sachſen und<lb/>
Markgraf George von Brandenburg eine Zuſammenkunft<lb/>
zu Schleiz, um über die Zuläſſigkeit des oberländiſchen<lb/>
Bündniſſes zu rathſchlagen. Dahin begab ſich auch Luther.<lb/>
Man ward eins, daß eine vollkommene Einheit des Glau-<lb/>
bens dazu gehöre, wenn man ſich gegenſeitig vertheidigen<lb/>
wolle; — beſchloß, die Artikel, worauf jene Einheit be-<lb/>
ruhe, gegen einander zu bekennen, und Niemand in die<lb/>
Verbindung aufzunehmen, wer auch nur in dem einem oder<lb/>
dem andern derſelben abweiche. <noteplace="foot"n="1">Der Abſchied in Schleiz war wohl nur muͤndlich. Man<lb/>
erſieht ſeinen Inhalt aus der Inſtruction fuͤr die churf. und mggf.<lb/>
brandenburgiſchen Raͤthe zu dem ſchwabacher Convent bei Muͤller<lb/><hirendition="#aq">p.</hi> 281 und bei Walch Bd. 17 <hirendition="#aq">p.</hi> 669. Erſter Artikel.</note></p><lb/><p>Und auf der Stelle ging man an dieſes Werk. Als<lb/>
die oberländiſchen Geſandten zu einem neuen Convent in<lb/>
Schwabach, im October, eintrafen, ward ihnen vor allen<lb/>
Dingen ein Bekenntniß zur Unterſchrift vorgelegt. Es ſind<lb/>
die ſogenannten ſchwabacher Artikel. So wie man dieſel-<lb/>
ben durchſicht, bemerkt man, daß ſie die größte Aehnlich-<lb/>
keit mit der marburger Uebereinkunft haben. Die Folge<lb/><notexml:id="seg2pn_17_2"prev="#seg2pn_17_1"place="foot"n="2"><hirendition="#aq">sed in fratrum et Christi membrorum numero a nobis censeri<lb/>
non posse.</hi></note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[176/0192]
Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel.
Differenz bei weitem zu tiefgreifend, das Myſterium, der
Mittelpunkt des Glaubens und Dienſtes, viel zu weſentlich.
Für die Zukunft demnach, für das Bewußtſeyn, daß
man der Abweichung zum Trotz im Grunde doch dem
nemlichen Bekenntniſſe angehöre, war durch das Geſpräch
nicht wenig gewonnen; der politiſche Zweck dagegen, den
Landgraf Philipp im Auge gehabt, wie er von dem Mo-
ment geboten wurde, war und blieb verfehlt.
So eben hielten Churfürſt Johann von Sachſen und
Markgraf George von Brandenburg eine Zuſammenkunft
zu Schleiz, um über die Zuläſſigkeit des oberländiſchen
Bündniſſes zu rathſchlagen. Dahin begab ſich auch Luther.
Man ward eins, daß eine vollkommene Einheit des Glau-
bens dazu gehöre, wenn man ſich gegenſeitig vertheidigen
wolle; — beſchloß, die Artikel, worauf jene Einheit be-
ruhe, gegen einander zu bekennen, und Niemand in die
Verbindung aufzunehmen, wer auch nur in dem einem oder
dem andern derſelben abweiche. 1
Und auf der Stelle ging man an dieſes Werk. Als
die oberländiſchen Geſandten zu einem neuen Convent in
Schwabach, im October, eintrafen, ward ihnen vor allen
Dingen ein Bekenntniß zur Unterſchrift vorgelegt. Es ſind
die ſogenannten ſchwabacher Artikel. So wie man dieſel-
ben durchſicht, bemerkt man, daß ſie die größte Aehnlich-
keit mit der marburger Uebereinkunft haben. Die Folge
2
1 Der Abſchied in Schleiz war wohl nur muͤndlich. Man
erſieht ſeinen Inhalt aus der Inſtruction fuͤr die churf. und mggf.
brandenburgiſchen Raͤthe zu dem ſchwabacher Convent bei Muͤller
p. 281 und bei Walch Bd. 17 p. 669. Erſter Artikel.
2 sed in fratrum et Christi membrorum numero a nobis censeri
non posse.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/192>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.